Wie weit sind die Mavs in ihrem Rebuild-Prozess?
Die Dallas Mavericks befinden sich gegenwärtig inmitten eines Rebuilding-Prozesses. Dieser Umstand ist völlig neu für die Nowitzki-geprägte deutsche Fangemeinde. Bislang hieß die Devise bei der Kaderplanung stets, von Saison zu Saison denken und der große Blonde ist zugleich die eingebaute Playoff-Garantie. Doch nun ist alles anders, Nowitzki geht auf die 40 zu und seine Mannschaft ist sehr weit davon entfernt, sportliche Relevanz auszustrahlen.
Der Ist-Zustand
Der einsetzende Rebuild war bereits vor der Saison 2017/2018 bekannt und wurde so auch in der Go-to-Guys-Preview zu den Mavs erläutert. Dass die Texaner nun aber nicht einmal 30 Siege erreichen werden, überrascht insofern, da der Kader im Gegensatz zu den anderen Keller-Teams der NBA mit durchaus erfahrenen und fähigen Spielern bestückt ist, zumal Coach Rick Carlisle dafür bekannt ist, aus unterdurchschnittlichen Mannschaften überdurchschnittliche Leistungen herauszuholen. Die Gründe für die vielen Niederlagen haben unsere Redakteure Jonathan Walker und Julian Lage in ihrem Wired-Podcast umfassend erläutert.
Spätestens ab Februar setzte schließlich die von Mark Cuban ausgerufene (und 600.000 Dollar teure) „losing ist our best option“-Strategie ein. So tradete das Management zur Deadline Devin Harris für Doug McDermott und brachte künstlich etwas Unruhe in den Kader. Den Rest erledigt gerade Carlisle persönlich, indem er kaum einer Formation die Möglichkeit gibt, sich einzuspielen. So erhält inzwischen sogar Nerlens Noel wieder Spielzeit, Dirk Nowitzki kann sich in der Mitte eines jeden vierten Viertels seiner Sneaker entledigen und Dennis Smith Jr. darf sich in allen Facetten ausprobieren.
Das Ziel ist ganz klar ersichtlich: Man möchte einen möglichst hohen Draft-Pick erhalten.
Feste Spieler 2018/19
Zwar hat man in dieser Saison viele verschiedene Spieler ausprobiert, doch haben nur wenige einen garantierten Platz im Kader der nächsten Saison. Ganz sicher stehen folgende Akteure unter Vertrag: Harrison Barnes, Dennis Smith Jr., Dwight Powell, JJ Barea, Dorian Finney-Smith und Maxi Kleber. Wes Matthews wird seine Spieler-Option sicher nicht ziehen und ebenfalls an Bord bleiben. Ob – the Goat – Dirk Nowitzki ein Jahr dran hängt, wird dieser im Sommer entscheiden. Somit verbleiben viele freie Kaderplätze.
Man kann erwarten, dass Donnie Nelson bzw. Mark Cuban versuchen werden, Yogi Ferrell längerfristig zu binden. Dieser wird jedoch dem Geld folgen; sollte sich also ein Team in die Fähigkeiten Ferrells verliebt haben und möchte ihn überbezahlen, so dürfte er weg sein. Gleiches kann auch für Salah Mejri, Doug McDermott, Kyle Collinsworth und Jonathan Motley gelten, die allesamt mit ihren Skills sowie ihrer positiven Attitüde für andere Teams interessant sein könnten. Überbezahlen werden Nelson/Cuban aber keinen von ihnen, vor allem langfristig nicht. Aus dem heute wenig überzeugend aussehenden Vertrag von Dwight Powell sollte das Management gelernt haben. Zwar ist es durchaus sinnvoll, junge und noch entwicklungsfähige Spieler im Team zu halten, doch ein Überbezahlen kann eben auch keine Option sein, zumindest jetzt noch nicht. Die teuer erkauften Skills bekommt man auch über andere Kanäle, das zeigten beispielsweise die Personalien Salah Mejri oder Maxi Kleber. Beide sind absolut solide in Europa ausgebildete Rollenspieler, die im besten Basketballalter zu günstigen Konditionen verpflichtet werden konnten.
Spannend könnte sich eine mögliche Weiterverpflichtung von Seth Curry gestalten, der die gesamte Saison aufgrund seiner Stress-Fraktur verpasste. Auch ihm wird man keinen langfristigen Deal anbieten. Falls er aber gewillt ist, einen nicht zu hohen Ein- oder Zweijahresvertrag anzunehmen, ist ein Verbleib des Elite-Schützen durchaus realistisch, denn ein beidseitiges Interesse ist vorhanden.
Keine Hoffnung sollte man sich auf eine Weiterverpflichtung von Nerlens Noel machen. Spätestens seit dem Hotdog-Gate ist das Tischtuch zwischen ihm und Coach Carlisle zerschnitten. Zwar gingen in der Folge beide Parteien durchaus professionell mit der Situation um, doch sind Arbeitseinstellung und Ansehen innerhalb des Teams als eher zweifelhaft zu bewerten.
Draft 2018
Einen entscheidenden Einschnitt in die Zukunftsplanung der Mavericks wird der 21. Juni 2018 darstellen. An diesem Tag findet die Draft statt und die Texaner werden die Chance erhalten, einen absoluten Impact-Player zu ziehen. Weil die Draft-Reihenfolge aufgrund der noch ausstehenden Spiele sowie der Lottery nicht annähernd feststeht, käme es einer wilden Spekulation gleich, über einen möglichen Pick zu debattieren. Lediglich die Position des Point Guards, die mit Dennis Smith Jr. bereits langfristig besetzt ist, scheint in diesem Jahr keine Option zu sein. Aber ob nun Doncic, Ayton oder Bagley – der neue Rookie wird auch die Kaderplanung der Mavs stark beeinflussen.
Künftig etwas einfacher gestalten ließe sich das Rosterbuilding sicher, wenn es Dallas gelänge einen Center zu draften. Auf dieser Position ist der Kader Carlisles mit Abstand am schwächsten besetzt. Dennoch wird das Credo vielmehr „best talent available“ sein.
Weiterhin haben die Mavericks noch zwei Zweitrundenpicks zur Verfügung, mit denen man sicher mögliche Rollenspieler ziehen möchte.
Aussicht 2018/2019
„We’re not going to tank again.“, ließ Mark Cuban im gleichen „Skandal-Podcast“ von Julius Erving verlauten. Es sei zugleich angemerkt, dass diese Aussage absolut nichtssagend ist. Natürlich wird man in keine Saison 2018/2019 gehen, um sie von vornherein in Sixers-„Trust the Process“-Manier abzuschenken. Aber dass sich Cuban seiner langfristig erarbeiteten finanziellen Flexibilität entledigen und neuen Spielern viel Geld bezahlen wird, darf dennoch bezweifelt werden. Selbst wenn man sich um Spieler wie DeMarcus Cousins oder die Restricted Free Agents Aaron Gordon, Julius Randle und Jabari Parker bemühen sollte – beziehungsweise derartige Meldungen über diverse Twitter-Kanäle verbreitet werden – wahrscheinlicher ist es doch, dass das große Geld noch etwas zurückgehalten wird und eher Verträge mit kurzen Laufzeiten abgeschlossen werden.
Eine Tatsache, die letztlich doch zu einigen interessanten Neuverpflichtungen führen könnte, muss aber erwähnt werden: Es gibt nur ganz wenige Teams, die in diesem Sommer überhaupt über Cap Space verfügen. Wenn also ein oder zwei jüngere Rollenspieler für ein vorteilhaftes Salär zu bekommen sind – man erinnere sich an den Jae Crowder-Vertrag -, könnte dies der langfristigen Kaderplanung zu Gute kommen.
Zu hoch sollten die Mavs-Fans die Erwartungen an die kommende Saison schlussendlich nicht hängen, Rick Carlisle wird einem Top-Rookie wieder viel beibringen und mit vielen Fehlern leben müssen. Sein Aufbauspieler ist dann ein Sophomore und wird wahrscheinlich immer noch kein konstanter Plus-Spieler sein. Stand heute wartet also 2019 abermals eher die Lottery als die Play Offs auf die lange verwöhnten Dallas-Anhänger. Planmäßig dürfte man dann ab 2020 wieder in die sportliche Relevanz zurückkehren.