Käufer oder Verkäufer? – zwischen Playoffs und Rebuild
Die Bucks stehen vor einem Luxusproblem und gleichzeitig einem echten. Überraschend, aber nicht wirklich unangenehm ist der Erfolg des Teams in der laufenden Saison – von 15 Siegen und dem letzten Platz auf 30 Wins vor dem All Star Break und den im Osten damit einhergehenden sehr guten Playoffchancen. Soweit zum Luxus, schwieriger wird es mit der Rosterzusammensetzung. In Giannis Antetokounmpo ist nur ein sicherer langfristiger Baustein Teil der aktuellen Rotation, seit Jabari Parker mit einem Kreuzbandriss seine Rookie-Saison beenden musste. Stattdessen gewinnen die Bucks mit Veteranen wie Jerryd Bayless, Jared Dudley – beide innerhalb des letzten Jahres von Contendern vertradet – und Zaza Pachulia sowie jüngeren Spielern, deren Verträge in nächster Zeit auslaufen (Brandon Knight, Khris Middleton und John Henson). Das echte Problem sind aber die drei Spieler mit den größten Verträgen, deren Beitrag zum aktuellen Run sich allerdings in Grenzen hält. OJ Mayo konnte sich immerhin etwas von seiner miserablen letzten Saison rehabilitieren und ist ein brauchbarer, wenn auch überbezahlter Rotationsspieler. Larry Sanders und Ersan Ilyasova hatten dagegen in erster Linie mit Verletzungen und, im Fall Sanders‘, mit anderen Off-Court-Problemen zu kämpfen.
Das doppelte Dilemma für die Bucks liegt also in der Problematik, langfristigen Rebuild und kurzfristigen Erfolg in Einklang zu bringen, während die Verträge dafür denkbar ungünstig sind: Die Spieler, die die Bucks loswerden wollten, finden kaum Abnehmer; die potentiell interessanten Youngster wie Knight sind aktuell zu wichtig. Gleichzeitig hat die Franchise keine guten Erfahrungen mit ständigen Win-Now-Transaktionen gemacht, die in den letzten Jahren der Herb Kohl-Ära ins Mittelmaß und schließlich zum Einbruch bis auf den letzten Platz geführt hatten – ein unrühmliches Beispiel ist der Trade von Tobias Harris für 32 Spiele von J.J. Redick. Entsprechend zurückhaltend äußerte sich GM John Hammond:
„the big picture for us is becoming a championship-caliber organization … Anything we’re looking at today is still hopefully going to be focused on acquiring a piece or talking about adding pieces that can be long-term players for this organization.”
Die Bucks würden also gerne traden, dürften dabei aber Probleme bekommen, ihre Interessen in Einklang zu bringen.
Die Überbezahlten
Die schlechten Aussichten noch mal in Zahlen:
Larry Sanders |
Vertrag: 4 Jahre, 44 Millionen (je 11 Mio. $ pro Jahr) |
Mögliche Interessenten: Keine/Buyout |
Ersan Ilyasova |
Vertrag: 3 Jahre, 24,3 Millionen (14/15 und 15/16 je 7,9 Mio. $, 16/17 nur 400 000 von 8,3 Mio. $ garantiert) |
Mögliche Interessenten: Keine |
O.J. Mayo |
Vertrag: 2 Jahre, 16 Millionen (je 8 Mio. $ pro Jahr) |
Mögliche Interessenten: Keine |
Die gute Nachricht ist, dass zumindest Mayo und Ilyasova in der Offseason 2016 fast vollständig aus den Büchern verschwinden, bei Larry Sanders müssen die Bucks noch bis 2018 warten (ausführlichere Angaben zu den Gehältern hier). Vor gerade mal zwei Jahren galten Sanders und Ilyasova noch als Bigs der Zukunft in Milwaukee, beschrieben als LARRY SANDERS! (Zach Lowe) und einer der besten Stretch Bigs in der Liga. Beide waren seither immer wieder verletzt und konnten nicht annähernd an ihre Topform anknüpfen. Ilyasova litt zwar nur unter kleineren Verletzungen, traf aber beispielsweise statt etwa 45 nur noch um die 30% seiner Dreipunktwürfe. Bei Sanders bestimmen eher Off-Court Issues – Motivationsprobleme und Sperre wegen Marihuana-Konsums die aktuellen Eindrücke.
O.J. Mayo kam vor einem Jahr nach einer eher mittelprächtigen Saison bei den Mavs für einen 24-Millionen-Dollar-Vertrag über drei Jahre zu den Bucks. Was von Anfang an nicht nach einem Schnäppchen aussah, entwickelte sich zu einem der wohl schlechtesten Verträge der Liga – bedingt wohl ebenfalls durch gesundheitliche Probleme einschließlich fehlender Fitness. Auch Mayos leicht steigende Form in der aktuellen Saison dreht die Einschätzung nicht komplett, so dass für ihn, genauso wie Sanders und Ilyasova, gelten sollte: Trade keinen Spieler auf dem Tiefpunkt seines Werts. Die Bucks haben es nicht allzu eilig und können weitere Jahre von den Verträgen ablaufen lassen und dabei auf eine Besserung hoffen – oder im Fall Sanders’ die Radikallösung Buyout wählen, wenn es zu einer Einigung kommt.
Die Veteranen-Rollenspieler
Zaza Pachulia |
Vertrag: 2 Jahre, 10,4 Millionen (je 5,2 Mio. $ jährlich) |
Interessenten: Unbekannt/Gerüchte |
Jared Dudley |
Vertrag: 2 Jahre, 8,5 Millionen (je 4,25 Mio. $, 2. Jahr Spieleroption) |
Interessenten: Unbekannt/Gerüchte |
Jerryd Bayless |
Vertrag: 2 Jahre, 6 Millionen (je 3 Mio. $ jährlich) |
Interessenten: Unbekannt |
Für alle drei gilt: Wichtig für die laufende Saison, aber vermutlich ohne längerfristige Perspektive beim Team. Vor allem Pachulia, aber auch der erst im Sommer per Salary Dump nach Milwaukee gekommene Dudley wurden in der Erwartung einer weiteren Lottery-Season schnell als mögliche Tradekandidaten gehandelt. Durch relativ niedrige Verträge und ein interessantes Skillset – echte Centermaße bzw. 3&D – wären sie für viele Franchises in Assets und vom CBA her bezahl- und brauchbar gewesen, vor allem dank ansteigender Form in den ersten Monaten. Ein oder zwei Second-Rounder und ein auslaufender Vertag hätte in diesem Fall vermutlich ein für Milwaukee attraktives Paket abgegeben. Derzeit müsste das Angebot wohl höher liegen, um Hammond ins Grübeln zu bringen, zur Deadline stehen Bayless und Pachulia möglicherweise wieder auf dem Trade-Block. Dudley dürfte die Gelegenheit nutzen und den Vertrag vorzeitig beenden, nachdem er in seiner derzeitigen Form gute Chancen auf einen Vertrag im MLE-Bereich hat.
Die Spieler am Ende des Rookie-Vertrags
Brandon Knight |
Vertrag: 1 Jahr, 3,5 Mio. $ (Restricted Free Agent im Sommer 2015) |
Mögliche Interessenten: Nicht verfügbar/unklar |
Khris Middleton |
Vertrag: 1 Jahr, Minimum (Restricted Free Agent im Sommer 2015) |
Mögliche Interessenten: Nicht verfügbar/unklar |
John Henson |
Vertrag: 2 Jahre, 5 Mio. $ (Rookie Scale Contract) |
Mögliche Interessenten: Nicht verfügbar/unklar |
Die für den Aufschwung wohl entscheidenden jungen Bucks sind das größte Fragezeichen, allen voran Brandon Knight. Ist der Guard wirklich so gut, dass man ihn trotz ausbaufähiger Playmaking-Skills Zehnstellig bezahlen möchte? Wenn Hammond diese Frage verneint, wäre die Trade Deadline die letzte Gelegenheit für die Franchise, Nutzen aus Knights Contract Year zu ziehen. Im Sommer wäre bestenfalls noch ein Sign and Trade für den Restricted Free Agent möglich, das wohl keine vergleichbaren Assets einbrächte. Bei Middleton ist die Situation in kleinerem Maßstab ähnlich: Der ehemalige Zweitrundenpick ist ein weiterer flexibler Wing, was wie schon in Brooklyn zu den zentralen Stärken von Jason Kidds Team zählt. Falls ein Team mehr als nur einen Rollenspieler in ihm sieht, dürfte ein Gleichziehen mit dem Offer Sheet für die Bucks unattraktiv werden. Letztendlich dürfte die Hoffnung auf etwas ansehnlichere Playoffs als in den vergangenen Jahren den Ausschlag geben und einen Trade verhindern.
Bei John Henson bestanden wohl zumindest etwas konkretere Gerüchte, hier drängt die Zeit aber weniger. Die Bucks haben immerhin noch eineinhalb Jahre Zeit und könnten eventuell kommende Offseason eine Extension verhandeln. Nachdem nicht garantiert ist, dass Sanders diese Saison noch mal auf dem Parkett steht, ist Henson wohl als Big vorerst gesetzt.
Ausblick
Eine Franchise mit Antetokounmpo und Parker kann keine allzu schlechten Aussichten haben, zumindest einer von beiden sollte sich in Richtung eines Stars entwickeln. Für den Rest des Teams stehen aber noch einige Aufräumarbeiten und Richtungsentscheidungen an, die jedoch durch die gute Saison sowie die individuelle Form der teuersten Spieler anscheinend vorerst auf Eis liegen. Gerade in den letzten Wochen war es extrem ruhig um die diversen Tradekandidaten – was je nach Perspektive eine gute oder schlechte Nachricht ist. Wenn John Hammond seinen Worten Taten folgen lässt, ist der Blick der Bucks diesmal auf längerfristigen Erfolg gerichtet, also: Keine Trades vom Redick-Kaliber mehr. Umgekehrt ist die aktuelle Saison wichtig genug, um Spieler wie Knight zu halten. 76ers-GM Sam Hinkie hätte hier sicher andere Ideen gehabt…