Alltimers, NBA

For the Record

Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Diese Phrase ist zwar so abgedroschen, dass Usian Bolt, Sebastian Vettel, Roger Federer und Schwimmer Mark Spitz sie alle in Interviews von sich gaben, wahr ist sie aber trotzdem. Gerade in der zahlenverliebten NBA gibt es kaum einen Stat, für den kein Rekordhalter in den Büchern steht. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass diese gebrochen werden? 

Irgendwann im Laufe ihrer Geschichte erreicht jede Sportart ein Plateau. Ab diesem Zeitpunkt werden Rekorde nicht mehr pulverisiert, sondern bewegen sich in minimalen Schritten. Wenn sie sich überhaupt bewegen. Im Baseball hielt Hank Aaron 33 Jahre lang den Rekord für die meisten Home Runs, bis er schließlich von Barry Bonds übertroffen wurde. Über 150 Jahre nach dem ersten professionellen Team entwickelt sich der Baseball nur noch marginal. 

Verglichen damit ist Basketball eine recht neue Erfindung. Als Naismith den Sport im Jahr 1891 erfand, verdienten die ersten Baseballspieler mit ihrem Spiel bereits ihren Lebensunterhalt. Basketball ist jung genug für radikale Veränderungen. Hätte man einem Basketballfan in den 90er-Jahren erklärt, dass im Jahr 2020 ein Team ohne klassischen Center in die zweite Playoff-Runde kommen würde – er hätte einen mit Blick auf die Center dieser Ära für verrückt erklärt. Potenzial für neue Rekorde ist also da. 

Meiste Spiele über die NBA-Karriere

Es mangelt nicht an Zahlen, die die Langlebigkeit von Robert Parishs Karriere unterstreichen. Er kam erst mit 27 Jahren zu den Celtics, spielte aber trotzdem 13 Jahre in Boston. Im Laufe seiner Karriere saßen fünf verschiedene US-Präsidenten im Weißen Haus, obwohl sie erst mit 23 Jahren begonnen hatte. 1997 gewann er zusammen mit Jason Caffey die Meisterschaft. Als Parish 1976 sein Debüt gegeben hatte, war Caffey gerade drei Jahre alt.

Doch die beeindruckendste Zahl ist sicher die Anzahl seiner Spiele: 1.611 Mal stand Parish in der regulären Saison auf dem Parkett. Nur Kareem Abdul-Jabbar bewegt sich in ähnlichen Sphären. Doch selbst dem Top-Scorer der Liga fehlt auf Parish mehr als eine halbe Spielzeit. Die beiden langlebigsten Spieler der letzten Jahrzehnte, Vince Carter und Dirk Nowitzki, folgen mit 70 respektive 89 Spielen weniger. Und beide spielten bis in ihre 40er. Der einzig Aktive, der Parish bereits vor seinem 40. Geburtstag einholen könnte, ist LeBron James. Er bräuchte rund 4 1/3 komplette Spielzeiten, um mit der Celtics-Legende gleichzuziehen. Obwohl James seinen Körper in Topform hält, ist doch mehr als fraglich, ob er auch mit 39 Jahren noch Saisons durchspielen kann.

Ein genereller Trend der Liga könnte Parishs Rekord zusätzlich für die Ewigkeit zementieren. Spieler, die heute in die Liga kommen, müssten sich dort wohl mindestens zwanzig Jahre halten. Die Chance dafür ist astronomisch klein: Von den 4.489 Spielern, die laut Basketball Reference bis heute in der NBA aufliefen, erreichten nur sieben ihre 20. Spielzeit. Veteranen mit dieser Erfahrung dürften im Verlauf ihrer Karriere immerhin bis zu 28 Spiele verpassen, um sich am Ende vor Parish in die Rekordbücher eintragen zu können. Angesichts von Verletzungen, Load Management und Diskussionen um verkürzte Saisons dürfte Robert Parishs Rekord tatsächlich für die Ewigkeit bestehen.

Beste 3er-Quote in einer Saison

Kyle Korvers NBA-Karriere begann mit einer schlechten Entscheidung. Es war nicht einmal seine eigene, aber trotzdem bleibt sie bis heute eng mit ihm verbunden. 2003 wurde er im Draft von den Nets gezogen, die ihn für Geld an die 76ers weitergaben. Ein Teil des Geldes verwandten die Nets auf einen neuen Drucker. Kyle Korver, einer der besten Werfer der NBA-Geschichte, wurde für einen Drucker getradet.

Als Korver 09/10 mit 53,6 Prozent Trefferquote seinen Rekord aufstellte, hatten die Nets ihren Fehler vermutlich längst realisiert. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits drei mal mehr als 40 Prozent seiner Versuche von außen getroffen. Seine Rekord-Saison war trotzdem eine Besonderheit, der berühmte Ausreißer nach oben. Es heißt, dass man etwas häufig tun muss, um gut darin zu werden. Korver stellte seinen Rekord gerade dadurch auf, dass er etwas vergleichsweise selten tat. In diesem Jahr nahm der Shooting Guard gerade einmal 2,1 Versuche pro Spiel. Selbst als 38-Jähriger Rollenspieler bei den Bucks versuchte Korver vor der Unterbrechung in 17 Minuten Spielzeit immerhin 4,1 Würfe von der Dreierlinie. Dieser Aufstieg des Dreipunktwurfs könnte dem Rekord eine lange Lebenszeit bescheren: Wer so gut trifft wie Korver, wird es vermutlich häufiger versuchen, was Quoten wie diese wiederum unwahrscheinlicher macht.

Der einzige, der in den vergangenen zehn Jahren bis auf fünf Prozentpunkte an Korvers Rekord herankam, war Korver selbst. 14/15 traf er bei vergleichsweise hohem Volumen 49,2 Prozent seiner Versuche von außen. Außer Korver brachte in den letzten zehn Spielzeiten überhaupt nur Mike Miller die Marke von 48 Prozent Trefferquote zu Fall. Eine Schulterverletzung ließ ihn in lediglich 54 Spielen auflaufen. Ähnlich viele Partien benötigte George Hill vor der Corona-bedingten Unterbrechung 19/20 für seine 48-Prozentige Trefferquote. Es wird wohl eine Kombination aus guten Werfern und gerade ausreichenden Wurfversuchen brauchen, um Korvers Rekord in den nächsten Jahren ernsthaft in Gefahr zu bringen.

Meiste Vorlagen in einem NBA-Spiel

Sucht man einen guten Passgeber, lohnt sich ein Blick auf die Karrierebestwerte bei Vorlagen.

Magic Johnson? 24.

Jason Kidd? 25.

Isiah Thomas? Auch 25.

Rajon Rondo? Ebenfalls 25.

John Stockton? 28.

Doch an der Spitze dieser Liste steht ein Mann, der in Konversationen um den besten Passgeber der Liga eher selten auftaucht: Scott Skiles. Der Point Guard der Orlando Magic gab im Dezember 1990 gegen die Denver Nuggets 30 Vorlagen – ein bis heute ungebrochener Rekord. Gleich der erste Ballbesitz setzte an diesem Dezemberabend den Ton. Die Magic gewannen den Tip-Off und gaben den Ball zu Skiles. Er dribbelte kurz die Birne entlang und gab den Ball zu einem Mitspieler, der aus der Mitteldistanz abschloss.

In seinen 44 Minuten Spielzeit passte sich Skiles förmlich in einen Rausch. “Es war der perfekte Sturm”, erinnert sich der spätere Trainer 2015 zurück, “Ich war mir schon vor dem Spiel absolut sicher, dass es eins mit vielen Vorlagen werden würde, solange wir unsere Würfe treffen.” Skiles Vorahnung gründete sich vor allem auf dem Spielstil des Gegners. Unter Coach Paul Westhead waren die Nuggets 90/91 angetreten, sämtliche Geschwindigkeitsrekorde zu pulverisieren. Mit einer Pace von 133,7 erlaubte Denver den Gegnern im Schnitt 130,8 Punkte pro Spiel. Vorne schlossen die Nuggets möglichst schnell ab, hinten schien Verteidigung optional. Gegen diesen Spielstil wirkten selbst die Magic – ein 31-Siege-Team im zweiten Jahr ihrer Existenz – wie die beste Offensive der Liga. Skiles musste seinen Rekord nicht einmal erzwingen: Zusätzlich zu seinen 30 Vorlagen scorte er selbst 22 Punkte.

16 Tage nach Skiles Rekord-Auftritt kam John Stockton der Bestmarke mit 28 Vorlagen noch einmal gefährlich nahe – danach gerieten Spiele mit vielen Vorlagen aus der Mode. Bisher gelang es nur einem aktiven Spieler, bis auf fünf Assists an Skiles Rekord heranzukommen. Rajon Rondo legte im Dezember 2017 gegen die Brooklyn Nets 25 mal für seine Mitspieler vor. Neben seinem Spielstil – Rondo versuchte lediglich fünf eigene Würfe – half ihm ebenso wie Skiles 27 Jahre zuvor das Tempo. Mit den Nets und Pelicans trafen an diesem Abend das schnellste und das sechstschnellste Team der Liga aufeinander.

Außer Rondo gelang es in den letzten fünf Saison überhaupt nur drei anderen Spielern, mehr als 20 Vorlagen zu geben. Neben Westbrook, der dies in OKC gleich fünf mal schaffte, konnten sich auch John Wall und Chris Paul je ein solches Spiel in die Vita schreiben. Seit Westbrooks Wechsel zu den Rockets gelang es keinem Aktiven mehr, diese Hürde zu überspringen. LeBron James und Trae Young kamen mit 19 respektive 18 Vorlagen zumindest in die Nähe. Letzterer scheint die besten Chancen zu haben, Skiles Rekord zu brechen. Young ist ein exzellenter Passer, dem ab dem kommenden Jahr mit Clint Capela ein guter Abnehmer für Lob-Anspiele zur Seite steht. Es wäre dem derzeitigen Rekordhalter zu wünschen, irgendwann einmal abgelöst zu werden.

“Ich wünschte, irgendjemand würde ihn brechen – dann müsste ich nicht ständig drüber reden.”

Meiste Teams im Verlauf der NBA-Karriere

In seiner Karriere für die meisten Teams aufzulaufen ist ein merkwürdiger Rekord. Er ist nicht objektiv gut – anders als viele andere Rekorde auf dieser Liste – aber auch nicht objektiv schlecht. Nicht jeder kann beinahe die halbe Liga davon überzeugen, einem eine Chance zu geben. Chucky Brown konnte es. Zwischen 1989 und 2002 lief Brown für insgesamt 12 NBA-Teams auf – Zwischenstopps bei den Grand Rapid Hoops und den Yakima Sun Kings der Continental Basketball Association inklusive. Er unterschrieb insgesamt 13 mal bei einem NBA-Team, wurde fünf mal wieder entlassen und zwei mal getradet. Brown war der ideale Wandervogel: Er war nie zu teuer, spielerisch durchaus zu gebrauchen und beschwerte sich nicht, obwohl sein Karriereweg wie folgt aussah:

Immerhin brachte ihn seine Karriere neben einem Meistertitel mit den Houston Rockets auch eine wichtige Lebenslektion ein: Man sollte sich nicht vorschnell ein Haus kaufen.

Auch Ish Smith kam im Laufe seiner Karriere sicher irgendwann zu ähnlichen Schlüssen. Der Point Guard der Washington Wizards ist der Aktive mit den meisten bisherigen Arbeitgebern. Detroit, Philadelphia, Phoenix, Washington, Orlando, Oklahoma City, Houston, New Orleans, Milwaukee, Memphis und Oakland konnte Smith bisher über unterschiedlich lange Zeiträume seine Heimat nennen. Erst 2016 unterschrieb er mit den Pistons seinen ersten längerfristigen NBA-Vertrag. Seitdem scheint der Guard sesshaft geworden zu sein: Auf drei Jahre bei den Pistons folgte ein Zwei-Jahres-Vertrag bei den Wizards. Mit 32 Jahren bliebt Smith trotzdem noch genug Zeit, mindestens zwei weitere Teams von seiner Verpflichtung zu überzeugen. Auch Anthony Tolliver, Trevor Ariza, Marco Belinelli und Wayne Ellington haben durchaus Chancen, Browns Rekord zumindest einzustellen.

Beste Freiwurf-Quote in einer Saison

In der Theorie sind Freiwürfe eine einfache Aufgabe: Man steht nur 4,5 Meter vom Ziel entfernt, hat zehn Sekunden Zeit und ist vor allem ungestört. Trotzdem legen selbst die besten Freiwerfer Jahr für Jahr rund 10 Prozent ihrer Versuche daneben. Im Ligaschnitt liegt die Trefferquote seit Jahren um die 75 Prozent. Eine Erklärung, warum professionelle Athleten vergleichsweise häufig an dieser scheinbar einfachen Aufgabe scheitern, hat die Wissenschaft bis heute nicht gefunden. Eine Studie des Journal of Quantative Analysis in Sports untersuchte den Einfluss der fünf Faktoren Drehbewegung, Höhe des Abwurfpunkts, Wurfgeschwindigkeit, Winkel sowie Abweichungen nach Links oder Rechts auf das Ergebnis des Wurfversuchs. Sie fand keinen Hauptgrund. Stattdessen ist jeder Fehlversuch das Ergebnis kleinerer und größerer Abweichungen vom Optimum.

Zum physischen Aspekt kommt gerade bei Freiwürfen ein mentaler hinzu. Freiwürfe sind anders als jeder andere Wurf im Basketball. “Reguläre Würfe sind im Rhythmus”, erklärt Mark Price im Gespräch mit dem Guardian, “Catch and Shoots, Würfe aus dem Dribbling mit viel Action. An der Freiwurflinie hingegen hält alles an und alle Augen sind auf dich gerichtet.”

Diese Erkenntnisse machen den NBA-Rekord umso bemerkenswerter. 08/09 traf Jose Calderon in Diensten der Toronto Raptors 151 seiner 154 Versuche von der Dreierlinie und steht seitdem mit einer Quote von 98,05 Prozent in den NBA-Rekordbüchern. Seitdem ist kein NBA-Spieler mehr in die Nähe gekommen. Für die Ewigkeit ist Calderons Rekord trotzdem nicht unbedingt. Die Mindestanzahl an erfolgreichen Versuchen, die nötig sind, um sich für die Rekordlisten zu qualifizieren, liegt bei 125. Bei einem vergleichsweise kleinen Volumen ist es durchaus möglich, Calderons Rekord zu egalisieren. Elena Delle Donne von den Washington Mystics traf 2019 114 ihrer 117 Versuche von der Dreierlinie (97,4 Prozent). Zwei Saisons zuvor reichten 142 Erfolge bei 149 Versuchen für eine Quote von 95,3 Prozent. Obwohl sie in beiden Saisons knapp an Calderons Rekord scheiterte, zeigen ihre Beispiele, dass selbst 98,05 Prozent zu schlagen sind.

Meiste Punkte über die NBA-Karriere

38.387.

So viele Karrierepunkte legte Kareem-Abdul-Jabbar in seiner NBA-Karriere auf. Schon vor über 36 Jahren – am 5. April 1984 – schob er sich mit einem Skyhook aus 12 Fuß Entfernung auf den ersten Platz der Scoring-Liste und gab ihn bis heute nicht her. Nach ihm kamen und gingen großartige Scorer, doch keiner von ihnen brachte Kareems Rekord ernsthaft in Gefahr. Karl Malone ging mit circa 1.500 Punkten weniger in den Ruhestand. Kobe und Jordan liegen rund 4.700 bzw. 6000 Punkte dahinter.

Kareems Rekord schien in Stein gemeißelt – bis 2003 ein junger High School Spieler aus Ohio in die Liga kam und seinen Rückstand Jahr für Jahr abtrug. Vor der Saisonfortsetzung in Orlando fehlten LeBron James genau 4.300 Punkte auf Abdul-Jabbar. Der 35-Jährige hat durchaus Chancen, Abdul-Jabbars Rekord zu brechen. In seinen letzten beiden Jahren in der Liga erzielte James jeweils rund 1.500 Punkte. Hält er diesen Schnitt aufrecht, würde er sich in der Saison 23/24 mit 39 Jahren an die Spitze setzen. Geht man davon aus, dass James im Herbst seiner Karriere im Schnitt 70 Saisonspiele macht, bräuchte er einen Schnitt von rund 21,4 Punkten pro Spiel. Selbst für einen LeBron kurz vor Karriereende durchaus machbar.

LeBron ist derzeit wohl der einzig Aktive mit realistischen Chancen. Kevin Durant war lange auf einem guten Weg, dürfte sich jedoch spätestens seit diesem Jahr aus dem Rennen verabschiedet haben. Schon in seinem letzten Jahr in OKC legte er nicht mehr die Zahlen auf, die ihn in jungen Jahren zum Scoring-Champ gemacht hatten. Auch bei den Warriors waren seine Punkte nicht mehr im Maße der Vorjahre gefordert. Durant fehlen heute 15.447 Punkte auf Abdul-Jabbar. Selbst bei einem Schnitt von 2.000 Saison-Punkten bräuchte er noch gut acht Jahre, um Kareems Rekord einzustellen.

Durants ehemaliger Mitspieler James Harden hat ein gegenteiliges Problem. Er erzielte in den ersten Jahren seiner Karriere zu wenig Punkte, um ernsthaft Ambitionen auf den Spitzenplatz anmelden zu können. Trotz eines Fünf-Jahres-Schnitts von unglaublichen 2.367 Saisonpunkten – die Orlando-Bubble nicht mit eingerechnet – wird Harden dem Rekord mit fast 18.000 Punkten wohl nicht mehr gefährlich werden.

Auch das dritte Mitglied des MVP-Trios aus Ex-Thundern, Russell Westbrook, gehört zu den erfolgreichsten Scorern unter den Aktiven. Durch seine Jahre als Alleinunterhalter konnte er sich immerhin auf den 48. Platz der Scorer-Liste vorschieben, mit Joe Johnson und Mitch Richmond in Schlagdistanz. Seit Westbrook wieder mit einem Co-Star spielt, hat sich sein Fortschritt jedoch deutlich verlangsamt. 

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