EuroLeague, ZZ-Europa

Euroleague-Contender-Check

Welche Teams haben die größten Chancen auf den Titel?

Welche Teams haben die größten Chancen auf den Titel?

Die Euroleague ist hinter der NBA die stärkste und deswegen wohl auch attraktivste Basketball-Liga der Welt. Viele Basketball-Fans aus Deutschland verfolgen die teils an Spannung nicht zu überbietenden Spiele des Deutschen Meisters aus Bamberg in der höchsten europäischen Spielklasse mit Begeisterung. Doch häufig waren es in der Vergangenheit dann doch die Starensembles der Playoff Mannschaften, die dank ihrer herausragenden Kaderqualität am Ende etwas abgezockter waren und die Spiele für sich entschieden haben. In diesem Artikel richten wir unseren Blick auf die Contender auf den heiß begehrten Titel, um den die vier besten Mannschaften der Saison in der 18.400 Plätze fassenden Kombank-Arena in Belgrad spielen werden.

Die Contender

Als erstes muss natürlich geklärt werden, wer sich überhaupt berechtigte Hoffnungen auf die Trophäe machen darf. Bei nur noch sieben verbleibenden Partien in der regulären Saison dürften die Playoff Träume von Anadolu Efes Istanbul, Barcelona, Mailand, Bamberg, Valencia und Roter Stern auch bei den größten Optimisten langsam ad acta liegen. Der Eurocup Sieger von 2017, Unicaja Malaga, hat seine Chancen auf ein Weiterkommen dagegen nach einem Sieg über den direkten Konkurrenten Maccabi Tel Aviv deutlich erhöht, während der Tabellenneunte Baskonia die Überraschung in Moskau verpasste. Für die Playoffs gesetzt dürften dagegen bereits Khimki Moskau, Kaunas, Athen, Madrid, Fenerbahce Istanbul, Piräus und CSKA Moskau sein. Wie schon in der Vergangenheit sollten die heißesten Anwärter auf den Titel die vier letztgenannten sein. Die anderen drei Mannschaften gehören zum erweiterten Favoritenkreis. Denn trotz der Tatsache, dass Khimki mit Alexey Shved den Topscorer der Liga (21.9 Pts) in seinen Reihen weiß und Kaunas in dieser Saison mit cleverem, nahezu überragendem Teambasketball überzeugt, sollte außer möglicherweise Panathinaikos im Regelfall keines der anderen Teams ohne Heimvorteil in der Lage sein, eine best-of-five Serie gegen einen der Titelfavoriten für sich zu entscheiden.

Alexey Shved spielt mit Khimki Moskau um den Euroleaguetitel

Die Teams in der Analyse

Real Madrid (14:9)

Der Kader des 33-fachen spanischen Meisters ist sehr vielseitig besetzt. Auf der Centerposition schrammte der mexikanische Star-Center Gustavo Ayon, der wegen einer Schulterverletzung länger ausfiel, bei seinem Comeback nur um 2 Rebounds an einem Double-Double vorbei. Sein Backup Ognjen Kuzmic fehlt weiterhin verletzt, dafür wurde aber bereits mit dem effizienten Ex-NBA Center Walter Tavares hochkarätig nachverpflichtet. Der 2,21 m große Neuzugang legt in knapp 20 Minuten acht Punkte und sechs Rebounds für den aktuellen Tabellenfünften auf. Bei einer FG-Percentage von sensationellen 68,8%! Zudem ist der scheinbar nicht älter werdende Felipe Reyes immer noch ein durchaus wichtiger Teil der Frontcourt-Rotation. Sollten bis auf Kuzmic zu den Playoffs alle Bigmen fit sein, wird dieses Trio wohl trotz fehlendem Spacing die Matchups auf der Centerposition gegen jedes Team für sich entscheiden. Obwohl die Königlichen auch auf den Forward Positionen unter anderem mit Trey Tompkins und Anthony Randolph durchaus sehenswert aufgestellt sind, enttäuscht auch der Backcourt des Kaders keineswegs. Die sehr guten Rollenspieler wie der BBL-Finals MVP der letzten Saison, Fabien Causeur oder Jaycee Carroll, werden ab und an gar von ihren Mitspielern in den Schatten gestellt. Das liegt in der Regel zum einen am amtierenden Euroleague-MVP Sergio Llull, der allerdings schon die komplette Saison verletzt fehlt, zum anderen aber natürlich auch am 18-jährigen Wunderkind Luka Doncic. Der Spieler mit dem derzeit höchsten PIR der Liga führt sein Team in Abwesenheit von Superstar Llull bisher in beeindruckender Manier durch die Saison. Madrid hat außerdem hinter Barcelona das zweitbeste Assist-Turnover Verhältnis mit starken 166.54%. Doch natürlich ist  nicht alles positiv. Das Verletzungspech ist mit Sicherheit in dieser Saison die größte Sorge der Spanier. Es könnte tatsächlich spannend werden zu sehen, wann und wie sich der bereits wieder trainierende Llull ins Team einfügen wird und wie sich dabei dementsprechend die Rollen innerhalb der Mannschaft verändern werden. Gerade die des im Moment  unumstrittenen Anführers Doncic. Bleibt Doncic weiterhin der Go-to-Guy oder übergibt er dem erfahreneren Spanier das Zepter auf dem Court sofort nach dessen Rückkehr? Zumindest der sehr bescheidene Teenager sieht sich, wie er in einem Interview sagt,  noch nicht auf dem Level seines Mentors. Verläuft die Genesung von Llull weiterhin gut, darf man sich wieder auf das fantastische Pick and Roll von Llull und Ayon freuen, das schnell mal zu einer tödlichen Waffe für den Gegner werden kann. 

 

Olympiacos Piräus (16:7)

Der Vizechampion der vergangenen Saison, aktuell auf Position zwei in der Tabelle, mag auf den ersten Blick nicht die Kaderqualität eines Championsship-Contenders haben, spielt sich aber dank einer sehr guten Teamchemie wie schon in den vergangenen Jahren mal wieder ins Rampenlicht. Am vorvorletzten Spieltag bekam das auch Fenerbahce in Griechenland mehr als deutlich zu spüren. Die Türken kamen mit einer 25 Punkte Korbdifferenz unter die Räder. Obwohl der 35-jährige Vassilis Spanoulis immer noch der Anführer des Teams ist, fällt beim Betrachten des Kaders vor allem eine extreme Ausgeglichenheit auf. Neun Spieler scoren zwischen 6 und 12 Punkten pro Begegnung. Scoring ist trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen keine große Stärke der Griechen, sie erzielen sogar nur die zweitwenigsten Punkte im Wettbewerb. Das könnte selbstverständlich in der entscheidenden Phase der Saison ebenso eine Rolle spielen wie die zweitmeisten Turnover der Liga. Das Team zeichnet sich über seine Defense aus. Die Mannschaft von Head-Coach Ioannis Sfairpopoulos erlaubt ihren Gegnern gerade einmal 74 Punkte pro Spiel und holt die meisten Defensivrebounds. Eigentlich sind das die besten Vorraussetzungen um den Titel zu gewinnen, wenn man sich den in Basketballkreisen bestens bekannten Spruch ins Gedächtnis ruft:  Offense sells tickets, defense wins games, rebounding wins championships. Der Kader ist eigentlich auf jeder Position solide besetzt. Angefangen vom Backcourt um Spanoulis und den Ex-Bamberger Strelnieks über die Forward-Positionen, auf denen unter anderem der griechische Nationalspieler Georgios Printezis sich immer wieder gut in Szene setzen kann, bis zur Centerposition, auf der mit dem Brettcenter Nikola Milutinov und dem US-Athleten Jamel McLean genau die richtige Mischung gefunden wird. Bei der auf den ersten Blick sehr schwach wirkenden Dreierqoute von 34.28% ist auch durchaus noch Potential nach oben vorhanden, wenn man sieht, dass die ausgewiesenen Schützen Vangelis Mantzaris und Hollis Thompson mit 25.4 bzw 27.3 % bisher noch deutlich unter ihren Möglichkeiten von Downtown liegen.

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Die Euroleague Legende Vassilis Spanoulis führt Olympiacos auch in dieser Saison wieder an

 

Fenerbahce Dogus Istanbul (16:7)

Der amtierende Euroleaguesieger rangiert aktuell auf Platz drei. Wenn man sich den Kader der Türken ansieht, fällt einem eine Sache wahrscheinlich sofort auf: Tiefe. Die Mannschaft, die in der höchsten europäischen Spielklasse ihre Spiele fast ausschließlich mit ausländischen Spielern bestreitet, ist selbst im Gegensatz zu anderen Topteams unheimlich tief besetzt. Das bedeutet, dass auch die zweite Fünf von Fenerbahce extrem stark ist und eigentlich jeder Spieler über 20 Spielminuten gehen kann, ohne dass es tatsächlich negativ auffallen würde. Bei einer möglichen Starting Five mit den ehemaligen BBL-Spielern Brad Wanamaker und Nicolo Melli, Shooting Guard Kostas Sloukas, Small Forward Luigi Datome und Center Jan Vesely, kämen von der Bank immer noch Spieler wie Marko Guduric, der aktuell als Guard 69 % seiner 2-Punkte Versuche im Korb unterbringt oder auch der aktuell beste Dreierschütze der gesamten Liga, James Nunnally, der 56.14 % seiner Würfe von jenseits der Dreipunktelinie verwandelt. Fenerbahce musste zum Ende der letzten Saison den Abgang von Ekpe Udoh, der zu den Utah Jazz in die NBA gewechselt ist, verkraften. Ein Spieler, der gerade in der Phase der Playoffs und des Final Fours von entscheidender Bedeutung für das Team aus Istanbul war. Er lieferte offensiv einen großen Anteil am Scoring, aber noch entscheidender waren seine defensiven Fähigkeiten, mit denen er viele Würfe verändern bzw. gar blocken konnte. So legte er über die Saison sensationelle 2,2 Blocks pro Spiel auf. Im Finale sogar fünf und konnte somit jederzeit zum Gamechanger werden. Mit Jason Thompson verpflichtete Istanbul zwar einen NBA-erfahrenen Veteranen, dessen Größe, Athletik und Mitteldistanzwurffähigkeiten ebenfalls beachtlich sind, dennoch kann er mit Udoh noch nicht wirklich verglichen werden. Wichtig für Fenerbahce wird daher sein, ob Vesely seine bislang starke Saison weiter auf diesem Niveau halten kann. Dazu muss neben Thompson auch unter anderem der Ex-Bamberger Melli in der Defensive auf Höchstniveau agieren.
Echte Schwächen außer vielleicht etwas Verletzungspech kann man im Kader des Champions nicht ausmachen und mit Ausnahme von der Auswärtspleite gegen Piräus, bei dem die Griechen über 75% ihrer Dreier trafen, war keine Niederlage zweistellig.

CSKA Moskow (18:5)

22-facher russischer Meister, 24-facher Meister der Sowjetunion, 6-facher VTB-United League Champion, 3-maliger Euroleaguesieger, etc.. Die Erfolgsliste des Zentralen Sportklubs der Armee Moskau liest sich sehr gut. Aktuell ist CSKA auf Platz eins in der Tabelle und in vielen weiteren wichtigen Statistiken ganz oben anzutreffen. Sie erzielen von allen Teams die meisten Punkte pro Spiel, werfen am besten aus dem Feld, inklusive von der Dreipunktelinie und haben das höchste PIR. Zudem sind sie als bisher einziges Team für die Playoffs qualifiziert. Angeführt vom überragenden französischen EL-Superstar und MVP der vorletzten Saison, Nando de Colo (16.7 Pts ; 56.1% 2F ; 46,6% 3F ; 96% FT; 4.2 As), ist Moskau derzeit kaum zu stoppen. Die mögliche Startformation aus Sergio Rodriguez, Nando De Colo, Will Clyburn, Andrey Vorontsevich und Rim-Protector Kyle Hines dürfte eine der Besten der Liga sein. Offensichtliche Schwächen mit Ausnahme von einer nicht perfekten Defense gibt es im Kader von Head-Coach Dimitris Itoudis nicht.

 

Khimki Moscow Region (14:9)

Beim derzeitigen Tabellensechsten hängt für einen echten Titelkandidaten zu viel an einem Spieler, Alexey Shved. Der Rest des Kaders hat zwar durchaus Playoffniveau, als zweite oder dritte Option einer Titeltruppe sind Highflyer Tyler Honeycutt, Routinier und Floor General Stefan Markovic, Rookie Anthony Gill und die US-Amerikaner James Anderson und Malcom Thomas aber nicht geeignet. Der zu Saisonbeginn sehr überzeugende Center Thomas Robinson, der in seiner Karriere vor Khimki bereits in sechs verschiedenen NBA Teams gespielt hat, fehlte bis zum letzten Spiel seit November wegen einer gebrochenen Hand. Ohne das natürlich reichlich vorhandene Talent von Star-Guard Shved in Frage zu stellen, sind 18 Wurfversuche pro Abend in dem sehr systemorientierten europäischen Basketball von einem Spieler oftmals einfach zu viel. Zum Vergleich: Der Spieler mit den zweitmeisten FG-Attempts pro Spiel, Pierre Jackson von Maccabi Tel Aviv, kommt auf „nur“ 12 Versuche pro Spiel. Khimki steht völlig verdient in den Top-Acht, für das Final Four sollte es aber im Normalfall nicht reichen. Auch weil die Russen die zweitschlechteste Wurfquote der Euroleague aufweisen. Immerhin spricht die Formkurve für die Russen, gewannen sie doch zuletzt fünf ihrer letzten sechs Partien. Ihre einzige wirkliche Chance auf eine Final-Four-Teilnahme wird wohl sein, dass Shved über eine Serie effiziente 25+ Punkte auflegt, ein fitter Robinson wieder voll einsatzbereit ist und auch beim Rest des Teams so gut wie alles stimmt.

Zalgiris Kaunas (14:9)

Die Performance der Litauer in dieser Saison überrascht sicher viele Basketballinteressierte. Kaunas ist völlig zurecht auf Tabellenplatz fünf und ist dank einer großartigen Mannschaftsleistung im Stande, jedem Team, gerade bei einem Heimspiel, gefährlich zu werden. Die Mannschaft wurde von Head Coach Sarunas Jasikevicius, der selbst ein exzellenter Basketballer war, brilliant zusammengestellt. Die Mischung aus jüngeren, talentierten, aber auch schon gestandenen Euroleague Spielern wie Kevin Pangos, Vasilije Micic oder Aaron White mit Veteranen wie Paulius Jankunas oder Arturas Milaknis, deren besten Tage noch lange nicht hinter ihnen liegen, ergänzt sich nahezu perfekt. Kaunas ist außerdem Zweiter, wenn es um das Versenken von Würfen aus dem Feld geht. Nichtsdestotrotz ist das Budget des Teams weit unter dem der anderen Playoff Mannschaften angesiedelt. Das macht die Leistung von Zalgiris zwar umso beeindruckender, allerdings wird die Qualität der Einzelspieler, die in einer wichtigen und engen Partie gegen ein Top Four Team der Liga z.B. in Form eines Iso-Plays gefragt sein könnte, wahrscheinlich nicht immer ausreichen können. Andererseits sollte spätestens seit dieser Saison klar sein, dass Kaunas immer für einen Upset in Frage kommen kann.

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Zalgiris-Headcoach Sarunas Jasikevicius nach dem Sieg über Panathinaikos

 

Panathinaikos Superfoods Athens (14:9)

Den Euroleague Rekordsieger (4 Titel) und aktuellen Tabellensiebten muss man wie in jeder Saison immer auf dem Schirm haben. Das Roster des griechischen Meisters ist gut besetzt. Im Backcourt findet man, wie in vielen anderen Spitzenteams im Basketball, mit Nick Calathes den Anführer des Starensembles. Der australische Scharfschütze Matt Lojeski fehlt den „Greens“ im Moment verletzungsbedingt. Allerdings nicht nur deshalb wurde Rückkehrer Mike James nachverpflichtet, der nach einem Engagement in der NBA von 32 Spielen für die Phoenix Suns (10.4 Pts, 3.4 As) und vier für die New Orleans Pelicans, die deutliche Auswärtsniederlage am Freitag gegen Khimki ebenfalls nicht verhindern konnte. Im Frontcourt findet man einige Athleten. Die beiden Power Forwards Kenny Gabriel und James Gist, die immer wieder für spektakuläre Abschlüsse zu haben sind, den früheren Bayernspieler K.C. Rivers, Center Chris Singleton und auch Athanasios Antetokounmpo, den älteren Bruder von NBA-Superstar Giannis Antetokounmpo. Der Kader wird unter anderem von dem griechischen Nationalspieler Nikos Pappas und dem ehemaligen Ulmer Center, Ian Vougioukas, sinnvoll ergänzt. Ein echtes Problem stellt allerdings die Tatsache dar, dass die Griechen zwar nur das 11. beste Team sind, wenn es um das Treffen von Würfen aus dem Feld geht, sie dies aber mit gerade mal den 11. meisten Offensivrebounds der Euroleague alles andere als ausgleichen können. Panathinaikos steht aber natürlich nicht umsonst punktgleich mit drei anderen Teams, einschließlich dem Tabellenvierten Real Madrid, relativ gefestigt auf einem Playoffplatz. Im Gegensatz zu den Kadern von Khimki und Kaunas könnte das Talent der Einzelspieler von Pana zudem ausreichen, einem der Big Four auch in einer Serie ernsthaft gefährlich werden zu können. Zudem sind gerade Heimspiele vor frenetischem Publikum alles andere als eine Schwäche des griechischen Teams.

Fazit

Voraussagen im Sport zu treffen ist jedes Mal ein Spiel mit dem Feuer. Denn zum einen hat man als Außenstehender keinen Einfluss auf Faktoren wie Verletzungen und zum anderen wird das Spiel zum Glück immer noch auf dem Platz entschieden. Um trotzdem einschätzen zu können, welche Chancen die Teams in den Playoffs haben, kann ein kleines Powerranking dies vielleicht am besten veranschaulichen. In Kombination aus Kader/Tiefe und aktueller Form (letzte 10 Spiele), würde dieses wohl derzeit am ehesten so aussehen:

1. Cska Moscow (8:2)
2. Fenerbahce Istanbul (7:3)
3. Olympiacos Piräus (6:4)
4. Real Madrid (7:3)
5. Zalgiris Kaunas (6:4)
6. Panathinaikos Athens (5:5)
7. Khimki Moscow (6:4)

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