Der asymmetrische Warriors-Nuggets-Jazz-Trade
“His versatility as a player should help us tremendously on both sides of the court and we feel that his specific, unique skill set blends very well with the players already on our roster. Additionally, he will serve as a great asset to our young team as we continue to grow and develop in the coming years.”
Diese Aussage klingt nicht nur nach einer sehr euphorischen Pressemitteilung, sie ist es auch – so zitiert die Website der Warriors GM Bob Myers zur Bekanntgabe des Trades. Iguodala ist das klare Zentrum eines der seltsamsten Trades der letzten Jahre: Ein ehemaliger Allstar landet in Oakland, die Jazz nehmen extrem viel Gehalt für Picks auf und nach Denver kommt praktisch nichts. Auf den ersten Blick wirkt also die Zuordnung der Verlierer und Gewinner recht simpel, tatsächlich bietet die Transaktion Chancen für alle Parteien – und Risiken vor allem für die Warriors.
Denver Nuggets
Der einfachste Teil zuerst: Denver bekommt für das Sign and Trade von Iguodala einen Second Round Pick der Warriors und eine Trade Exception und gibt einen eigenen Zweitrundenpick an die Jazz ab, um Randy Foye in die Mile High City zu lotsen. Beide Picks werden erst im Jahr 2018 fällig und sind entsprechend schwer einzuordnen, der spielerische Qualitätsverlust auf dem Flügel ist dafür umso auffälliger. Foye verdient in den kommenden 3 Jahren etwa 9 Millionen Dollar und ist ein vernünftiger Rotationsspieler zu einem akzeptablen Preis. Für Iguodala gaben die Nuggets allerdings vor knapp einem Jahr einen Erstrundenpick und in Arron Afflalo einen besseren Spieler als Foye ab. In der Summe ist das Experiment Iguodala also fraglos negativ zu bewerten, die letzte Saison mit einem erneuten Erstrundenaus bestätigt diesen Eindruck nur noch.
Betrachtet man den Trade in der ansonsten eher desaströs verlaufenen Offseason allerdings isoliert, ist dagegen das Fazit ‚besser als nichts‘ naheliegender. Die Iguodala-Verpflichtung wäre für Golden State auch wie ursprünglich geplant über Cap Space möglich gewesen, so dass die Nuggets nicht die gut 9 Millionen Dollar Gehaltsdifferenz als Trade Exception sowie den direkten Ersatz in Foye erhalten hätten. Umgekehrt bestand auch die Gefahr, dass Denver Iguodala überbezahlt, um nicht den letztjährigen Trade sinnlos zu machen – sich damit aber längerfristig auf ein eher mittelmäßiges Team festgelegt. So bleiben die übrigen Aktionen der Offseason als Fragezeichen, die Nuggets haben aber immer noch ein junges, talentierte Team und eine gewisse Flexibilität für die kommenden Jahre.
Golden State Warriors
Glaubt man dem eingangs aufgeführten Zitat, haben die Warriors ihre eierlegende Wollmilchsau gefunden, und das, ohne dafür die wichtigsten Assets Thompson oder Barnes abzugeben. Tatsächlich könnte Iguodala durch seine Defensive und seine Spielmacherfähigkeiten eine extrem hilfreiche Ergänzung darstellen, und auch sein Gehalt ist mit durchschnittlich 12 Millionen Dollar pro Jahr für die nächsten vier Spielzeiten nicht übertrieben. Insgesamt 5 Picks musste Golden State dabei für Iguodala (und den eher unauffälligen Kevin Murphy) investieren, etwa im kommenden Draft und 2017 jeweils ein wohl kaum geschützter Erstrundenpick. Zuzüglich anderer Transaktionen wurden damit zudem bis einschließlich 2018 alle Second Rounder vertradet – ähnlich Pick-los sind nur die Teams aus New York und die Lakers.
Abgegeben wurden die Draftrechte, um die Gehälter der auf dem Court praktisch unproduktiven Andris Biedrins und Richard Jefferson loszuwerden. In der kommenden Saison sollten insgesamt etwa 20 Millionen Dollar an die beiden überwiesen werden, die jetzt die Jazz übernehmen. Zusätzlich zieht auch Rekonvaleszent Brandon Rush nach Salt Lake City um, obwohl grundsätzlich für das Team interessant und mit 4 Millionen Dollar auch nicht überbezahlt. Allerdings war Rush angesichts der größtenteils verpassten vergangenen Saison der letzte Betroffene, um genug Platz unter dem Cap zu schaffen, um – wie ursprünglich geplant – Iguodala direkt unter Vertrag zu nehmen zu können.
Wohl auf Betreiben der Nuggets wurde die Transaktion dann jedoch umgestaltet, beide Teams profitieren: Technisch gesehen erhalten die Warriors jetzt Iguodala in einem Sign-and-Trade für Andris Biedrins, für die übrigen abgegebenen Spieler entsteht wie schon bei Denver und Iguodala eine Trade Exception. Zudem behielt Golden State so die Mid Level- und die Biannual Exception, was die Verpflichtung von Marreese Speights und Toney Douglas ermöglichte. Trotzdem steht die Franchise derzeit noch klar unterhalb der Luxussteuergrenze, die dank der üppigen Summen für Jefferson und Biedrins ansonsten überschritten worden wäre. Nimmt man zum Zweitrundenteam der abgelaufenen Saison jetzt noch einen fitten David Lee und eben Iguodala hinzu, scheint sich eine klare Perspektive auf mehrfache erfolgreiche Playoff-Runs zu ergeben.
Wo ist also der Haken? Die Warriors haben sich in dieser Offseason die Möglichkeit verbaut, in der kommenden den großen Wurf zu landen. Wäre etwa David Lee für auslaufende Verträge abgegeben worden – für 2014/15 hätten dann nur etwa 20 Millionen Dollar in den Büchern gestanden und einen Spielraum von knapp 40 Millionen gelassen. So ist Golden State ein Team, das zwar mit einem gewissen Playofferfolg rechnen, aber kaum als echter Contender bezeichnet werden kann. Mit den verletzungsanfälligen Schlüsselspielern Stephen Curry und Andrew Bogut oder den nicht mehr ganz jungen, teuer und langfristig gebundenen Lee und Iguodala könnte sich die Franchise sich auf ein gutes, aber eben nicht exzellentes Team festgelegt haben. Durch die abgegebenen Picks haben sie sich dabei praktisch selbst zum Erfolg verdammt.
Utah Jazz
Aus Sicht der Jazz wirkt der Trade auf den ersten Blick wenig einladend: Etwa 24 Millionen Dollar Gehalt aufgenommen, mit Kevin Murphy und dem Foye-Sign-and-Trade zwei Spieler abgegeben – und insgesamt ‚nur‘ zwei Erstrundenpicks (die vermutlich klar außerhalb der Lottery liegen werden) sowie drei ebenfalls eher späte Second Rounder erhalten. Vergleicht man das mit dem Salary-Drop der Grizzlies im letzten Januar, haben die Cavs den deutlich besseren Deal an Land gezogen. Für 6 Millionen Dollar in der fast abgelaufenen Saison sowie einer Spieler-Option Mareese Speights‘ über etwa 4 Millionen Dollar in der darauffolgenden erhielt Cleveland einen Pick, der bis 2016 einschließlich nur in der Lottery übergeben wird. Zudem waren die getradeten Spieler deutlich besser einsetzbar, was etwa auch im Ausstieg Speights‘ aus seinem Vertrag resultierte: Wie bereits erwähnt, unterschrieb er stattdessen bei den Warriors. Jefferson und Biedrins erzielten in der vergangenen Saison dagegen keine 4 Punkte und 4 Rebounds im Schnitt – und das zusammengerechnet. Auch wenn Rush wohl bessere Zahlen erzielen dürfte: 20 Millionen Dollar ohne spielerischen Gegenwert sind im Vergleich mit dem Cavs-Grizzlies-Deal wenig begeisternd.
Zwischen den Transaktionen bestehen jedoch einige zentrale Unterschiede. Am Anfang der Offseason kann eine deutlich größere Zahl an Teams Gehalt aufnehmen als kurz vor der Deadline – die Warriors hätten auch mit Denver direkt einen Sign-and-Trade verhandeln oder Teams wie die Bucks mit dem gleichen Vorschlag ansprechen können. Zudem steigt mit der aktuellen Saison die Summe, die jedes Team an seine Spieler auszahlen muss. Stünden für die Jazz weniger als 90% des Salary Caps in den Büchern, müsste die Differenz an die Spieler ausgezahlt werden. Die Aufnahme der Gehälter verschlechtert also nicht die wirtschaftliche Bilanz des Teams. Das wichtigste Argument für die Jazz dürfte jedoch die kurze Restlaufzeit der Verträge gewesen sein. In der kommenden Spielzeit kann also die junge Starting Five mit Burke, Burks, Hayward, Favors und Kanter Erfahrung sammeln. Je nach Verlauf der Saison kann dann reagiert werden, das Team hat mit nur etwa 5 Millionen Dollar an garantierten Gehältern (zuzüglich einiger mit Sicherheit gezogener Optionen sowie Qualifying Offers für Favors und Hayward) alle nötige Flexibilität. Mit den zusätzlichen Picks aus Oakland ist Utah jetzt für den Rebuild hervorragend aufgestellt. Dass der Deal gleichzeitig das Ende der personifizierte Mittelmäßigkeit mit Al Jefferson und Paul Millsap bedeutet, macht die Jazz zu einem klaren Gewinner des Trades. Und betrachtet man, wie viel Gehalt die Celtics im Garnett/Pierce-Trade für wenig mehr aufgenommen haben – hervorzuheben sind die 30 Millionen über 3 Jahre für Gerald Wallace – wirkt der Gegenwert auch wieder attraktiver.
Fazit
Die Rollen in dieser außergewöhnlichen Transaktion sind also tatsächlich recht klar verteilt, aber anders, als es auf den ersten Blick aussieht: Es gibt mit den Warriors das Team mit der klaren Verbesserung zu einem vielleicht zu hohen Preis, den Nuggets die Franchise gleichermaßen praktisch ohne Gefahren oder Chancen, und mit den Jazz den heimlichen Sieger, der kaum einen Haken finden dürfte. Vor allem bei Golden State wird sich wohl erst in einigen Jahren eine fundierte Aussage treffen lassen, ob der Trade sinnvoll war.