Chris Paul
Los Angeles Clippers, New Orleans Pelicans

Get it done!

Es sind derzeit harte Zeiten für die Fans der New Orleans Hornets. Power Forward David West verlängerte seinen Vertrag nicht und unterschrieb bei den Indiana Pacers für zwei Jahre und 20 Millionen. All-Star und Franchise Player Chris Paul forderte nach der offiziellen Beendigung des Lockouts einen Trade. Nachdem sich die New York Knicks auf Grund von Ermangelung eines adäquaten Gegenwertes aus den Tradeverhandlungen verabschieden und die Los Angeles Lakers von der Liga verabschiedet wurden, sollten es nun die Los Angeles Clippers sein, die Pauls neues Team werden. Eine Bestandsaufnahme.

Die Anatomie des Verkorksten

Bereits am Donnerstag war man sich über einen Trade Chris Pauls einig: Die Los Angeles Lakers sollten Forward Lamar Odom und Spanier Pau Gasol abgeben, um im Gegenzug Chris Paul zu erhalten. Gasol sollte an die Houston Rockets weitergeschickt werden, sodass die Hornets unter dem Strich Kevin Martin, Luis Scola, Goran Dragic, New York Knicks’ Erstrundenpick 2012 (aus Houston) und Lamar Odom (aus Los Angeles) als Gegenwert für ihren Aufbauspieler bekommen hätten.

Doch es sollte alles anders kommen: Nachdem alle Beteiligten sich einig waren und der Trade eingereicht wurde, intervenierte NBA-Chef David Stern. Weil die Liga der derzeitige Besitzer der Franchise aus New Orleans sei, habe sie ein Wörtchen bei der Entscheidungsfindung mitzureden. Und weil der zwar gewiss ganz gute Gegenwert aus Houston und Los Angeles weder mittel- noch langfristigen Erfolg garantiere, lehne man den Trade ab.

Schnell empörten sich die Gemüter. Solches Handeln der Liga sei unverantwortlich und wettbewerbesverzerrend, twitterten zahlreiche Kolumnisten und NBA-Schreiber. Dell Demps, der General Manager der New Orleans Hornets, könne seiner Arbeit nicht mehr nachgehen und sei auf die Zustimmung der NBA angewiesen. Dies wäre zwar angesichts des Interesses der Liga, einen Käufer und Investoren für New Orleans zu finden, nachvollziehbar, doch stelle die anderen Franchises vor Probleme: Houston und Los Angeles waren sich ihrer Sache sicher, einigten sich auf einen Deal mit New Orleans – und stehen jetzt ohne Tradegegenwert, aber mit unzufriedenen und abwanderungswillen Spielern da. Ob die NBA so sehr in das reguläre Personalmanagement eingreifen dürfe, war zweifelhaft.

Hundeleben

Chris PaulFür New Orleans selbst war der Deal sinnvoll: Man leitete mit dem Abgang Pauls (und Wests) keinen Rebuild ein, konnte aber mittelfristig eine schlagkräftige Truppe auf die Beine stellen. Es war die Loyalitätserklärung einer Franchise gegenüber der Region und ihren Fans. Ein klares Bekenntnis, dass es zwischen Contenderdasein und Kanonenfutter auch einen Mittelweg gibt. Man wolle lieber den Zuschauern weiterhin konkurrenzfähigen Basketball zeigen, anstatt das Allheimittel Rebuild einzuleiten und entgültig zum Bodensatz der NBA zu verkommen.

Derzeit sind im Trainingcamp der New Orleans Hornets fünf Spieler vorzufinden: Emeka Okafor, Trevor Ariza, Jarrett Jack, Marco Belinelli, Quincy Pondexter. Headcoach Monty Williams ist der jüngste NBA-Trainer und geht in seine zweite Übungsleitersaison. Für die Franchise finden sich keine Investoren im finanzgebeutelten Louisiana, das Football-Team der Saints genießt den besseren Ruf in New Orleans und folgerichtig bleibt die Halle der Hornets leer, die Aussicht auf eine namenhafte Free Agent-Verpflichtungen schlecht.

Der Spielertausch mit den Lakers und Rockets wäre sicherlich eine Rehabilitationsmöglichkeit, zumindest annehmbaren Gegenwert zu bekommen. Wenn Chris Paul schont geht, spielen wir nächstes Jahr trotzdem noch um die Playoffs. Ihr Scheitern und die Aufnahme der Verhandlungen mit den Clippers stellen aber einen Abgang Chris Pauls jedoch in ein völlig anderes Licht.

Der Weg zurück

Nachdem das Angebot der Lakers scheiterte, die Boston Celtics und New York Knicks nach Meinung der NBA nach zu wenig entgegenbringen konnten und die Golden State Warriors Point Guard Stephen Curry nicht traden wollten, eröffnete sich so die Möglichkeit für eine Franchise, die Jahre lang als Lachnummer der Liga galt: Die Los Angeles Clippers konnten auf die Jagd nach Chris Paul gehen.

Jahrelang standen diese im Schatten der in Los Angeles prestigevolleren Lakers, litten unter dem schlechten Management von Mike Dunleavy senior und Donald Sterling und hatten, trotz des großen Basketballmarktes in Kalifornien, keine größeren Erfolgsaussichten.

Doch vor einigen Jahren änderte sich etwas bei den Clippers: Zwar konnten diese keine beeindruckenden Erfolge feiern, aber … sie drafteten gut. Mit Eric Gordon (7. Pick, 2008), DeAndre Jordan (35. Pick, 2008), Blake Griffin (1. Pick, 2009), Al-Farouq Aminu (8. Pick, 2010) und Eric Bledsoe (18. Pick, 2010) stehen fünf vielversprechende Talente in den Reihen der Clippers, die sie eigenhändig in den letzten Jahren der Draft auswählen konntene. Abgerundet wird das Talentensemble von Maurice Williams, Randy Foye, Chris Kaman sowie Ryan Gomes. Ein Teamkern, mit dem man arbeiten kann.

In den letzten Stunden berichteten verschiedene Quellen uneinig über das Tradeangebot der Clippers: Sicher ist, dass die Clippers Al-Farouq Aminu, Eric Bledsoe, Chris Kaman und dessen auslaufenden Vertrag sowie Minnesotas Erstrundenpick des nächsten Jahres anbieten. Über die Involvierung von Shooting Guard Eric Gordon in den Trade ist man sich hingegen unschlüssig. Sicher scheint aber, dass die NBA sowohl diesen als auch Eric Bledsoe im Paket verlangte. Die Clippers waren Quellen zu Folge bereit, einen der beiden ziehen zu lassen. Weil die NBA – stellvertretend für die Hornets – auf ihrem Angebot beharrte, scheiterten die ersten Verhandlungen und die Clippers zogen sich vorübergehend aus den Tradegesprächen zurück. Die Soap Opera war wieder eröffnet.

Junghornissen

An dieser Stelle möchte ich appellieren: Liebe Hornets, liebe Clippers, einigt euch auf diesen Deal. Egal ob mit Eric Gordon, Eric Bledsoe oder beiden, einigt euch. Weil es für euch beide Sinn ergibt.

Für die Hornets (und damit zwangsläufig die NBA) ist es nicht schwer, den Trade logisch zu erklären: Man leitet direkt einen Rebuild ein, hat mit Kaman einen auslaufenden Vertrag und somit idealen Tradechip, bekommt aber mit Aminu, Bledsoe, dem Timberwolves-Pick (und Eric Gordon) auch Talent in Quanti- und Qualität.

Der Trade wäre ein Licht am Ende des Tunnels für die New Orleans Hornets. Sie könnten damit zwar auf Dauer keinen Erfolg einfahren, hätten aber einen perspektivischen Teamkern, der mit zwei wahrscheinlich hohen Rookies nächstes Jahr und einem möglicherweise ebenfalls talentierten Gegenwert für den Vertrag Chris Kamans zu einer zukunftsträchtigen Truppe geformt werden könnte. Zwar kein Chris Paul, aber auch kein Niemandsland: Man beschließt den Rebuild einzuleiten und hat auf Dauer gar bessere Möglichkeiten einen Käufer zu finden. Der Trade aus Sicht der New Orleans Hornets würde einen Umbruch bedeuten – und in jedem Fall das Ende der bisher bei Personalentscheidungen vorherrschenden „erste Playoffrunde und 15. Pick“-Mentalität.

Schwieriger wird es schon den Trade aus Sicht der Los Angeles Clippers erklärlich zu machen: Angesichts der Angebote des Rests der Liga und der bereits vorhandenen Qualität, wäre ein solcher Trade, gerade mit Beteiligung Eric Gordons, ein verdammt hoher Preis. Denn die Clippers bieten nicht gegen andere Mitkonkurrenten, sondern im Prinzip nur gegen David Sterns Ego.

Heute ist nicht aller Tage, ein Chris Paul kommt nicht alle Jahre

Nichts desto trotz ist aus Sicht der Los Angeles Clippers absolut ersichtlich – ich sage mehr noch: ein absoluter No-Brainer – dem Trade zuzustimmen. Und das ganz davon abgesehen, ob man Eric Bledsoe, Eric Gordon oder gar notfalls beide zu den New Orleans Hornets schicken muss.

Es gibt Momente, in denen Franchises die Entscheidung treffen müssen, den großen Weg zu gehen. In denen sie sich vergegenwärtigen müssen, dass das Traden der vielen angehäuften Talente sinnvoll ist, um im Umkehrschluss zum Contender aufzusteigen. Das war beispielsweise bei den Boston Celtics der Fall, als sie Wally Szczerbiak, Jeff Green, Delonte West, Al Jefferson, Ryan Gomes, Sebastian Telfair, Gerald Green, Theo Ratliff und zwei Erstrundenpicks tradeten, um Ray Allen, Kevin Garnett und Paul Pierce zu vereinen.

Dieser Moment ist für die Clippers jetzt gekommen. Chris Paul neben Blake Griffin im Kader haben zu können, überwiegt den Verlust des hohen Gegenwerts. Hast du Paul neben Griffin, hast du einen Contenderkern. Bleibt Paul zwei Jahre, unterschreibt Griffin die Extension nächsten Sommer. Du hast die Chance, über Jahre schlagfertig zu sein. Und mit Chris Paul, Maurice Williams, Caron Butler, Blake Griffin und DeAndre Jordan eine extrem starke erste Fünf.

Natürlich ist Eric Gordon an der Schwelle zum All-Star, natürlich sind Bledsoe und Aminu talentiert, der Pick hoch und Kamans Vertrag auslaufend, natürlich, aber lasst mich klarstellen: es geht hier um Chris Paul. Den besten Spieler seiner Position in der NBA. Bemerkenswert wie Kritiker des hohen Clippers-Angebots unterschwellig die Grenze zwischen „Top5 NBA Star“ und „Star, der getradet werden will“ verwischen.

Chris Paul ist ein Ausnahmekönner, und es ist, mit Verlaub, ein wenig realitätsfern, ihn nicht abgeben zu wollen, weil ein hoher Rookie wartet oder Eric Gordon All-Star werden könnte. Für wen ist Sterling bereit, mehr Geld zu zahlen? Für den Shooting Guard Eric Gordon, der vielleicht All-Star Kaliber hat, oder für den Point Guard Chris Paul, der schon unter Beweis gestellt hat, dass er Format eines Franchise Spielers hat? Wer würde Blake Griffin und DeAndre Jordan besser machen? Paul oder Gordon? Wer hat letztes Jahr 80, und wer 56 Spiele bestritten? Wer war All-Star und wer hat gezeigt, dass er All-Star werden könnte?

Es geht hier nicht darum, ob der Tradewert angemessen ist oder nicht, sondern darum, dass man die Möglichkeit hat, Chris Paul zu bekommen und diesen neben Blake Griffin zu stellen. Stehst du vor dieser Möglichkeit, nutzt du sie.

Letzten Endes ist der Trade zwischen die New Orleans Hornets und Los Angeles Clippers der letzte sinnvolle Rettungsanker einer Art Realsatire, die sich gerade abspielt: Gerade die Liga sollte das größte Interesse daran haben, den Zirkus um Chris Paul zu beenden. Wegen Eric Bledsoe oder Eric Gordon sollte der Deal nicht scheitern, zumal sowohl die Hornets als auch die Clippers sinnvolle Gründe haben sollten, diesen Deal einzugehen. Get it done!

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