Philadelphia 76ers

Sophomore Scouting: Ben Simmons

Screenshot: NBA League Pass

Ben Simmons war der erste Pick im Draft 2016, hat aber aufgrund einer Verletzung in seinem ersten Jahr kein einziges Spiel machen können. Deswegen zählt der Australier in dieser Saison ebenfalls zu den Sophomores. Bei den Philadelphia 76ers konnte er in gewissen Bereichen klare Fortschritte erkennen lassen, andere Facetten seines Spiels sind jedoch nahezu stagniert.

Decisionmaking: Eine Frage der Möglichkeiten?

In der Offense hat er sich vor allem beim Off Ball Movement gesteigert. Er schafft es zunehmend öfter durch gezielte Cuts Verwirrung zu stiften und dennoch anspielbar zu bleiben. Er hat außerdem als Screener und Roller im Pick-and-Roll Fortschritte gemacht und kann sogar mit dem ein oder anderen geschickten Putback sein Team im Spiel halten. Außerdem ist Simmons eine noch größere Gefahr aus Post Ups heraus. Er kann kleinere Spieler mühelos überpowern, arbeitet extrem gut für tiefe Post Positionen und hat eine deutlich verbesserte Fußarbeit. Nachdem er im letzten Jahr der schlechteste Post Up Spieler der Liga mit mehr als 100 Possessions war (0,69 PPP), konnte er seine Effizienz hier deutlich steigern (18/19: 0,83 PPP).

Sein guter Touch hilft ihm zudem auch schwierige Abschlüsse zu treffen und er kann mittlerweile mit beiden Händen besser am Ring abschließen. So hat sich seine Effizienz am Ring auch insgesamt verbessert und er kann dort elitäre Werte vorweisen (fast 70% seiner Abschlüsse sind aus 0-4 ft bei einer FG% von 67). Auch seine Gesamteffizienz hat sich in diesem Jahr weiter verbessert und trennt ihn klar von seinen beiden Konkurrenten. Simmons schafft es auf ein 114er Ortg ( 17/18: 111 Ortg) bei 19 Punkten pro Spiel und kommt auf ein True Shooting von 60,5%.

Allerdings hat er beim Decisionmaking mit einer gewissen Problematik zu kämpfen, die sich auch gut an seinem Shot Chart verdeutlichen lässt: Simmons trifft sehr gute Entscheidungen im Rahmen seiner Möglichkeiten, jedoch ist dieser Rahmen wegen seinen Limitationen beim Wurf begrenzt. In der bisherigen Saison nahm er bisher lediglich 24 Zweier aus der Mitteldistanz (also außerhalb von 14 Fuß) und traf davon genau drei. Von hinter der Dreierlinie hat er bisher nur zwei richtige Versuche unternommen, beide gingen daneben. Simmons weiß meistens intuitiv wann er wohin passen, laufen oder dribbeln muss. Dennoch zwingen ihn seine Limitationen bestimmte Entscheidungen zu treffen.

Dieser Effekt kommt vor allem im Halbfeld zum Tragen. Dort wird sein fehlendes Spacing noch verhängnisvoller und gegnerische Defensiven haben deutlich weniger Probleme gegen ihn zu bestehen. Das beschneidet nicht nur seine eigenen Scoring-Möglichkeiten (seine Usage ist mit 22% nach wie vor vergleichsweise sehr niedrig), sondern auch seine Creation für andere. Er bleibt dennoch ein elitärer Passer, der mit seinem Spielverständnis und seiner Größe von 6-10 die gesamte Bandbreite an Pässen ausnutzen kann. Er ist außerdem darin verbessert Freiwürfe zu ziehen, wobei diese Statistik dadurch verfälscht werden könnte, dass ihn bestimmte Teams absichtlich foulen. Seine Freiwurfquote ist nämlich gestiegen, bewegt sich aber immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau (60,5 FT%). Auch sein Arsenal an Dribble Moves ist wohl etwas stagniert, wobei er hier von Anfang an ein sehr hohes Level zeigen konnte.

Eine Allzweckwaffe auf Sparflamme?

Ben Simmons konnte seine defensiven Skills weiterhin verbessern und ist an diesem Ende des Feldes unglaublich variabel. Er kann On Ball nahezu 5 Positionen verteidigen, auch wenn das für klobige Center sowie wendige Point Guards nur auf begrenzte Dauer sinnvoll ist. Er ist ein passabler Help Defender, kann switchen und stiftet Unruhe in den Passing Lanes. Außerdem läuft er gute Closeuots, ist solide im Help & Recover und kann somit große Flächen des Feldes abdecken. Im Pick-n-Roll bleibt er allerdings noch zu oft am Screen hängen, was wohl seiner größten defensiven Schwäche zuzuschreiben ist: seiner Konstanz. Er hat die Tools für einen All NBA Defender, bringt diese allerdings zu selten auf den Platz. Er macht noch zu oft die üblichen Fehler und lässt sich vom Geschehen am Ball ablenken, erkennt Rotationen zu spät oder ist schlichtweg nicht in der defensiven Stance. Somit befindet sich auch an diesem Ende des Feldes noch viel unausgeschöpftes Potenzial und auch seine Zahlen sehen in diesem Jahr, in dem er und Embiid öfter gestaggert werden, etwas schwächer aus. Mit ihm auf dem Platz verteidigen die Sixers zwar gut (108er Drtg), ohne ihn jedoch auf absolutem Top Niveau (102er Drtg ). Diese Zahlen sind jedoch niemals für bare Münze zu nehmen und in einem Team mit einem Defensiv Monster wie Embiid umso schwieriger zu bewerten. Dennoch deuten sie zumindest an, dass Simmons zwar unterm Strich gut verteidigt, sein Impact allerdings noch höher sein könnte.

Der 22 jährige profitiert jedoch an beiden Enden des Feldes von einem Umstand, der bisher noch fast keine Erwähnung gefunden hat. Und zwar sind seine körperlichen Voraussetzungen ebenso außergewöhnlich wie sein Spiel selbst. Es gibt kaum einen Spieler in der NBA der so lang ist, so körperlich robust und gleichzeitig so technisch versiert am Ball. Dazu ist Simmons unglaublich schnell und kann in dieser Hinsicht wohl sogar die beiden Elite Athleten Giannis und Lebron hinter sich lassen. Dieser Körper ist der Ausgangspunkt für sein breites Skillset und man kann ihn sogar trotz fehlendem Jump Shot mit einem Schweizer Taschenmesser in elitärer Ausführung vergleichen.

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