Vor Spiel war 3 war der auf beiden Teams lastende Druck enorm. Das dritte Aufeinandertreffen galt als möglicherweise wichtigstes der Serie und wegweisend für ihren weiteren Verlauf. Im 2-3-2-Modus der Finals ist man nahezu verpflichtet, mindestens zwei der drei Aufeinandertreffen vor eigenen Fans zu gewinnen. Zwölf mal in der Geschichte der NBA-Finals ging man nach den ersten beiden Spielen mit 1-1 ins dritte Spiel, elf Mal war der Gewinner des dritten Spiels auch späterer Champ. Ein möglicherweise entscheidendes Spiel also – und die Vorzeichen für Dallas standen verdammt schlecht. Back-Up-Center Brendan Haywood fiel auf Grund einer Hüftverletzung aus, der unerfahrene Ian Mahinmi sollte in die Bresche springen. Dan Crawford, Lieblingshassobjekt der Mavs-Fans, wurde als Schiedsrichter bekanntgegeben und zu allem Überfluss nahm sich LeBron James vor, vermehrt den Korb zu attackieren, nachdem er sich in den ersten beiden Spielen mit lediglich sechs Freiwürfen begnügen musste.
Der Spielverlauf ist schnell beschrieben: Miami führt eigentlich das gesamte Spiel über, kann sich zwischenzeitlich mit mehr als zehn Punkte absetzen. Dallas, in Person von Dirk Nowitzki, kann durch Runs immer wieder zurückkommen. Im vierten Viertel geht man gar in Führung, kann aber nicht closen, als Miami nochmal einen Gang anzieht. Eine bittere Niederlage, denn die Heat waren heute schlagbar. Dennoch hat das bessere Team gewonnen, glaubt Go-to-Guys-Redakteur Jan Karon. Seine Gedanken zu Spiel 3:
• Brendan Haywoods Einfluss ist größer, als man glauben mag. Selbst wenn seine Statistiken aus den ersten beiden Spielen (2.5 PpG, 3.5 RpG, 1.5 BpG) nicht sonderlich spektakulär sind, fehlten Dallas die zehn Minuten Haywood. Damit wäre Tyson Chandler eine Pause gewährleistet, ohne dass es an einer Präsenz in der Zone fehlt. Der junge Franzose Ian Mahinmi jedenfalls konnte gestern nicht überzeugen. 5 Fouls in acht Minuten sprechen eine eindeutige Sprache und die Alternativen dazu lesen sich schlecht: Brian Cardinal oder Small Ball mit Nowitzki als Center spielen. Ersteres ist genauso lausig wie der Spitzname „Custodian“ subtil andeutet und Zweiteres war in den Playoffs so erfolgreich wie England bei der letzten Fussball-Weltmeisterschaft. Eine Kostprobe:
Zitat von ESPN Dallas
Marion/Nowitzki/Jason Kidd/Terry/Barea – Net rating of minus-74.81 in four minutes.
Marion/Nowitzki/Peja Stojakovic/Terry/Barea – Net rating of minus-153.49 in two minutes.
Marion/Nowitzki/Stevenson/Terry/Kidd – Net rating of minus-39.02 in two minutes.
Es ist im Interesse von Dallas, dass Haywood fit und Tyson Chandler „out of foultrouble“ bleibt.
• LeBron James’ Versuch, agressiver zu spielen, war nicht wirklich erfolgreich. Nur vier Freiwürfe und 17 Punkte in 43 Minuten standen am Ende auf der Habenseite des Auserwählten. Grundsätzlich trat James gestern mehr als Spielgestalter ins Geschehen (neun Assists, davon in der Crunchtime zwei ganz wichtige). Trotzdem, bitte nicht die Rangordnungen verwechseln: LeBron James ist die erste Geige bei den Heat, Wade bleibt die Zweite. Das mag in diesen Finals auf Grund von Match-Ups (Shawn Marions Defense > Jason Kidds Defense) und wahrscheinlich auch besserer Verfassung – man muss eingestehen, dass Wade gestern seinen Leistungen aus den Finals 2006 in Nichts nachstand –, aber LeBron bleibt der Leader der Heat. Er brachte sie erst ins Finale gegen Boston und Chicago. Er wird von der Dallas-Defense gedoppelt. Er kreiert auch eine Vielzahl von guten Würfen für Wade. Gegen ihn wurde gestern im vierten Viertel nicht einmal gescort. Dass James in der derzeitigen Situation den Ball gerne teilt und Wade an besseren Tagen den Vortritt lässt, ist absolut richtig und logisch. Würde er es nicht machen, wären die Kritiker sofort wieder aus ihren Löchern gekrochen, und würden ihm mangelnden Teamgeist unterstellen.
• Miamis Supporting Cast ist verdammt nochmal unterschätzt. Während gerade die Rollen- und Bankspieler als großer Vorteil für Dallas vor der Serie ausgelegt wurden, muss man mittlerweile sagen, dass dies revidiert werden muss. Chalmers spielt eine starke Serie, trifft wichtige Würfe und war gestern ein ständiger Unruheherd. Er bringt mehr Erfahrung und mehr Abgebrühtheit mit als man denkt, spielt mit Herz und hat die hervorragende Ausbildung bei den Kansas Jayhawks in die NBA mitnehmen können, was sich jetzt auszahlt. Auch Udonis Haslem ist – ich wiederhole mich da gerne – ein wichtiger Bestandteil der Rotation und mittlerweile unverzichtbar. Nowitzki schießt 39% gegen Haslem aus dem Feld, 50% gegen andere Verteidiger der Heat. Sein Mitteldistanzwurf (unter anderem gestern in der Crunchtime) fällt konstant, dazu hat Haslem Eier und Erfahrung. Ohne Chalmers und Haslem wären die drei Superfreunde weit weniger als sie es jetzt sind.
• Ganz im Gegenteil die Bank der Mavericks, die erneut kritisiert werden muss. J.J. Bareas Verwertung von offenen Würfen ist auf dem Niveau von Stoibers Rhethorikkünsten. Für Stojakovic gilt das gleiche, dazu kommt noch, dass der Serbe von ungefähr jedem Gegenspieler der Heat zerstört wird. Caron Butler wurde noch nie so schmerzilich vermisst – und langsam werden auch erste „Beaubois!“- und „Brewer!“-Rufe seitens der Mavs-Fans laut.
• Anschließend an diesen Gedanken auch vielleicht einfach mal die meiner Meinung nach ungeschönte Wahrheit: Dirk Nowitzki wurde gestern alleine gelassen. Der Support der Mavs-Spieler war nicht existent, die letzten zwölf Punkte (und leider auch der spielentscheidende Turnover sowie Fehlwurf) kamen von Dirk selbst. Sonst blieb Dallas als Team erschreckend schwach. Hier ein paar Pünktchen von Marion, da ein bisschen was von Terry, hier wiederum mal Kidd, aber sonst nur Bricks oder Turnover. In den 20 Minuten, die Dirk Nowitzki in den NBA-Finals nicht auf dem Feld war, erzielten die Heat 31 Punkte mehr als die Mavericks. Stand Nowitzki auf dem Feld, konnte Dallas die Heat in 124 Minuten mit 23 Punkten outscoren.
• Die Referees waren gestern auf der Seite der Mavericks. Das sage ich als neutraler Beobachter und bin mir bewusst, dass der Mittelliniendreier von Chalmers irregulär war und die Mavs in bester hätte-wär-aber-Manier eigentlich mit einem gewonnen hätten. Aber so läuft das Spiel nicht: Trifft Chalmers den Dreier nicht, führen die Heat nur mit vier zur Halbzeit, dass das Spiel dann aber identisch verläuft, ist ausgeschlossen. Dallas muss sich mit sowas arrangieren; im Nachhinein darüber Theorien aufzustellen, macht keinen Sinn. Zumal die Mavericks gestern wirklich viele Pfiffe im Vierten für sich hatten: der Reboundkampf und die dazugehörigen Freiwürfe, zwei Mal Freiwürfe, die James gegen Marion nicht zugesprochen bekommt, das Travelling von Kidd vor seinem Pumpfake, usw. Die Unparteiischen haben heute nicht den Ausschlag gegeben. Dieses Spiel hat man selbst verloren.
Spiel 4 wird das entscheidende Match. Gewinnen die Heat und ziehen sie 3-1 davon, werden sie – und da lege ich mich fest – NBA-Champion. Schafft Dallas den Ausgleich, so ist die Serie wieder offen. Bis dahin!
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