Warum Hassan Whiteside die Serie gegen die Hornets dominiert
Das Erstrunden-Matchup der Miami Heat und Charlotte Hornets ist eines derjenigen, die mit am meisten Spannung erwartet wurde. Immerhin treffen zwei der heißesten Teams der Liga aufeinander; die Hornets mit einer 21-8 Bilanz seit dem Allstar-Break, die Heat mit 18-10. Nicht wenige setzten ihr Geld daher auf den „Außenseiter“ Charlotte oder prophezeiten 7 Spiele. Ein besonders spannendes Matchup versprach die Center-Position: Beide Teams brachten über weite Strecken der Saison ihren stärksten Big Man von der Bank. Dem athletischen, aber teilweise übermotivierten Hassan Whiteside steht der abgezockte, aber in die Jahre gekommene Al Jefferson gegenüber.
Nach zwei Partien kann man feststellen: Die Heat dominieren diese Serie bisher! In der American Airlines Arena gab es zwei deutliche Blowouts. Die Heat-Offense (Regular Season: Platz 14) erzielte 123 und 115 Punkte und war von den Hornets bisher nicht in den Griff zu bekommen. Großen Anteil daran hatte Hassan Whiteside, der bisher 17 seiner 19 Würfe (89,4%!) im Korb unterbringen konnte. Wieso bekommen ihn die Hornets nicht in den Griff und wie nutzen ihn die Heat offensiv wie defensiv im Pick-and-Roll?
Die Defensive
Whitesides Stärken am eigenen Korb (3,7 Blocks/Spiel) sind bekannt. Um ihn herum installierte Erik Spoelstra ein Defensiv-Konzept, das darauf ausgelegt ist, die Hornets aus der Zone herauszuhalten. Nach Möglichkeit soll der Gegner zum schwierigen Wurf aus dem Dribbling gezwungen werden.
Hier ein Spielzug, der zeigt, wie stark die Heat um Whiteside herum ihre Defensive verankern:
Charlotte läuft ein Pick-and-Roll an der Seitenlinie. Was sofort auffällt: Miami macht die Zone dicht. Justise Winslow hedgt nicht, sondern versperrt Kemba Walker den Weg zum Korb. Josh Richardson kämpft sich über den Block, Hassan Whiteside wartet als Ringbeschützer in der Helpside; auch Joe Johnson macht den Drive zusätzlich eng. Eine Penetration von Walker ist so nahezu ausgeschlossen. Erschwerend kommt hinzu, dass Charlottes Spacing mangelhaft ist: Al Jefferson ist kein Schütze, Nicholas Batum nicht auf dem richtigen Spot.

Walker passt den Ball zu Courtney Lee. Johnson sprintet sofort auf ihn zu, um ihn ins Dribbling zu zwingen. Lee entscheidet sich gegen den (halb)offenen Dreier und für den Drive über die Mitte.

Johnson stoppt den Drive. Auffällig: Alle fünf Heat-Verteidiger befinden sich in oder um die Zone herum. Charlottes Spacing ist wieder ausbaufähig: Marvin Williams ist nicht in der Ecke, Walker (links außerhalb des Bildes) nicht in einer Distanz, aus der er im Catch-and-Shoot gefährlich ist.

Am Ende nimmt Williams einen schwierigen Layup gegen zwei Mann – das Resultat: Block von Whiteside. Lee übrigens mit dem nächsten Fehler, da er sich nicht mit dem Ball für den offenen Eckendreier bewegt.
Dieser Spielzug ist symptomatisch für das Defensiv-Konzept der Heat: Die Zone wird dicht gemacht, Whiteside bildet das Rückgrat der Verteidigung. Bei Pässen am Perimeter machen sich die variablen und schnellen Verteidiger der Heat auf den Positionen 1-4 bemerkbar. Unfehlbar ist diese Strategie nicht: die Hornets haben eigentlich die Schützen, um dieses extreme Absinken zu bestrafen. Aufgrund schlampiger Execution waren sie in Spiel 1 dazu jedoch nicht in der Lage. Hier zeigt sich wieder einmal, dass Wurfquoten nur Zahlen auf Papier sind; ob daraus tatsächlich Spacing entsteht, ist nicht zwangsläufig der Fall. Verwiesen sei hier auf Courtney Lee (39,2% 3FG), der in diesem Spielzug dank zweier falscher Entscheidungen einen guten Wurf herschenkt.
Steve Clifford war sich dieser Problematik bewusst und änderte einige Feinheiten in der Offense. Charlotte nutzte in Spiel 2 etwa deutlich häufiger Whitesides Gegenspieler als Blocksteller. Auch in diesem Fall wartet Whiteside in der Zone und gibt dem Angreifer im Zweifelsfall den Mitteldistanzwurf aus dem Dribbling.
Dies hat für die Hornets mehrere Vorteile: Zum einen ist es Whiteside so nicht mehr möglich, zusätzlich zu einem weiteren Verteidiger die Zone dicht zu machen. Bleibt er – wie in obiger Abbildung – in der Zone, hat Walker einen völlig freien Mitteldistanzwurf. Alternativ kann er aber auch Tempo aufnehmen und Whiteside direkt attackieren – Charlotte schaffte es in Spiel 2, ihn früh in Foultrouble zu bringen. Generell scheint es Steve Cliffords Rezept zu sein, Whiteside direkter zu attackieren, um ihm die Möglichkeit zu nehmen, von der Weakside zu helfen. Auch Al Jefferson erhielt deutlich häufiger den Ball im Lowpost gegen Whiteside – mit Erfolg. Jefferson scorte 16 Punkte im 2. Viertel und stand am Ende bei 12/17 FG.
Ein weiterer Vorteil dieser Taktik ist das bessere Spacing. In obiger Lineup stehen neben Walker und Jefferson drei Schützen auf gefährlichen Spots. Diese Anpassung wurde zwar nicht belohnt (Charlotte schoss 1/16 3FG in Spiel 2), ist aber nichtsdestotrotz richtig.
Die Offense
Aber die Stärken, die Whiteside mit sich bringt, werden mitnichten nur in der Defensive genutzt – gerade offensiv dominiert er diese Serie mit einer unglaublichen Effizienz. Auch diese Punkte fielen größtenteils aus dem Pick-and-Roll. Dabei ist Whiteside vom gegnerischen Center nicht zu halten: Al Jefferson fehlt ganz einfach die laterale Geschwindigkeit, um diesen Spielzug zu verteidigen. Cody Zeller ist etwas schneller auf den Beinen; verteidigt er aber am Perimeter, bleibt in der kleinen Aufstellung der Hornets niemand, der den abrollenden Whiteside am Brett in Schach halten könnte.
Deutlich wird das in diesem Pick-and-Roll Spielzug aus Spiel 1:

Dwyane Wade startet sein Pick-and-Roll mit Hassan Whiteside sehr nah am Korb, am Highpost. Mit Luol Deng, Goran Dragic und Josh Richardson stehen drei passable Schützen auf dem Feld, die dieses breit machen.

Cody Zeller muss herausrücken, damit Wade nicht den Mitteldistanzwurf nimmt. Whiteside rollt zum Korb ab, Deng läuft einen Backdoor-Cut.

Wade feuert den Lobpass auf Whiteside. Dessen Gegenspieler? Jeremy Lin – zwei einfache Punkte. Augenmerk sollte man auf die kluge Bewegung der übrigen Heatspieler legen: Deng bindet durch den Cut seinen Gegenspieler, Dragic und Richardson bewegen sich auf die freien Spots für den Dreier. Lin hat so die Qual der Wahl, da er bei Whiteside aushelfen müsste, so aber gleichzeitig Richardson einen freien Dreier ermöglicht.
Dieser Spielzug zeigt, dass die Execution der Heat im Angriff deutlich besser ist als die der Hornets. Alle Spieler auf dem Feld sind gefährlich und kennen ihre Rollen bzw. von wo sie gefährlich sind. Gleichwohl stellen sich die Hornets aber auch in der Defense nicht besonders schlau an. Das fängt schon vor dem Pick-and-Roll an: Batum müsste etwa verhindern, dass Wade überhaupt so nahe am Korb den Ball erhält und von dort über den Pick gehen kann. Danach müsste er entweder switchen, um Whitesides Abrollen zu verhindern oder aber Wade so aggressiv trappen, dass dieser keinen einfachen Lobpass spielen kann.
In Spiel 2 passte Steve Clifford daher seine Defensive ein wenig an: die Hornets hatten beim zweiten Aufeinandertreffen strikte Anweisung, Whiteside beim Abrollen früher zu bumpen.

Hier etwa orientiert sich Kemba Walker nach dem Pick-and-Roll deutlicher früher und aggressiver in die Helpside.

Walker stoppt Whiteside noch vor dem Offensiv-Foul-Kreis. Durch dieses Overcommiting bieten sich den Schützen der Heat jedoch enorm große Freiräume. Hier erhält Josh Richardson den Ball für den ungedeckten Dreier – Splash!
Auch in der Offense zeigt sich also Whitesides enorme athletische Präsenz, die den Schützen der Heat freie Würfe verschafft. Deren Treffsicherheit ist ein weiterer wichtiger Faktor in der Heat-Offense: Goran Dragic (3/4), Luol Deng (6/11), Joe Johnson (2/4), Josh Richardson (4/10), sogar Justise Winslow (1/2) treffen bisher alle ordentlich von Downtown. Ohne die Schützen könnten die Hornets viel stärker und effektiver bei Whiteside in der Zone aushelfen. So ergibt sich für die Heat eine Win-Win-Situation im Angriff – entweder es hagelt Dreier oder Dunks von Whiteside.
Fazit
Whiteside ist bisher der dominierende Spieler dieser Serie: Offensiv generiert er effiziente Punkte, hinten ankert er die Verteidigung und beschützt die Zone. Dabei verkörpert er den modernen NBA-Basketball perfekt: Dank seiner athletischen Präsenz dominiert er in der Zone und verschafft so den vier Außenspielern genug Platz, um am Perimeter zu spielen. Das Pick-and-Roll, den vielleicht wichtigsten Spielzug zurzeit, läuft er nahezu perfekt. Ob die Hornets einen Konter gegen Whiteside finden, ist fraglich: ein so agiler, athletischer und kräftiger Big Man fehlt ganz einfach im Kader. Dennoch sind auf den Forward-Positionen Anpassungen nötig: Nicholas Batum wird Spiel 3 mit einer Knöchelverletzung verpassen, Marvin Williams spielt bisher eine unterirdische Serie (1/17 FG!). Kandidaten für den Power Forward-Spot sind Spencer Hawes und Frank Kaminsky; diese bieten als einzige Spieler im Kader theoretisch die Mischung aus Länge und Wurf, die es braucht, um die Zone gegen Whiteside zu schützen und offensiv das Spacing nicht zu stören. Die Hoffnungen der Hornets ruhen also auf einem Rookie und einem Spieler, der in dieser Saison 6 Punkte/Spiel erzielt hat.
Hassan Whiteside dürfte das keine Angst einjagen – er zeigt, warum Spielertypen wie er in der NBA noch immer gefragt sind. Zur Belohnung winkt ein fetter Vertrag im Sommer.