5-on-5

5 on 5 – Offseason 2012

Nets versus Knicks: Welche Mannschaft geht als stärkere aus der Free Agency?

Julian Barsch: Wenn es um die Bewertung der diesjährigen Offseason geht, haben die Brooklyn Nets eindeutig die Nase vorne. Die Verpflichtung von Joe Johnson ist ein klares Upgrade. Ansonsten wurde der Kader mit Rollenspielern wie Reggie Evans und C.J. Watson verstärkt. Währenddessen haben die Knicks Jeremy Lin durch den vermeintlich schwächeren Raymond Felton ersetzt und den Kader deutlich altern lassen. Für den Frontcourt kamen Marcus Camby und Kurt Thomas dazu. Keiner der beiden wird den Knicks längerfristig helfen können. Trotz alledem sind die Knicks mit ihren beiden Superstars Carmelo Anthony und Amaré Stoudemire, sowie Defensivanker Tyson Chandler besser besetzt als die Nets. Die Entwicklung von Brook Lopez wird in den nächsten Jahren entscheidend dafür sein, wer in diesem Duell vorne liegt. Es ist den Nets aber hoch anzurechnen, dass sie den Abstand zu den benachbarten Knicks in so kurzer Zeit dermaßen verkürzen konnten.

Hassan Mohamed: Die Nets hatten einen interessanten Sommer: Gerald Wallace entscheidet sich gegen seine Player’s Option, man verliert Deron Williams fast an die Dallas Mavericks, es gibt viel Gerede um Dwight Howard. Unterm Strich konnten Williams und Wallace gehalten werden, genauso wie die anderen beiden Starter und Free Agents Brook Lopez und Kris Humphries. Über den Vertrag von Joe Johnson wurde viel gesprochen. Über seine Klasse abseits dessen vermutlich zu wenig. Wenn man ihn nicht als Franchise Player (über-)fordert, bekommt man einen kompletten Flügelspieler ohne auffällige Schwächen.

Bei den Knicks stand Jeremy Lin im Rampenlicht des Sommers. Die “schönste Geschichte der Saison 2011/12” hat die Mannschaft bekanntermaßen verlassen. Verpflichten konnte man einige Senioren (Jason Kidd, Marcus Camby, Kurt Thomas, Pablo Prigioni), JR Smith und Steve Novak wurden gehalten, während Raymond Felton und Ronnie Brewer Lin und Landry Fields ersetzen sollen. Diese Spieler in Kombination mit Carmelo Anthony, Tyson Chandler sowie Amare Stoudemire sollten reichen, dass die Knicks die Nummer 1 in New York bleiben – zumindest vorerst. Ein genialer Point Guard wie Williams steht nicht im Kader, aber mit den drei Neuen auf der Position des Einser hat man genügend Spielverständnis und Passfähigkeiten auf der wichtigen PG-Position, Anthony ist einer der fünf besten Scorer der Liga und Mike Woodson ist es bereits in der letzten Saison gelungen, mit Chandler als Anker die fünftbeste Verteidigung der NBA aufzustellen. Mit Brewer, Felton, Camby und Thomas könnte man es im günstigsten Fall sogar steigern. 

Dennis Spillmann: Ich sehe hier eigentlich die Nets vorne, wenn auch nicht viel. Das Team ist harmonischer zusammengestellt, auch wenn es natürlich davon abhängig ist, wie Brook Lopez zurückkommt. Generell hat man hier aber eine gute Mischung aus fast allen wesentlichen Elementen des Basketballspiels versammelt.
Die Knicks haben empfindliche Rotationsprobleme, wie Hassan dies auch schon in seinem Artikel dargestellt hatte. Bei den Nets sehe ich zudem auch den Effekt des neuen Standorts, der ihnen vielleicht durch eine erhöhte Motivation zu ein oder zwei zusätzlichen Siegen verhilft.

Jan Karon: New York. Sie sind die eingespieltere Truppe. Auch wenn Lin das Team verlässt, so stehen mit Kidd und Felton zwei Aufbauspieler bereit, die seinen Verlust kompensieren, zumal Lin ohnehin ein Point Guard ist, der den Ball in seinen Händen brauchte, um erfolgreich zu sein. Das ging auch lange gut, weil die Knickerbockers unter Verletzungsproblemen litten. Wie sich Lins Balldominanz ausgewirkt hätte, wenn der Roster fit gewesen wäre und er sich die Kugel mit Anthony, Stoudemire und Smith hätte teilen müssen, weiß man nicht. Sicher hingegen erscheint, dass Kidd und Felton Erfahrung, Routine und echte Point Guard-Qualitäten ins Team bringen, was in Verbindung mit dem vorhandenen Material eine homogene Einheit darstellen wird.
An den Brooklyn Nets zweifel ich noch. Joe Johnsons Wurfquoten und Verteidigungsstatistiken sprechen gegen ihn, wenngleich Deron Williams die Lösung der Probleme sein kann. Ob Brook Lopez hingegen diesen Vertrag wert war und wie gut er nach seiner Verletzung wirklich ist, muss man noch  sehen. Gerald Wallace wird nicht jünger, Kris Humphries bleibt lediglich ein hart arbeitender Rollenspieler und die Bank schneidet ebenfalls schlecht ab im Vergleich mit der zweiten Garde der Knicks.

Jonathan Walker: Die Knicks sind ohne Zweifel tiefer, während ich die Nets für homogener halte. Während in Manhattan die beiden Superstars die Forwardpositionen bekleiden und einen ähnlichen Spielstil auf das Parkett bringen, verfügt Brooklyn über den vielleicht besten Aufbauspieler der Liga, einen dazu passenden 20-PPG-Center, einen Shooting Guard mit gutem Wurf und einen athletischen Flügelspieler. Auf der Vier können wahlweise mit Humphries und Evans hart arbeitende Rebounder (die neben Lopez auch benötigt werden) oder ein Stretch-Vierer auflaufen. Die Defense ist mit Williams, Johnson, Wallace, Evans, Bogans und Humphries kein so großes Fragezeichen wie in New York, wo lediglich einzelne Spieler gute Defender sind (Brewer, Shumpert, Camby, Thomas und natürlich Chandler), die auf Grund von Defiziten in der Offense bzw. da sie dieselbe Positionen spielen jedoch selten gemeinsam auf dem Feld stehen werden. Bei den Knicks kann selbstredend sowohl offensiv als auch defensiv vieles richtig laufen, natürlich auch besser als bei den Nets – doch momentan gehe ich davon aus, dass das bessere Team New Yorks in Brooklyn spielen wird.

Die Offseason der Dallas Mavericks

Julian Barsch: Hauptziel war es, einen der Top-Free Agents à la Deron Williams nach Dallas zu lotsen. Dies gelang bekanntermaßen nicht. Doch nachdem es daraufhin Kritik in Richtung des Front Offices der Mavericks hagelte, bewiesen die Verantwortlichen mal wieder, dass sie zumindest ein solides Team aufstellen können. Auch wenn kein Superstar den Weg nach Texas finden konnte, wurden mit Darren Collison, O.J. Mayo, Elton Brand und Chris Kaman noch einige der besseren Free Agents verpflichtet. Vor allem auf den großen Positionen besitzen die Mavs nun eine nicht bekannte Tiefe. Kaman hebt das Level zumindest offensiv deutlich an und Collison ist ein sehr junger, athletischer Ersatz für Jason Kidd. Mit diesem Kader ist man für das nächste Jahr gut aufgestellt und auch wenn es schwer wird, um die Krone im Westen mitzuspielen, ist man zumindest ein Kandidat für die Playoffs.

Hassan Mohamed: Well done, Dallas. Nachdem Deron Williams sich entschieden hatte, bei den Nets zu verbleiben, wurde Mark Cuban für seinen ursprünglichen Plan, den Point Guard nach Texas zu holen, von vielen Fans hart kritisiert – unberechtigterweise. Wurde zunächst noch ein Abstürzen in die Tiefen der Lottery befürchtet, ist es dem Teambesitzer mit Hilfe seines General Managers Donnie Nelson letztlich gelungen, in wenigen Tagen eine schlagfertige Mannschaft zu formieren. Eine Mannschaft, die dem Meisterschaftskader von 2011 vom reinen Talent nicht großartig nachsteht, auch wenn nach dem Abschied von Jason Terry, Jason Kidd und Brendan Haywood bloß Shawn Marion und natürlich Dirk Nowitzki vom Playoff-Roster 2011 übrig sind. Heißt es jetzt, dass die Mavericks erneut Chancen auf den NBA-Titel haben? Darren Collison und insbesondere O.J. Mayo könnten sich wirklich auszahlen, Chris Kaman und Elton Brand sind kurzfristig auch alles andere als schlechte Lösungen, ebenso Dahntay Jones und die Weiterverpflichtung von Delonte West. Als schönes Bonbon: Die finanzielle Flexibilität konnte weiterhin gewahrt werden, sodass die Hoffnung bestehen bleibt, in einer Free Agency einen Spieler zu verpflichten, der von Nowitzki das Maverick’sche Franchise-Player-Zepter überreicht bekommen könnte. Zurück zur Frage, ob diese Saison Chancen auf eine weitere Meisterschaft bestehen: Mathematische Chancen sind immer gegeben, aber die Wahrscheinlichkeit dürfte als ziemlich gering eingestuft werden. Nicht anders als im Sommer 2010.

Dennis Spillmann: Ich blicke mit zwei Gesichtern auf die Franchise: Finanziell hat man wieder einmal Vieles richtig gemacht, wenn man an seinem Plan festhalten will, über die Free Agency einen Superstar zu signen. Alleine der Glaube fehlt mir, dass die Mavericks dies bewerkstelligen können, denn Deron Williams war der mit Abstand aussichtsreichste Kandidat, wenn man sich die Umstände betrachtet (Williams spielte bei einem Lotteryteam, zu dem er nicht getradet werden wollte, kommt selbst aus einem Vorort von Dallas und hätte problemlos zu Dirk Nowitzki gepasst).
Die Mavericks sammeln also weiter Ein-Jahres-Verträge und wollen damit Dirk zumindest ein Playoffteam bieten. Das ist wohl gelungen. Trotzdem stehen hinter dem Team so viele spielerische Fragezeichen wie schon seit langem nicht mehr. Man hat das erste Mal seit dem berühmten Walker-Nowitzki-Jamison Frontcourt keinen Defensivanker mehr im Team, zudem hat man sich der einstigen Dreierstärke durch die zahlreichen Abgänge der Schützen beraubt. OJ Mayo ist eher ein Problemkind als ein Veteran. Zusammengefasst muss sehr viel richtig laufen, damit die Mavericks eine Chance auf einen tiefen Playoffrun innehalten. Und das ist eigentlich immer das Ziel eines Teams um Dirk Nowitzki.

Jan Karon: Die Mavericks sind mir die unsympathischste Franchise der NBA, ihre Offseason erscheint mir hingegen grandios. Elton Brand, einer der besten Postverteidiger des letzten Jahres, für Peanuts, Chris Kaman und O.J. Mayo für ein angemessenes Gehalt und Darren Collison und Dahntay Jones für fast keinen Gegenwert verpflichtet, dazu Haywood, Terry und Kidd zurecht nicht verlängert. Man schafft es also erneut, eine schlagkräftige Truppe um Nowitzki herum zu formieren. Die personellen Entscheidungen Dallas’ mögen zwar nur eine kurzfristige Lösung der Probleme darstellen, aber angesichts der Tatsache, dass Deron Williams und Dwight Howard nicht drin waren/sind, war das alles in allem ein sehr erfolgreicher Sommer.

Jonathan Walker: Nachdem Deron Williams nicht im heimischen Texas unterschrieb, war Dallas auf einen guten Plan B angewiesen, um Dirk Nowitzki nicht weiter zu verstimmen, der mit Shawn Marion nur noch einen einzigen Mitstreiter des Meisterteams von 2011 neben sich im Kader sah. Der folgende Trade für Darren Collison sowie Dahntay Jones gehört zu den besseren Trades der Offseason, mit Chris Kaman konnte ein solider Center und Dirks Kollege aus der Nationalmannschaft ins Team geholt werden. Somit waren zügig die wichtigsten Positionen im Team qualitativ ausreichend besetzt worden, um wenigstens das Erreichen der Playoffs zu sichern. Der per Amnesty Clause von den Sixers entlassene Elton Brand ist eine sinnvolle Ergänzung auf den großen Positionen und zum Preis von rund $2 Millionen Dollar ein Schnäppchen. Der eigentliche Clou sind meiner Ansicht nach jedoch die Verpflichtungen von OJ Mayo und Rückkehrer Delonte West, welche dem Team einen legitimen Starter auf der Zwei sowie Tiefe auf beiden Guardpositionen zum Spartarif geben. Cuban und Nelson haben es geschafft, nach der Williams-Pleite ein augenscheinlich homogenes, schlagkräftiges Team ohne großartige Lücken im Kader zusammenzustellen, ohne dabei die Flexibilität der nächsten Jahre zu gefährden. Für den Titel wird es nicht reichen, dennoch war das so nicht mehr zu erwarten und verdient folglich Anerkennung.

Die größte Überraschung der Offseason?

Julian Barsch: Dass Jeremy Lin nicht nach New York zurückkehrt, stand für mich eigentlich überhaupt nicht zur Debatte. Dementsprechend war es ein Schock, dass er von nun an für die Rockets auf Punktejagd gehen wird. Die Vertragssituation der Knicks wäre dann in einigen Jahren doch sehr prekär gewesen. Somit ist die Entscheidung verständlich. Nach der letzten Saison hatte man sich eine Menge erhofft und auch wenn Lin “nur” ein paar Spiele hervorragende Zahlen aufgelegt hat, wäre es spannend gewesen, zu sehen, wie er sich bei den Knicks entwickelt. 

Hassan Mohamed: Der Wechsel von Steve Nash nach Los Angeles. Meine Erwartung war ein Wechsel in den Big Apple zu den New York Knicks. Das erschien passend. Einen Verbleib in der Wüste Arizonas konnte ich aufgrund von Nashs Außendarstellung allerdings ebenfalls nicht ausschließen („Believe it or not — I don’t want to diminish what a championship would mean to me — but believe it or not, that doesn’t haunt me at all. […] But if I retired today, I wouldn’t be haunted by the fact I never won. I gave it a heck of a shot.“). Meine ausführlichere Meinung zu der Verpflichtung konnte man bereits bei Go-to-Guys lesen („Stevie Goes To Hollywood“) …

Dennis Spillmann: Die Moves der Houston Rockets. Ich habe es nicht oft gesehen, dass ein Borderline-Playoffteam versucht, um jeden Preis jeden großen Vertrag im Kader gegen Talente einzutauschen, ganz gleich, ob diese auch nur im entferntesten ins Team passen. Daryl Morey hatte seine Beweggründe dafür erklärt, trotzdem bleibt ein ganz fader Beigeschmack, wenn der erhoffte Blockbuster-Trade nicht gelingt. Zudem fördert diese Taktik – ebenso wie bei den Mavericks – nicht gerade das Wohlbefinden der zum Teil sehr jungen Spieler, die nur noch als Trademasse verstanden werden und sich nie darüber im Klaren sind, ob und wie lange sie für die Rockets auflaufen werden.

Zudem hat man sich entschieden, vor dem Superstar schon die Rollenspieler für ein Team in Lin und Asik zu verpflichten. Das überrascht mich in dem Maße, als dass ich dies als klaren Fehler der Franchise sehe und dies von Morey nicht erwartet hätte. Wenn der Blockbuster nicht gelingt, dürfte das ein sehr hartes Jahr für die Rockets werden.

Jan Karon: Die größte Überraschung für mich persönlich ist die völlig weltfremde Relation zwischen den Gehältern für Frontcourt-Spieler aus dem Free Agency-Pool im Vergleich zu denen, die amnestiert wurden. Brook Lopez (61 Millionen/4 Jahre), Roy Hibbert (58 Millionen/4 Jahre), JaVale McGee (44 Millionen/4 Jahre), Jeff Green (36 Millionen/4 Jahre) und Ömer Asik (25 Millionen/3 Jahre) in allen Ehren, aber wie tief General Manager nach wie vor bereit sind, in die Tasche zu greifen, um fähige Innenspieler für längere Zeit zu verpflichten, ist schockierend. Das ist gewiss nichts neues, aber sieht man, dass amnestierte Big Men wie Elton Brand (2.1 Millionen/1 Jahr), Brendan Haywood (2.05 Millionen/1 Jahr) oder Darko Milicic (kein Abnehmer) dagegen wie Garbage Time-Spieler wirken, ist umso beeindruckender. Gewiss: Zwischen den aufgezählten Gruppen herrscht ein bedeutender Qualitätsunterschied und die verpflichteten Free Agency-Spieler sind zweifellos perspektivischer als amnestierte Routiniers wie Brand oder Haywood. Aber der hier klaffende Unterschied ist völlig grotesk. Es scheint, als seien Lopez oder Hibbert Grundbausteine eines Championship-Teams, während Brand und Haywood Invaliden gleichen. Hier erscheint es einfach völlig verkehrt, dass aus der amnesty clause eine Freifahrt für Kleinstgebote wird, während Big Men in der Free Agency automatisch Riesenverträge vor den Latz gehauen bekommen.

Jonathan Walker: Steve Nashs neues Team. Ich hatte mit vielem gerechnet: Toronto, New York, Dallas, selbst mit einer weiteren Runde in Phoenix… nur nicht mit den Lakers. Diese Vorstellung war ja für ihn selbst noch wenige Tage vorher kaum vorstellbar. Andererseits hätte er in keinem der obigen Teams eine ähnlich gute Chance auf den Titel gehabt wie bei den lila-goldenen in Los Angeles. Für die Suns geht damit eine Ära zu Ende, worüber ich im Übrigen gar nicht mal so traurig bin. Es war Zeit, Abschied zu nehmen, und die Suns erhielten immerhin noch ein paar Draftpicks. An den Anblick des Helden im Dress der Erzfeinde werde ich mich trotzdem erst einmal gewöhnen müssen.

Die Bestnote bekommt der General Manager mit dem Namen …

Julian Barsch: Danny Ainge. Mit Garnett, Bass und Green wurden wichtige Akteure gehalten. Außerdem verlassen den Klub nur Spieler, die kaum Minuten gesehen hätten, außer Ray Allen natürlich. Dieser wurde jedoch von Jason Terry ersetzt. Sicherlich sind sie vom Typ her andere Spieler, allerdings halte ich die Verpflichtung für sinnvoll. Des Weiteren nahm man fast nur solide Rollenspieler auf, die dem Team wirklich helfen. Durch die Draft verstärkte man den Frontcourt (Jared Sullinger und Fab Melo) und auch auf dem Flügel bekam man mit Courtney Lee einen Spieler, der das Team verbessert. So wurden die Abgänge ersetzt, wobei die Zugänge teilweise sogar ein Upgrade darstellen. Insofern haben die Celtics meiner Meinung nach alles richtig gemacht.

Hassan Mohamed: Mitch Kupchak. Der General Manager der Los Angeles Lakers lieferte in diesem Sommer eine einwandfreie Leistung. Einen All-Star und MVP-Kandidaten ohne kurzfristige Einbußen im Trade erhalten, den im Endspurt der Saison stark agierenden Power Forward / Center Jordan Hill zu guten Konditionen weiterverpflichtet, in Antawn Jamison einen Veteranen, der in der Lage ist, von der Bank für einige Punkte zu sorgen, ins violett-goldene Boot geholt. In Kombination mit Andrew Bynum, Pau Gasol und Josh McRoberts bleibt die Frage nach dem besten Frontcourt der NBA obsolet. Kupchak ist es gelungen, die Chance auf den 17. Titelbanner unter dem Staples Center stark zu verbessern. Einzig ein wurfstarker Flügelspieler um Kobe Bryant, Metta World Peace und Christian Eyenga zu komplettieren fehlt. Das wäre das i-Tüpfelchen … wenn man von der Bynum/Howard-Dramaturgie absieht.

Dennis Spillmann: Dell Demps. Die Weitsicht des GMs der Hornets verdient hier durchaus Erwähnung. Nicht nur, dass er konsequent den beschwerdefreien Entwicklungsweg für Anthony Davis frei machte, indem er Okafor, Kaman und Ayon tradete oder nicht weiter verpflichtete, er verstand es, diesen small market mittelfristig auf eine solide finanzielle Basis zu stellen. Ihm war es bewusst, dass er Eric Gordon nur für viel Geld halten können würde und dies bedeutete, dass im kleinsten Markt der NBA Platz geschafft werden musste. Die Abgabe von Okafor und Ariza zu den Wizards war also nicht zuvorderst mit der Ankunft Davis’ motiviert, sondern sollte die mittelfristigen Pläne der Franchise unterstützen. Nur durch diesen Move waren genügend finanzielle Mittel vorhanden, um Gordon halten zu können, da das Team ansonsten zu teuer für New Orleans geworden wäre. Ebenso gab es Demps die Möglichkeit, Ryan Anderson zu verpflichten, der als Stretch-Four auch neben Davis funktionieren könnte, aber – wie alle anderen Additionen zum Team – noch sehr jung ist und somit sehr gut zu Davis und dessen Entwicklung passt.

Jan Karon: Ich kann da nur Hassan zustimmen. Wenn du Steve Nash ohne Gegenwert akquirierst, einen Jordan Hill zu diesen günstigen Konditionen an dich bindest (vorallem wenn man sich die Verträge von JaVale McGee oder Ömer Asik anguckt) und Antawn Jamison verpflichtest, hast du was richtig gemacht. Da ist ein Ausbleiben des Dwight Howard-Trades nicht weiter schlimm. Eine Starting Five um Nash, Bryant, World Peace, Gasol und Bynum, ergänzt von einer Second Unit um Steve Blake, Devin Ebanks, Antawn Jamison und Josh McRoberts? Nicht von schlechten Eltern. Für die Oklahoma City Thunder wird das erneute Erreichen der Finals mit diesen Lakers als Kontrahenten keinesfalls ein Selbstläufer.

Jonathan Walker: Liest sich sicher komisch, aber: Billy King. Die Nets standen extrem knapp vor einem Abgang Williams‘ und somit vor dem Nichts – und das direkt vor dem Umzug nach Brooklyn. Dann holten die Nets kurzerhand Joe Johnson für einen Haufen Bankdrücker ins Boot, was Williams zum Bleiben überzeugte. Johnsons großes Manko ist sein Maximalvertrag, doch der dürfte Besitzer und Multimilliardär Prokhorov nicht jucken. Der Rest der Starting Five (Gerald Wallace, Kris Humphries und Brook Lopez) konnte durch vorausgegangenes cleveres Management und daraus resultierendes Nutzen der Bird Rights trotz eher hoher Gehaltsvorstellungen gehalten werden. Durch Nutzen der verbleibenden Taxpayer MLE (Mirza Teletovic), Sign & Trades (Reggie Evans), Draftpicks (TyShawn Taylor), Minimalverträgen (Keith Bogans, Jerry Stackhouse, CJ Watson) wird in Brooklyn ein Team auflaufen, das um die Conference Finals mitspielen wird. All das, obwohl der Masterplan, Dwight Howard ins Team zu holen, nicht aufging. Beeindruckend, wenn man bedenkt, dass lediglich MarShon Brooks bereits zu Beginn der Offseason bei den Nets unter Vertrag stand.

Welche Neuverpflichtung wird man selbst mit dem größten Interesse beobachten?

Julian Barsch: Als Knicks-Fan sticht die erneute Verpflichtung von Raymond Felton ins Auge. Nach dem Abgang von Jeremy Lin muss Felton jetzt beweisen, dass er den Erwartungen standhalten kann. Nachdem er in seiner ersten Saison für die Knicks 17.1 Punkte und 9 Assists im Schnitt auflegen konnte, waren es vergangenes Jahr in Portland nur 11.4 Punkte und 6.5 Assists. Immer wieder hieß es, dass die mehr als soliden Zahlen nur ein Resultat des Spielstils der Knicks unter Mike D’Antoni waren. Jetzt liegt es an ihm, diese Aussage zu entkräften. 

Für erwähnenswert halte ich auch noch das Comeback von Brandon Roy, was ich mit großer Spannung erwarte. Sicherlich wird er nicht zu alter Form zurückkehren, doch es ist ihm zu wünschen, dass er den Timberwolves helfen kann.

Hassan Mohamed: Die Frage, ob Michael Beasley die Kurve in seiner Karriere bekommen kann, wird interessant zu beobachten sein. „Talk is cheap“ heißt es bekanntlich … kann er diesen Worten also auch Taten folgen lassen? Im Jahr 1 nach Nash in Phoenix dürfte der ehemalige #2-Pick vermutlich zunächst die Rolle als erste Scoring-Option in Alvin Gentrys Angriffschema einnehmen. Die wenigsten Leute werden noch eine Explosion zum Franchise Player erwarten, aber eine Entwicklung zum einem effizienteren Scorer (keine einseitige Fokussierung auf Sprungwürfe, mehr Aktionen in der Zone) mit gutem Rebounding und durchschnittlicher Verteidigung könnte in einer NBA-Karriere münden, für die sich kein Spieler schämen muss – auch kein zweiter Pick. Ein Wechsel nach San Antonio und ein Gang durch die Popovich-Schule wäre mir für Beasley allerdings lieber gewesen …

Dennis Spillmann: Ich entscheide mich auch für ein Sorgenkind des vergangenen Jahres und blicke recht interessiert auf Lamar Odom. Nach seinem unrühmlichen Abgang bei den Dallas Mavericks kommt er nun bei den Clippers in ein Team und ein Umfeld, das ihm deutlich mehr liegen sollte. Dies dürfte dem Sensibelchen zu Gute kommen. Seine Rolle im Team gleicht frappierend der, die er bei den Lakers so gut ausgeführt hatte (er kommt hinter einem All-Star als Anführer des Benchmobs von der Bank). Dazu benötigen die Clippers seine Vielseitigkeit händeringend im Frontcourt. Odom gibt diesen seinen bekannten Mix aus Ballhandling, Defense und hochprozentigen Abschlüssen, ohne diese forcieren zu wollen oder zu müssen.
Dazu ist das Umfeld in Los Angeles sein mittlerweile liebgewonnenes. Seine Frau Khloe wird sich in Hollywood wieder sehr wohl fühlen, es gibt den von Odom so sehr gewünschten Strand und das warme Wetter, kurz: Mich würde es nicht verwundern, wenn es zur neuen Saison den wieder produktiven Lamar Odom zu sehen gibt, der mit seinen Intangibles dem Clippers-Frontcourt eine neue Dimension verleiht.

Jan Karon: Believe it or not: Ich halte sehr viel von Alexey Shved. Von wem? Shved ist ein 1.96m großer Point Guard aus Russland. Er spielte letztes Jahr für CSKA Moskau und legte bereits dort imponierende Zahlen auf. Im ersten Spiel der diesjährigen Olympiaspiele in London teilte er 13 Assists in 30 Minuten aus. Darüber hinaus schenkte er den Briten 16 Punkte ein und sammelte sechs Rebounds. Nicht dass man diese Performance überbewerten sollte, aber ich bin ein Verfechter Shveds. Mehr noch: Ich glaube, dass er bei den Minnesota Timberwolves gut untergebracht sein wird. Dort wird er oft die Situation des Shooting Guards bekleiden, aller spätestens wenn Ricky Rubio von seiner Verletzung zurückkehrt. Seine Mitspieler (Pekovic, Rubio) kennen das Spiel aus Europa, sodass seine Anpassung an den nordamerikanischen Basketball schnell von Statten gehen sollte. Dazu ist die Konkurrenz im Backcourt der Timberwolves überschaubar, Shved ein weit entwickelter Spieler und mit Brandon Roy ein perfekter Mentor an seiner Seite, der ähnliche Spielanlagen mitbringt und bereits einiges an Erfahrung gesammelt hat. Sicherlich: Das Projekt Shved könnte rigoros schief gehen, und ein weiterer Beleg dafür sein, dass Spieler, die in der Euroleague glänzen, nicht auch zwangsläufig dem Spiel in der NBA ihren Stempel aufdrücken können (Sarunas Jasikevicius anyone?). Aber im besten Fall könnte Shved eine passende Ergänzung zu Rubio sein und mit dem Spanier gemeinsam einen Ballverteiler-Backcourt sondersgleichen bilden, der Kevin Love und Nikola Pekovic mit tollen Anspielen bedient. Ich jedenfalls bin gespannt.

Jonathan Walker: Da gibt es sicher viele Kandidaten, doch für mich persönlich ist die Verpflichtung Michael Beasleys am interessantesten. Es ist die letzte Chance des ehemaligen zweiten Picks, zu beweisen, dass er das Zeug zum Allstar hat. In Phoenix hat er alle Freiheiten und genug Spielzeit. Entwickelt er sich spielerisch weiter (zu einer Art Carmelo Anthony light) und wird menschlich endlich erwachsen, hat Phoenix mit $18 Millionen für drei Jahre ein Schnäppchen gemacht. Ist er weiterhin nur ein ineffizienter Werfer, den man besser als Benchscorer einsetzt, ist der Vertrag auch kein Weltuntergang und gut tradebar.

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