DeMarcus Cousins und der holprige Start der neuen New Orleans Pelicans
Als DeMarcus Cousins am Tag nach dem NBA All-Star-Game in einem Restaurant in seiner neuen Heimat New Orleans mit spontanem Applaus empfangen wurde, konnte er seine Emotionen nicht mehr zügeln. „Ich habe schon lange nicht mehr geweint. Doch plötzlich wurde mir klar: das passiert wirklich. Das war etwas, was ich nie erwartet hätte. Mir wurde gesagt, es würde keinen Trade geben.“ Keine 24 Stunden zuvor hatte Cousins vor laufenden Kameras erfahren, dass er das zentrale Puzzlestück des spektakulärsten Deadline-Trades werden würde, seit Carmelo Anthony und Deron Williams 2011 kurz nacheinander nach New York abgegeben wurden – wenn auch zu unterschiedlichen Franchises.
Obwohl die Pelicans für ihren neuen All-Star-Center, im Gegensatz zu den Brooklyn Nets und New York Knicks sechs Jahre zuvor, einen vergleichsweise geringen Gegenwert nach Sacramento schicken mussten, gab es von Beginn an auch kritische Stimmen. Schließlich ist Cousins’ ideale Position genau die, die in New Orleans eigentlich schon auf Jahre mit einem weiteren Superstar-Talent besetzt sein sollte: Anthony Davis. Für den aufgerufenen Preis – Rookie Buddy Hield, die werdenden Free Agents Tyreke Evans und Langston Galloway, einen (geschützten!) Erstrundenpick und einen Zweitrundenpick 2017 – schlug General Manager Dell Demps dennoch zu. Seitdem läuft bei den Pelicans das Twin-Tower-Experiment in einer NBA, deren Entwicklung zu mehr Pace, Space, Small- und Skill-Ball unaufhaltsam zu sein schien.
Wie passen Cousins und Anthony Davis zusammen?
Auch wenn die beiden besten Spieler des Teams theoretisch auf der gleichen Position eingesetzt werden sollten – als echter Center und einziger Big Man – scheinen ihre Fähigkeiten durchaus kompatibel zu sein. Davis ist der Prototyp eines „modernen“ Bigs: ein athletischer, mobiler Shotblocker mit dem Potenzial, bald auch von jenseits der Dreierlinie zuverlässig zu treffen (in dieser Saison 31,3% bei 1,7 Versuchen pro 36 Minuten). DeMarcus Cousins trifft 2016/17 bisher sogar 34,6% seiner Distanzwürfe bei 5,1 Versuchen pro 36 Minuten. Ansonsten liegen Cousins’ stärken genau dort, wo der gerade 24-Jährige Davis noch Schwächen hat. Er ist ein guter Passgeber und hat aufgrund seiner Masse und seines Scoring-Talents alle Voraussetzungen, offensiv wie defensiv im Post zu dominieren. Die theoretischen Möglichkeiten des Duos sind verlockend.
Dennoch scheint das Team seit der Ankunft des 26-Jährigen Cousins noch nicht ganz reibungslos zu funktionieren. Sieben Niederlagen seit dem All-Star Break stehen lediglich sechs Siege gegenüber. Die deutlichen Erfolge gegen die Detroit Pistons (109-86) und Houston Rockets (128-112) kamen dabei aufgrund einer Sperre bzw. einer leichten Verletzung ohne Cousins zustande. Mit dem Neuzugang reichte es nur zu knappen Siegen bei den taumelnden Lakers (Bilanz seit Dezember: 10-40) und den Charlotte Hornets (11-24 im Jahr 2017) und Heimerfolgen gegen die Tabellennachbarn aus Portland und Minnesota. Dabei musste Cousins in Los Angeles bereits nach 31 Minuten und seinem sechsten Foul auf der Bank Platz nehmen, die erfolgreiche Verlängerung gegen die Hornets verfolgte er – wie schon fast das gesamte vierte Viertel – ebenfalls von der Seitenlinie. Insgesamt erzielen die Pelicans seit dem Trade pro 100 Ballbesitzen 1,0 Punkte mehr als ihre Gegner, mit Cousins fällt das Net Rating jedoch auf einen Wert von -5,0.
Vor allem in der Offensive findet das Team bisher noch keine Lösungen. Das unterirdische Offensive Rating von 98 in Cousins‘ bisherigen 355 Minuten als Pelican kann auch die gute Verteidigung (Defensive Rating 103) nicht ausgleichen. Auch in den gemeinsamen Minuten auf dem Feld gelingt es dem Superstar-Duo im Frontcourt nicht, eine effiziente Team-Offensive anzuführen (ORtg 96,3). Dagegen zeigt Anthony Davis als alleiniger Big Man auch in den vergangenen Spielen sein Ausnahmetalent. Ohne DeMarcus Cousins liegt sein individuelles ORtg seit dem All-Star-Game bei herausragenden 134. Dabei erzielen die Pelicans pro 100 Ballbesitzen ganze 11,4 Punkte mehr als ihre Gegenüber. Höhepunkt waren Davis‘ 24 Punkte in den letzten 17 Minuten des Overtime-Sieges in Charlotte (insgesamt 46 Punkte und 21 Rebounds), die Cousins von der Bank aus bewundern musste. Obwohl die Stichprobe der ersten dreizehn Spiele deutlich zu klein ist, um aussagekräftige Schlüsse zu ziehen, sind diese Zahlen zumindest Grund genug, einen genaueren Blick auf die Startschwierigkeiten in New Orleans zu werfen. Brauchen Headcoach Alvin Gentry und sein Team lediglich Geduld bei der Integration ihres neuen Co-Stars oder ist das „Twin Tower“-Experiment in der heutigen NBA tatsächlich zum Scheitern verurteilt?
Die Probleme der „Twin Towers“
Dass DeMarcus Cousins eines der größten offensiven Talente der Liga ist, ist unbestritten. Aktuell scheint seine Vielseitigkeit jedoch dazu beizutragen, dass er seine Rolle im Pelicans-Team noch nicht gefunden hat. Während die Rolle von Anthony Davis auch nach dem Trade kaum verändert wurde, kämpft Cousins als „Schweizer Taschenmesser“ zwischen Playmaking aus dem High Post, aggressivem Scoring und dem Spiel am Perimeter noch mit mangelnder Effektivität und Konstanz. Dabei fällt vor allem auf, dass Cousins häufiger hinter der Dreierlinie zu finden ist, als man es sich von einem Spieler wie ihm wünschen würde. Seine 3PAr von 27,3 ist nicht nur die höchste seiner Karriere und aller aktuellen Starting-Center der Liga, die nicht Brook Lopez oder Al Horford heißen. Sie entspricht auch nahezu den Werten seiner beiden Point Guards Jrue Holiday und Tim Frazier. Mit 30% Trefferquote bei 5,1 Versuchen pro 36 Minuten ist der Big Man noch dazu einer der aktuell konstanteren Distanzschütze des Teams. Dennoch verliert Cousins‘ Spiel auf diese Weise an Effektivität. Obwohl er auch in Sacramento ein zwar überdurchschnittlicher, aber kein herausragend effizienter Post-Scorer war (in dieser Saison 0,94 PPP bei Post-Ups, 64,3 Percentile), kann er durch seine Anziehungskraft, seine Übersicht und Qualitäten als Passgeber Räume für sein Team öffnen. Wird er gedoppelt, ist er in der Lage, den freien Mitspieler zu finden (1). Eins gegen eins ist er sowohl bei Zug zum Korb als auch aus der Mitteldistanz gefährlich (2).
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Die Gründe dafür, dass Cousins sich aktuell zu häufig auf seinen Distanzwurf verlässt, sind vielfältig. Zum einen sorgt das fehlende Spacing der Pelicans (siehe unten) für ständige Double- und Triple-Teams, sobald Cousins innerhalb der Dreierlinie den Ball bekommt. Auf diese Weise nehmen gegnerische Verteidigungen ihm nicht nur den Drive, sondern verengen auch die Passwege. So bleibt Cousins häufig nur der eng verteidigte Mitteldistanzwurf, ein riskanter Pass (1) oder der Zug zum Korb durch mehrere Verteidiger (2).
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Immer wieder versuchen Gegner sogar schon den Entry-Pass auf Cousins mit vier oder gar sechs Armen zu verhindern. Dabei kommt ein weiteres Problem des neuen Pelicans-Centers ins Spiel. Er scheint körperlich nicht wirklich in Form zu sein und wenig erfolgversprechende Kämpfe um eine gute Post-Position ebenso zu vermeiden wie sonstige scheinbar „unnötige“ Anstrengungen. Dies zeigt sich insbesondere im Pick-and-Roll, das Cousins nahezu verweigert. Während seiner ersten sieben Spiele im Trikot der Pelicans rollte er in 25 Possessions als „Roll-Man“ nur ein einziges Mal zum Korb ab. 24 Mal zog es ihn nach außen an die Dreierlinie, wo die Wahrscheinlichkeit, den Ball tatsächlich zu bekommen anstatt durch den Weg zum Korb lediglich Räume für Mitspieler zu schaffen, deutlich größer ist. Nicht einmal nach Switches gegen kleinere Gegner sucht Cousins konsequent den Weg zum Korb.
Dennoch: Gerade neben einem athletischen Frontcourt-Partner wie Davis könnte Cousins‘ Spiel aus dem High Post in Zukunft Teil einer variablen und effektiven Offensive werden. Schlüssel dafür ist jedoch neben dem bereits angesprochenen Spacing auch die Bewegung der Flügelspieler abseits des Balles, um Passwege und offene Würfe zu kreieren. Derzeit treffen die Pelicans jedoch nicht nur keine Würfe, sondern erstarren scheinbar auch immer wieder vor Ehrfurcht und beobachten das Treiben ihrer beiden Stars von den besten Plätzen am Perimeter.
Neben der bisher enttäuschenden Offensive der Pelicans zeigt sich jedoch auch ein unerwartetes defensives Problem. Trotz zweier vermeintlich dominanter Big Men ist das Team seit dem All-Star Break nicht in der Lage, das defensive Glas zu beschützen und ihren Gegnern zweite und dritte Möglichkeiten zu verwehren, zu Punkten zu kommen. Nur 75,8% der gegnerischen Fehlwürfe landen in den Händen der Pelicans, Platz 23 in der Liga. Vor dem Trade für DeMarcus Cousins lag die Defensive Rebound Percentage noch bei 77,3% (Platz 9). Stehen Cousins und Davis gemeinsam auf dem Feld, sinkt der Wert sogar auf 74,3%. Dabei zeigen beide zwar immer wieder Probleme beim Ausboxen gegnerischer Big Men, insbesondere lassen aber die kleineren Spieler beim defensiven Rebound die nötigen Instinkte und oft auch den Einsatz vermissen. Besonders Solomon Hill (über die gesamte Saison 11,5% DRB) und E’Twaun Moore (7,1% DRB) sind unterdurchschnittliche Rebounder für ihre Größe und Position. Allerdings trägt auch der Versuch, nach gegnerischen Fehlwürfen das Spiel im Fastbreak schnell zu machen, zu diesem Problem bei. Zu häufig sind die Flügelspieler der Pelicans einen Moment zu früh auf dem Weg nach vorne und verpassen so die Möglichkeit, den defensiven Rebound zu sichern.
Das fehlende Spacing: wer trifft die offenen Würfe?
Das größte und offensichtlichste Problem des Teams ist jedoch ganz einfach die fehlende Treffsicherheit. Nahezu durch den gesamten Kader brachen die Wurfquoten insbesondere von jenseits der Dreierlinie nach dem All-Star-Game ein. Bei Jrue Holiday fallen seitdem nur noch 29,1% der Wurfversuche aus der Distanz (vorher: 39,3%). Hollis Thompson, über seine gesamte Karriere ein 39%-Schütze, traf in neun Spielen im Trikot der Pelicans nur 25% seiner Dreier, woraufhin sein 10-Tagesvertrag nicht verlängert wurde. Dante Cunninghams Quote sank von 38,8% vor auf 34,6% nach dem Trade für Cousins. Solomon Hill konnte sich inzwischen aus seiner Wurfkrise (5/29 Dreier in den ersten acht Spielen) befreien und seine Quote auf immerhin 32,7% seit dem All-Star-Break anheben (vorher: 35,7%) Nur E’Twaun Moore zeigt sich konstant treffsicher und versenkt auch weiterhin über 39% seiner Distanzwürfe bei ordentlichem Volumen (3,5 Versuche pro 36 Minuten). Entsprechend werden die Schützen der Pelicans zur Zeit kaum respektiert, ihre Gegenspieler sinken in die Zone ab und nehmen Cousins, Davis und auch Holiday jeglichen Raum im Post und beim Zug zum Korb (1). Die Folge sind zahlreiche schwierige Abschlüsse und Ballverluste. Die Turnover-Quote der Pelicans liegt nach dem All-Star Break bei 14,1% (ligaweit Platz 15), nachdem man zuvor eines der ballsichersten Teams der NBA war (12,9% TOV, Platz 5). (2)
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Allerdings scheint es nicht angebracht zu sein, den Grund für die Wurfkrise bei DeMarcus Cousins zu suchen. Er ist nicht nur selbst, wie bereits angesprochen, einer der aktuell konstanteren Distanzschützen des Teams. Auch macht die neue Offensive mit zwei dominanten Big Men im Frontcourt den Schützen das Leben eher einfacher, als ihnen zu schaden. Seit dem Trade sind fast 90% der Distanzwürfe des Teams offen oder weit offen (d. h. kein Verteidiger befindet sich im Umkreis von 4 ft. des Schützen). Insgesamt sind 28,2% aller Würfe der Pelicans solche unverteidigten Dreier, der sechsthöchste Wert aller NBA-Teams. Allerdings finden nur 34% dieser Würfe den Weg in den Korb (ligaweit Platz 25). Obwohl Spieler wie Solomon Hill und Dante Cunningham wohl in diesem Leben keine überragenden Schützen mehr werden dürften, gibt es also Hoffnung auf Besserung. Die Gelegenheiten sind da, nicht zuletzt aufgrund der Präsenz von Cousins und Davis. Schon eine Annäherung der Flügelspieler an ihren jeweiligen Karrieredurchschnitt würde der strauchelnden Offensive der Pelicans enorm weiterhelfen.
Ein weiterer Lichtblick ist Jordan Crawford, der nach seinem 10-Tagesvertrag inzwischen für 173.094 Dollar in dieser und nicht garantierte 1,7 Millionen in der kommenden Saison in New Orleans unter Vertrag steht. In nur 157 Minuten auf dem Feld drückte er bereits 38 Mal aus der Distanz ab, 19 Mal davon mit Erfolg (50,0%). Dies beschert ihm (in dieser natürlich winzigen Stichprobe) ein Offensiv-Rating von 118 und reichlich Lob von den Teamkollegen. Auch Omri Casspi hätte als Teil des Trade-Pakets aus Sacramento eine ähnliche Rolle einnehmen können, brach sich jedoch gleich im ersten Spiel für die Pelicans den Daumen und wurde anschließend entlassen.
Die Krise des Jrue Holiday
Größere Sorgen als die schlechten Wurfquoten sollten Alvin Gentry wohl die Probleme Jrue Holidays bereiten, sich in der neuen Pelicans-Offensive zurechtzufinden. Der werdende Free Agent sollte als dritter Teil einer „Big Three“ an beiden Enden des Feldes eine wichtige Rolle einnehmen, findet bisher jedoch noch keinen Weg, effektiv zu sein. Das fehlende Spacing erschwert ihm dabei vor allem den Zug zum Korb.
Da gleichzeitig auch sein eigener Distanzwurf nicht fällt, treten seine Probleme beim Playmaking umso offener zutage. Darüber hinaus kommt er auch deutlich seltener zu einfachen Punkten von der Freiwurflinie, Holidays FTr sank nach dem All-Star-Break von 22 auf 14%, den niedrigsten Wert seiner Karriere. Insbesondere neben Cousins hat der Point Guard bisher enorme Schwierigkeiten. In 246 gemeinsamen Minuten legt Holiday ein Offensiv-Rating von 85 auf, 16,5% seiner Ballbesitze enden mit einem Turnover. Dass Cousins nur ungern Picks stellt, um dann zum Korb abzurollen, macht Holiday das Leben noch schwerer. Sicherlich kann das Zusammenspiel mit Cousins im Laufe der Zeit jedoch besser werden, wenn beide ihre Stärken und Schwächen besser kennen und Holiday lernt, Cousins an seinen bevorzugten Stellen ins Spiel einzubinden.
Dennoch ist Holiday kein „klassischer“ Point Guard und sucht häufig zunächst den eigenen Abschluss. Der Karrierewert seiner Assist-Percentage (31,9%) liegt eher im Bereich von Spielern wie Dwyane Wade und Derrick Rose als in den Sphären von Chris Paul, Deron Williams oder auch T. J. McConnell. Seine Turnover-Percentage von 17,9% in dieser Saison sinkt auf gerade einmal 10,3%, wenn er mit Tim Frazier einen weiteren Playmaker neben sich hat. Da Frazier jedoch ebenfalls kein zuverlässiger Schütze ist (33,7% 3P) und die Bank der Pelicans dessen Playmaking dringend benötigt (Net-Rating -5,3 in 325 Minuten ohne Holiday, Frazier und Tyreke Evans) ist auch diese Kombination keine ernsthafte Option. In den Überlegungen zu Holidays langfristiger Zukunft in New Orleans sollte seine mögliche Rolle neben zwei weiteren Spielern mit hoher Usage-Rate jedoch eine Rolle spielen. Allerdings gilt auch für ihn, dass seine Effizienz mit etwas besserem Spacing und der Gewöhnung an DeMarcus Cousins deutlich zunehmen sollte.
Der Blick in die Zukunft
Natürlich ist es nach gerade einmal 13 Spielen (11 davon mit DeMarcus Cousins) noch lange nicht an der Zeit, die Pelicans und ihre „Twin Towers“ abzuschreiben. Das Potenzial ist erkennbar. Davis und Cousins sind zwei der talentiertesten Spieler der Liga am Beginn bzw. mitten in ihrer Prime, deren Stärken sich defensiv wie offensiv theoretisch gut ergänzen können. Ein gesunder Jrue Holiday ist trotz seiner Defizite ein solider Playmaker, starker Scorer und hervorragender Verteidiger. Die offenen Würfe werden – selbst bei den zugegebenermaßen eher durchschnittlichen Schützen der Pelicans – irgendwann wieder besser fallen. Dennoch werden die nächsten Wochen und Monate nicht einfach, besonders in der Offseason steht die Franchise vor einigen schwierigen Entscheidungen.
Die Playoff-Ambitionen in diesem Jahr sind nach dem holprigen Start schon fast vergessen. Aktuell liegen die Pelicans mit 4,5 Spielen Rückstand auf die Denver Nuggets auf Platz 11 der Western Conference, FiveThirtyEight gibt dem Team eine Chance von unter 1%, die Playoffs doch noch zu erreichen. Ohnehin sollten die verbleibenden Spiele eher als Testphase gesehen werden, um Erkenntnisse für die Entscheidungen im Sommer zu gewinnen. Außerdem ist auch der diesjährige Erstrundenpick, dessen Top3-Schutz man Vlade Divac und den Sacramento Kings – vermutlich in zähen und knallharten Verhandlungen – abringen konnte, noch nicht völlig außer Reichweite. Nur zwei Spiele trennen die Pelicans von den Kings, um die Chancen auf einen Pick unter den Top3 zumindest auf über 20% zu erhöhen. Würde man sogar noch Philadelphia (2,5 Spiele zurück) „einholen“, läge die Chance bei fast 30%.
Abgesehen davon stehen für das Front Office zahlreiche Entscheidungen an, die die mittelfristige Zukunft des Teams bestimmen werden. An erster Stelle steht dabei natürlich der auslaufende Vertrag von Jrue Holiday. Aufgrund der Cap-Situation der Pelicans ist eine Verlängerung mit dem 26-Jährigen Guard beinahe alternativlos, einen besseren Spieler wird man mit den voraussichtlich verfügbaren ca. 15 Millionen Dollar kaum verpflichten können. Zusätzliche Assets, um anderen Teams die schlechten Verträge von Alexis Ajinca und Ömer Asik in einem Trade schmackhaft zu machen, sind nicht vorhanden. Allerdings ist es keine einfache Entscheidung, einem Spieler mit der Verletzungsgeschichte Holidays einen langfristigen Vertrag zu geben, der sich möglicherweise nahe am Maximalgehalt bewegen wird. Trotz der mangelnden Alternativen kann die gemeinsame Entwicklung der „Big Three“ in den verbleibenden Spielen deshalb durchaus einen Einfluss auf die Entscheidung der Pelicans haben.
Das zweite, mindestens ebenso große Fragezeichen betrifft das fehlende Spacing im derzeitigen Kader. Zuverlässige Schützen rund um Cousins und Davis werden dringend benötigt, wenn das Experiment mit zwei dominanten Big Men langfristig Erfolg haben soll. Im Gegensatz zu Hill, Moore und jetzt Crawford kann Cunningham das Team im Sommer verlassen (Spieler-Option über 3,1 Millionen Dollar). Besonders unverständlich ist die Entlassung von Omri Casspi nach seiner Verletzung im ersten Spiel für die Pelicans. Casspi traf in den vergangenen drei Jahren konstant ca. 40% seiner Distanzwürfe, ist defensiv nicht völlig unbrauchbar und hätte mithilfe seiner Bird Rights problemlos langfristig an die Franchise gebunden werden können. Stattdessen entließ man ihn und nutzte den zusätzlichen Kaderplatz für 10-Tagesverträge für Reggie Williams (1 Spiel, 16 Minuten, 2 Punkte) und Wayne Selden, der nach 47 Spielminuten und 16 Punkten für die Pelicans inzwischen wieder bei den Memphis Grizzlies unter Vertrag steht. Währenddessen ist Casspi nach Berichten von Marc Stein (ESPN) bereits wieder fit und wird sich in den kommenden Tagen wohl den Minnesota Timberwolves anschließen.
Es ist also noch lange nicht alles gut in New Orleans. Auch Cousins konnte bisher noch nicht voll überzeugen, ist körperlich nicht in bester Verfassung und weiterhin anfällig für Fouls und Auseinandersetzungen mit Schiedsrichtern, Gegenspielern und sogar Zuschauern. Dennoch kann das Experiment der Pelicans funktionieren. Mit dem richtigen Team um sich kann das Duo Cousins/Davis die Franchise, die seit 2008 keine Playoff-Serie mehr gewinnen konnte, zumindest zu einem soliden Postseason-Team machen. Das wäre für beide Stars schon ein großer Schritt nach vorne. Ob noch mehr möglich ist, könnte sich schon in dieser Offseason entscheiden. Cousins ist jedenfalls motiviert: “I’m all in. I’m not here to B.S. or waste time. I’m here to win.”