Memphis Grizzlies, San Antonio Spurs

Upset coming?

Dem besten Team der Western Conference droht bereits in Runde 1 das Aus. Nachdem die San Antonio Spurs auch Spiel 3 der ersten Playoffrunde gegen die Memphis Grizzlies verloren, liegen die Spurs nun in der Serie 2-1 zurück.

Einen klaren Durchmarsch der Spurs haben vor der Serie die Wenigsten erwartet, dennoch ging das Team aus Texas als klarer Favorit in die Serie gegen Memphis. Nun allerdings könnte den Grizzlies eine riesen Überraschung glücken und sie könnten erst als zweites Team der NBA Geschichte als achtplatziertes Team die Nummer eins in einer Best-of-7 Serie eliminieren.

Doch warum liegt eine Überraschung überhaupt in der Luft?

Gasol plus Randolph = totale Dominanz

Schon in den vier Spielen der Regular Season zeigte Memphis, dass sie die Spurs vor große Probleme stellen können. Beide Teams konnten je zwei Spiele für sich entscheiden, wobei die Siege der Spurs in hart umkämpften Spielen errungen wurden und am Ende sehr knapp ausfielen.

Der Grund, warum die Memphis Grizzlies sowohl in der regulären Saison als auch jetzt mehr als mithalten können, ist einfach: Sie dominieren im Frontcourt. Das Duo Marc Gasol und Zach Randolph ist für die Spurs bisher in dieser Serie nicht zu kontrollieren. Das klingt überraschend – war doch gerade der Frontcourt in den letzten Jahren eine Bank der Spurs – dank eines Tim Duncans. Doch Duncan ist im Herbst seiner Karriere und hat gerade defensiv eher zwei, als nur einen Schritt verloren. Duncan spielt eine ordentliche Serie. Er reboundet gut, er ist immer für einen Block gut, aber er ist offensiv nicht mehr der Spieler, der explodiert und 30 Punkte allein auf die Anzeigentafel bringt. Deshalb muss er auch von den Grizzlies nicht  in der Verteidigung gedoppelt werden, was zu einem weiteren, großen Problem für die Spurs wird: Die gesamte Regular Season über fielen die Spurs als herausragendes Dreier-Team auf. Memphis schafft es bisher in dieser Serie, dass die große Stärke der Spurs gar nicht erst zur Entfaltung kommt. In der regulären Saison nahmen die Spurs im Schnitt mehr als 21 Dreier pro Spiel. In dieser Serie sind es bisher unter 16. Von denen trafen die Spurs nicht einmal 32% im Schnitt – verglichen zu den 39,7% in den 82 Spielen der regulären Saison. Ein Grund für diese Trefferquote ist auch, dass Memphis es bisher schafft, den Spielstil der Serie zu bestimmen. Sie sind es, die in den ersten drei Spielen das Tempo vorgeben. Die Spurs wirken bisweilen wie im luftleeren Raum, auf der Suche nach der eigenen Identität. Irgendwo gefangen zwischen den erfolgreichen Playoffzeiten mit langsamem, hartem Basketball, der durch die Defense bestimmt wird und den eher Run-and-Gun ähnlichen Auftritten in der diesjährigen Saison. Einem Team den Spielstil zu vermitteln, ist Aufgabe des Coaches, womit wir bei Gregg Popovich und seiner Leistung in dieser Serie angelangt sind.

Adjustments?

Gregg Popovich ist ein zukünftiger Hall-of-Famer und ein herausragender Coach. Ihm wird nachgesagt, dass er als Coach besonders gut darin ist, auf jeweilige Stärken des Gegners zu reagieren und Anpassungen im Spiel selbst zu vollziehen. In dieser Serie ist davon nicht zu sehen.

Zach Randolph und Marc Gasol konnten in der Serie bisher schalten und walten, wie sie wollten, was der Hauptgrund für die 2-1 Serienführung der Grizzlies ist. Gregg Popovich hält jedoch weiter an seiner Rotation fest, obwohl den Spurs – offensichtlich für jeden Betrachter – Größe im Frontcourt fehlt. Die Rotation mit Duncan und McDyess ist absolut in Ordnung und beide tun das, was sie können. Das Festhalten an DeJuan Blair und Matt Bonner ist jedoch sehr umstritten. Bonner ist einfach kein guter Verteidiger und nur für das Team wertvoll, wenn er seine Dreier trifft und damit das Spiel für die Spurs öffnet. In dieser Serie warf er jedoch nur 3-9 von der Dreierlinie und stand trotzdem im Schnitt über 22 Minuten pro Partie auf dem Feld. Bei den beiden Niederlagen hatte er am Ende der Partie jeweils einen +/- Wert von -10 zu verzeichnen. Nur ein Spieler hatte bisher in der Serie überhaupt mal einen schlechteren Wert – Gary Neal in Spiel 1. Zudem ist er einfach kein Spielertyp, der in sehr physischen Spielen dagegen halten kann.

DeJuan Blair kann man nicht viel vorwerfen – er spielt zumindest sehr physisch und ist erstaunlicherweise auch der Spieler der Spurs, der bisher in jeder Partie einen positiven +/- Wert hatte. Dennoch fehlt ihm gegen den Frontcourt der Grizzlies die Länge, so dass seine große Stärke, das Rebounden, kaum eine Rolle spielt. Gerade einmal vier Defensivrebounds sammelte Blair in den ersten drei Spielen insgesamt. Zudem ist er offensiv mit knapp 35% Trefferquote in der Serie nicht überzeugend. Zusammengefasst kann man sagen, er macht zwar nichts kaputt, allerdings eben auch keinen Unterschied.

Aber auch in der Spielweise kann man keine Adjustments von Coach Pop erkennen. Bisher spielten die Spurs in allen drei Spielen den gleichen Basketball ohne sichtbare Veränderungen. Das Tempo wurde nicht angezogen, man spielt nicht schneller als in den Spielen vorher, sondern vertraut weiter auf den Halfcourt-Basketball aus alten Zeiten.

Auch in den defensiven Matchups sieht man keine Veränderungen. Zach Randolph wird jedes Spiel versucht, von vorne zu verteidigen bzw. die Spurs versuchen ihm Offensivfouls anzuhängen. Beides mit sehr überschaubarem Erfolg.

Free Tiago?

Da stellt sich die Frage, warum Gregg Popovich es bisher nicht mit Tiago Splitter versucht hat (Go-to-Guys-Redakteur Sebastian Hagner hatte Splitter als Baustein für einen Erfolg der Spurs in den Playoffs gesehen). Splitter sah bisher in dieser Serie nicht eine Minute, was angesichts der Probleme, vor die die Spurs gestellt werden, sehr überraschend ist. Er ist defensiv mehr als ordentlich und bringt vor allem die nötige Länge mit, um dem Gegner im Frontcourt das Leben schwerer zu machen. Splitter ist sicherlich nicht das Allheilmittel, das dieser Serie die Wendung gibt. Aber angesichts der Tatsache, dass der Frontcourt der Grizzlies die Spiele komplett dominiert und entscheidet, ist es zumindest einen Versuch wert. Zumal Splitter gegen Ende der regulären Saison durch den Ausfall von Tim Duncan mehr Minuten gesehen hat und diese Chance durchaus nutzen konnte.

Es darf jedoch bezweifelt werden, ob Coach Pop von seiner Rotation ablässt und Splitter wirklich eine Chance gibt. Ob er damit richtig liegt, wird man erst am Ende der Serie beurteilen können. Gewinnen die Spurs diese Serie noch, wird man kaum über Splitter diskutieren. Sollten die Spurs jedoch scheitern und ausscheiden, wird sich Gregg Popovich die Frage nach dem Verzicht auf die Dienste von Splitter stellen lassen müssen.

Wie können die Spurs diese Serie noch drehen?

Die Spurs haben zweifelsohne das Spielermaterial, um diese Playoffserie gewinnen zu können. Trotz der Tatsache, dass die Spurs bisher in keinem Spiel überzeugen konnten, waren die beiden Niederlagen nicht nur knapp (beide Spiele verlor man mit 3 Punkten), sondern auch unglücklich. Dabei laufen die Spurs nun gegen einen 1-12-Record an. Diese Bilanz weisen sie auf, nachdem sie in einer Playoff-Serie 1-2 zurücklagen.

Die Spurs haben in ihrem Spiel noch viel Luft nach oben, vor allem was ihren starken Backcourt angeht. Tony Parker spielt bisher keine gute Serie und trifft viele falsche Entscheidungen. Er muss das Duell mit Mike Conley eigentlich gewinnen, damit die Spurs auch die Serie für sich entscheiden können. Auch der Ausfall von Manu Ginobili in Spiel 1 hat den Spurs sehr wehgetan. Wie wertvoll er ist, zeigte er beim Sieg in Spiel 2, in dem er mit seiner Intensität und seinem Siegeswillen die Spurs zum Sieg führte.

Das Ballmovement der Spurs in dieser Serie ist absolut in Ordnung. Sie bekommen viele offene Würfe, einzig können die Texaner diese Möglichkeiten nicht oft genug nutzen. Um noch offenere Würfe zu bekommen oder auch mehr zu leichten Punkten zu kommen, müssen die Spurs sich an die reguläre Saison erinnern und den Ball schneller bewegen. Das Tempo ist ein ganz entscheidender Faktor in dieser Serie und nur mit langsamen Halfcourt Spiel werden die Spurs nicht erfolgreich sein. Dafür ist die Dominanz im Post der Grizzlies zu eklatant.

Ein letzter Punkt betrifft den Coach. Popovich muss versuchen, Memphis vor Aufgaben zu stellen, die diese lösen müssen. Denn durch erfolgreiche Adjustments bestimmt man selbst eine Partie – eigentlich eine Stärke von Popovich. Doch dafür muss eingesehen werden, dass man diese Serie bisher nicht darauf reduzieren kann, dass man selbst unter den eigenen Möglichkeiten spielt und viel Pech hatte – und irgendwie alles schon werden wird.

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