Detroit Pistons, New Orleans Pelicans

Zu viel gewollt?

Die Pelicans und Pistons und ihre Franchise-Bigs

Die Pelicans und Pistons und ihre Franchise-Bigs

Der 28. Juni 2012: Zwei Big Men sollen am Drafttag ihre neue Franchise finden, die schon länger als potentielle Franchise-Changer galten. Während der eine als der sicherste erste Pick seit Jahren gilt – unser Draft-Ranking gab ihm als bisher einzigem Spieler den Superstar-Status – muss der andere um seine Position fürchten. Anthony Davis geht wie erwartet nach New Orleans, Andre Drummond wird bis Position 9 zu den Pistons durchgereicht. Die greifen trotz des erst zwei Jahre zuvor gezogenen Greg Monroe zu, was trotzdem von fast allen Beobachtern als die richtige Entscheidung eingestuft wird: Die Sorgen um den fehlenden ‚Motor‘ können angesichts Drummonds körperlicher Voraussetzungen bei einem späten Top 10-Pick nicht mehr überwiegen.

Knapp vier Jahre später gehören die beiden tatsächlich zu den besten Bigs der Liga, haben ihre Teams zu ihren Teams gemacht. Abgesehen von der individuellen Entwicklung mussten jedoch beide akzeptieren, dass ihre Franchises sich nur bedingt in die richtige Richtung bewegt haben. Nach massiven Schwierigkeiten in der Teamzusammenstellung scheinen die Pistons jetzt auf dem richtigen Weg, für die Pelicans ist die laufende Saison jedoch ein klarer Schritt zurück. Die Probleme der letzten Jahre ähneln sich jedoch erheblich, weswegen ein Vergleich sich anbietet.

Die Fehlerdiagnose lässt sich auf eine relativ knappe Formel bringen: Beide opferten ihre langfristige Entwicklung, um möglichst schnell die Playoffs zu erreichen – mit begrenztem Erfolg: Die Pistons warten weiter auf die erste Postseason seit Jahren; die Pelicans können nicht mehr vorweisen als einen Sweep durch den späteren Meister Golden State. Die Probleme lassen sich auf einige fragwürdige Entscheidungen zurückführen, denen jeweils klassische Rebuild-Fehler zu Grunde liegen.

1. Vertradete Picks

Beide Teams waren in dieser Hinsicht deutlich freigiebiger als in den letzten Jahren üblich. Im Fall der Pelicans gehören diese Entscheidungen wohl zu den meist kritisierten: Nach Davis‘ Rookie-Saison entschloss sich das Management um Dell Demps, den nächsten Schritt sofort anzugehen, und tradete den soeben gezogenen Nerlens Noel und einen weiteren Pick für Allstar-Point Guard Jrue Holiday nach Philadelphia. Was am Tag des Trades schon nicht gut aussah – Holidays Stats wiesen schon damals ihre Schönheitsfehler auf – macht im Nachhinein einen noch schlechteren Eindruck: Der Pick landete erneut in der Lottery, Holiday absolvierte, auch aufgrund wohl schon vor dem Trade bestehender Verletzungsprobleme, in zwei Jahren gerade 80 Spiele, und Noel überzeugte in seiner verspäteten Rookie-Saison.

Nur ein Jahr später wiederholten die Pelicans diese Entscheidung, als sie für einen weiteren Pick Omer Asik von den Rockets ertradeten. Durch die Verletzungsprobleme der Thunder gelang diesmal immerhin der Einzug in die Playoffs, trotzdem ist der Preis nicht zu ignorieren. Am besten verdeutlicht eine Detail das Tradeverhalten der Pelicans in den letzten Jahren: Außer Anthony Davis steht zur Zeit kein Spieler im Kader, der vom Team gedraftet oder am Drafttag ertradet wurde. Selbst bei Contendern wie den Cavs (von Spurs, Warriors und Thunder) oder notorischen Pick-Tradern wie Mavs, Lakers und Knicks gibt es mindestens zwei solcher Spieler.

Für die Pistons liegt die Entscheidung zwar schon länger zurück, zeigte aber erst im vorletzten Draft die negativen Folgen: Schon vor dem Draft Drummonds hatten die Pistons einen Pick nach Charlotte geschickt, um den Vertrag von Ben Gordon loszuwerden. Die Lottery 2014 loste die mit einer besseren Bilanz ins Rennen gegangenen Cavs nach vorne, so dass Detroit an 9 gezogen hätte – wäre der Pick nicht nur Top 8-Protected gewesen, so dass Charlotte relativ unverhofft einen Top 10-Pick erhielt. Für den gerade als Präsident und Head Coach installierten Stan van Gundy stellte das eine erhebliche Hypothek dar, die weitere Entscheidungen wie etwa die Entlassung Josh Smiths beeinflusst haben könnte. Dieses Beispiel zeigt, wie Transaktionen der Vorgänger ein neues Management beeinflussen können. In diesem Fall war Joe Dumars verantwortlich, der trotz seines Meistertitels 2004 schon lang vor seiner Entlassung 2014 in der Kritik stand.

2. Junge Spieler abgegeben

Ein Grund dafür ist das großzügige Vertraden junger Spieler, das sich erneut beide Franchises ankreiden lassen müssen. Das auffälligste Beispiel ist jeweils ein Sign-and-Trade: Für Brandon Jennings bei den Pistons, für Tyreke Evans bei den Pelicans. Für die beiden Restricted Free Agents wurden jeweils zwei Spieler abgegeben, die jetzt zumindest auf einem ähnlichen Level agieren. Für Jennings, der 2014/15 vor seinem Kreuzbandriss immerhin erstmals eine immer noch unterdurchschnittliche TS% über 52 erreichte, wurden im Sommer 2013 Brandon Knight und Khris Middleton nach Milwaukee geschickte. Beide erhielten in der vergangenen Offseason einen gerechtfertigten 5-Jahres-Vertrag jenseits der 70 Millionen Dollar. Obwohl zumindest bei Middleton diese Entwicklung kaum abzusehen war, zeigt das Beispiel, wie Dumars auf der Jagd nach schnellen Erfolgen die Brücken hinter sich abbrach. Knight hatte zudem in der Vorsaison kaum schlechtere Stats aufgelegt als der zwei Jahre ältere Jennings.

Die damaligen New Orleans Hornets initiierten im Sommer 2013 für Tyreke Evans einen ähnlichen Trade, wobei einer der abgegebenen Spieler an ein drittes Team abgegeben wurde: Robin Lopez ging für Secondrounder nach Portland, die Kings erhielten den in der Vorsaison durch gute Assist-Statistiken aufgefallenen Greivis Vasquez. Letzterer wurde zwar in den nächsten Jahren mehrfach weitergereicht und konnte keine echten Starter-Qualitäten zeigen, ist jedoch als Spielmacher mit 6-6 und einem auf die Karriere gesehen brauchbaren Wurf (35% 3Punkt-Quote) vielseitig einsetzbar. Lopez entwickelte sich bei den Blazers zum soliden Allrounder und wäre tendenziell genau der richtige Spielertyp für die Pelicans gewesen. Hier zeigen sich die Folgeschäden aus den einzelnen Trades: Nicht nur der abgegebene Pick Asik lässt sich auf den Verlust von Lopez beziehen, zuvor musste Vasquez auch weichen, weil der Trade für Holiday anstand.

3. Teure Spieler mit Fit-Problemen verpflichtet

In diesem Zusammenhang steht auch das nächste Problem, dass viele der teuren Verpflichtungen nicht optimal zusammenpassten. Wenn früh im Rebuild Assets und finanzielle Flexibilität investiert werden, sollte zumindest die Rolle der Spieler im Team klar sein. Die Überschneidungen von Greg Monroe und Andre Drummond waren auf gewisse Weise unvermeidlich, die übrigen Schwierigkeiten müssen sich jedoch die Manager anlasten lassen. Bei den bereits angesprochenen Verpflichtungen der Pelicans stellt sich die Frage, wieso zum bereits langfristig gebundenen Eric Gordon praktisch gleichzeitig Holiday und Evans ertradet wurden. Gordon und Evans sind als Wing-Duo oft zu klein, zudem ist nicht klar, wer den ersten Ballhandler geben sollte. Evans wurde daher in seiner ersten Saison in New Orleans oft als Sixth Man eingesetzt, teilweise klärten auch Verletzungen unbeabsichtigt die Frage, ob alle drei zusammen starten sollten. So entstand jedoch eine Lücke in der Starting Five, die etwa von Luke Babbitt gefüllt werden musste. Quincy Pondexter, eine zur Abwechslung günstige und passende Verpflichtung, konnte hier Anfang 2015 aushelfen, sollte aber keine Langzeitlösung darstellen.

Damit nicht genug, auch bei den Bigs konnten die Pelicans selten eine wirklich schlüssige Rotation vorweisen. Ryan Anderson spielt nominell die gleiche Position wie Davis und kann praktisch nicht ausweichen, weil auf dem Flügel defensiv inakzeptabel ist. Small Ball mit Davis als größtem Spieler ist die naheliegende Alternative, die auch in den letzten Jahren öfter genutzt wurde. Warum entschloss sich Demps unter diesen Umständen, in der vergangenen Offseason sowohl Omer Asik (58 Mio. $ für 5 Jahre) als auch Alexis Ajinca (20 Mio. $ für 4 Jahre) mit einem langfristigen Vertrag auszustatten? Ohne den Leistungsabfall Asiks in der laufenden Saison wäre hier ein erhebliches Überangebot entstanden, das einen Trade erfordert hätte. So stehen schlicht schlechte Verträge in den Büchern – für 2016/17 sind bereits jetzt gut 30 Millionen Dollar in Evans, Holiday und Asik gebunden, wobei keiner der Spieler ein klares Plus darstellt.

Im Fall der Pistons steht der schlechteste Vertrag ebenfalls noch auf Jahre in den Büchern, ohne dass der Spieler noch zur Verfügung stünde: Josh Smith wurde, wie hier beschrieben, unter Nutzung der Stretch Provision entlassen. Die reduziert zwar die jährliche Belastung, bedeutet aber andererseits, dass die Folgen der Verpflichtung noch im nächsten Jahrzehnt spürbar sind. Smith konnte bei seiner Vorstellung im Juli 2013 als solider Allrounder-Forward gelten, der zu viel Gefallen an langen Würfen gefunden hatte. Im Januar 2016 ist er ein Minimum-Spieler, der kaum von der Bank kommt. Dieser Abstieg ließ sich nicht unbedingt vorhersagen, wurde jedoch durch den schlechten Fit in Detroit sicher nicht verlangsamt. Erst unter Stan van Gundy, also in den Spielen vor seiner Entlassung, stand Smith öfter nomineller Power Forward auf dem Parkett. Im Jahr zuvor hatten Maurice Cheeks und John Loyer eisern am Starter-Trio Smith/Monroe/Drummond festgehalten – mit Brandon Jennings als zusätzlichem Spacing-Hindernis.

4. Hohe Picks nicht genutzt

Ein weiterer Faktor geht erstaunlicherweise bei der Betrachtung der Teams oft unter, und zwar die nicht sinnvoll genutzten Lottery-Picks. Bei den Pelicans sind die Beispiele offensichtlich: Im Chris Paul-Trade erhielt die Franchise mit Eric Gordon den 7. Pick von 2008, mit Al-Farouq Aminu den 8. Pick des Drafts 2010 sowie einen weiteren Pick, mit dem 2012 an Position 10 Austin Rivers gezogen wurde. Gordon ist der einzige der drei Spieler, der sich wirklich in der Rotation etablieren konnte – allerdings mit wiederkehrenden Verletzungsproblemen und dem großen Haken, dass er seit Unterschrift und Matchen des Maximum-Offer-Sheets aus Phoenix deutlich zu teuer war. Aminu und Rivers fallen beide mehr oder weniger in die Kategorie Draft Busts, wobei bemerkenswert ist, wie wenig New Orleans von beiden profitierte: Aminu wurde einschließlich Qualifying Offer bis zu seinem 5. Jahr gehalten und ging dann als Free Agent zu den Mavs, Rivers brachte immerhin noch Pondexter und einen Zweitrundenpick ein. Zudem sind beide bei ihren aktuellen Stationen zumindest Rotationsspieler, Aminu füllt dabei eine Rolle aus, die in New Orleans gerade dringend benötigt würde.

In Detroit ist der vergebene Pick weniger offensichtlich. Für Kentavious Caldwell-Pope und Stanley Johnson steht ein endgültiges Urteil noch aus, derzeit würde es vermutlich eher positiv ausfallen. Knight und der wenig überzeugende Trade für Jennings wurden bereits erwähnt. Stattdessen ist der 7. Pick von 2010 gemeint – Greg Monroe. Es mag etwas unpassend erscheinen, einen Spieler mit 15 Millionen Dollar Jahresverdienst so einzustufen. Aber im Rückblick brachte er den Pistons weder eine Saison über 50%, Playofferfolg oder irgendeine Form von Assets ein – wie Aminu verließ er das Team nach seinem 5. Jahr als Unrestricted Free Agent. An sich ist dieser Weg vergleichsweise selten, weil er für die Teams meistens die schlechteste Option darstellt. Meistens ist es sinnvoller, über die Restricted Free Agency zumindest irgendeine Form von Gegenwert zu erhalten, wie etwa die erwähnten Sign and Trades zeigen. Im Fall Monroes fanden die Pistons anscheinend nie einen passenden Trade, der eventuell auch die Abstimmungsprobleme im Team hätte beheben können.

Ausblick

Den Pistons ist es trotz zahlreicher Schritte in die falsche Richtung gelungen, vor dieser Saison den Weg Richtung Playoffs einzuschlagen, für die Pelicans sieht es deutlich düsterer aus. Stan van Gundy erfolgreicher Richtungswechsel basiert darauf, dass einige Fehler nicht (mehr) begangen wurden: In KCP und Johnson stehen Top 10-Draftees im Kader, ansonsten wurden ins System passende Spieler für geringe Kosten verpflichtet statt auf den großen Wurf gesetzt. Für diesen Wandel stehen in erster Linie Reggie Jackson, Ersan Ilyasova und Marcus Morris – drei Starter, die keinen Erstrundenpick gekostet haben. Drei Zweitrundenpicks sind zwar auch nicht zu ignorieren, stellen aber meist ein vertretbares Risiko dar. Wie schon bei der Verpflichtung van Gundys erwartet, erinnert das Team auch immer mehr an seine Zeit in Orlando mit einem dominanten Center umgeben von Wurf-Experten. Trotzdem bleiben die Hypotheken der letzten Jahre: Das Fehlen zusätzlicher Picks schränkt den Handlungsspielraum des Teams klar ein, noch wichtiger ist jedoch die Belastung durch den Vertrag Josh Smiths. Das Team um Drummond und Jackson dürfte in den kommenden Jahren zumindest mit einer klaren Idee spielen, und auch die Transaktionen van Gundys seit der letzten Deadline lassen auf Besserung hoffen.

Anthony Davis ist recht klar der bessere Spieler als Drummond, trotzdem sieht die Perspektive seines Teams nicht unbedingt besser aus. Eric Gordon und Ryan Anderson werden Free Agents, trotzdem hält sich wie beschrieben der Spielraum des Teams in Grenzen. Mit mindestens vier weiten Jahren Davis bestehen noch weitere Chancen, nicht zwingend noch mit Dell Demps als Manager. Wie die Pistons zumindest bis zur Verpflichtung Stan van Gundys funktionierte New Orleans in den letzten Jahren im Wesentlichen wie ein Contender vor 10 Jahren. Assets wurden großzügig in Win Now-Spieler investiert – ohne, dass das Team wirklich einen Grund dazu gehabt hätte. Die Ungeduld könnte man auch Besitzer Tom Benson anlasten, ein ähnliches Tradeverhalten hatte Demps jedoch auch schon mit dem von der Liga gestoppten Chris-Paul-Trade zu den Lakers gezeigt. Damit die Pelicans mehr Grund zum Optimismus haben als ihren Star, muss sich in den nächsten Jahren einiges ändern.

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