Brose Bamberg, ratiopharm Ulm

Preview: Die Skill Ball-Finals

Die anstehenden Finalserie zwischen Bamberg und Ulm in der Analyse

Die anstehenden Finalserie zwischen Bamberg und Ulm in der Analyse

Vor etwa zehn Monaten veröffentlichten wir eine Analyse, bei der es um die Unwichtigkeit der alten Positionsbezeichnungen und den modernen Basketball ging. Im Zentrum des Artikels stand ratiopharm Ulm, das schon in der Saison zuvor auf den sogenannten „Small Ball” setzten und durch die Sommerverpflichtungen einen ähnlichen Weg einschlugen. 328 BBL-Spiele später stehen die Ulmer nach einem fantastischen Playoff-Run plötzlich in den Finals. Gegner sind die Brose Baskets aus Bamberg, die ganz ähnliche basketballtaktische Ziele verfolgen. Purer Zufall oder steht auch in der Beko Basketball Bundesliga eine kleine „Revolution“ bevor?

Wenn alle alles können

Bereits in unserer Analyse zu Skyliners-Big Man Johannes Voigtmann hatten wir uns intensiv mit dem Thema „Skill Ball“ beschäftigt. Dabei geht es vor allem um die Relativierung der Bezeichnung „Small Ball“, die die Basketball-Diskussionen in den letzten Jahren dominierte. Wie es der Begriff schon aussagt, geht es bei „Skill Ball“, um die Tatsache, dass im modernen Basketball von jedem einzelnen Spieler gefordert wird, so variabel wie möglich zu sein. Die Großen können nicht mehr nur in Korbnähe stehen, sondern müssen aus Spacing-Gründen auch mal einen Dreipunktwurf einstreuen können. Genauso sollen die schnellen, kleinen Guards aber auch kräftig genug sein, um mehrere Positionen verteidigen zu können, wenn die Defensivvorgabe beispielsweise „switch“ lautet.

Genauso wird auch in den sonstigen basketballerischen Fähigkeiten viel von jedem Akteur verlangt. Am liebsten haben die Coaches gleich mehrere Ballhandler auf dem Parkett, die Bigs sollten zudem ein gutes Auge für den freien Mann haben und am besten selbst auch noch mit dem Ball umgehen können. Da eben diese Aussagen häufiger auf kleinere Spieler zutreffen, wurde daraus der Ausdruck „Small Ball“. So könnte man diesen eben auch auf die Finalpaarung Bamberg gegen Ulm übertragen, allerdings würden beide Headcoaches wohl auch der Bezeichnung „Skill Ball-Finals“ zustimmen.

Denn es gibt kaum ein Team in der Beko Basketball Bundesliga, welches die oben ausgeführten Aspekte so ausfüllt, wie es die beiden Finalisten tun. Beide Trainer haben bei der Kaderzusammenstellung extrem auf die Variabilität ihrer Spieler geachtet, sodass wir eben die vielen Ballhandler (im Pick&Roll), die dribbelnden Big Men oder die switchenden Guards in dieser Serie erwarten können.

BROSE BASKETS BAMBERG

Die wichtigsten Plays

Wenn man die Saison der Brose Baskets Bamberg taktisch verfolgt hat, ist auf jeden Fall klar, dass auf das Ulmer Trainerteam um Thorsten Leibenath viel Arbeit zukommt. Das Bamberger Playbook ist eines der umfangreicheren der Bundesliga und hat den weiteren Vorteil, dass viele Spieler extrem spielintelligent sind und jederzeit aus der Situation heraus kreieren können. Trotzdem gibt es einige feste Set-Plays, die in Spielen mit Bamberger Beteiligung immer wieder beobachtet werden können.

52

Dazu zählt unter anderem das Play „52“. Wie der Name bereits aussagt, stehen hierbei vor allem der Center (5) und der Zweier (2) im Mittelpunkt des Geschehens. Das Set beginnt mit zwei gleichzeitig gestellten Screens. Zum einen ein Crossscreen vom Fünfer für einen Flügel, der dann in die gegenüberliegende Ecke schneidet. Zum Anderen stellt der zweite Big einen Downscreen für den Zweier, der danach den Ball oben an der Birne erhält.
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Nun kommt der Center bis oben an die Dreierlinie gesprintet, um das eingangs angesprochenen 2-5-Pick&Roll zu laufen. In der Zeit platziert sich der Vierer in Korbnähe und die anderen beiden Spieler fungieren als Schützen von außen.

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Im letzten Part dieses Spielzugs ist eine Kombination bei den Brose Baskets zu beobachten, die sie auch in einigen anderen Plays, wie beispielsweise „Head“, immer wieder gerne nutzen. Dabei handelt es sich um einen Backscreen eines Spielers für den Verteidiger des Pick&Roll-Blockstellers. Das bedeutet, dass die Oberfranken eigentlich ein normales Blocken und Abrollen laufen, allerdings schaltet sich ein dritter Spieler ein, der als zusätzlicher Blocksteller fungiert, um einen der beiden involvierten Spieler einen freien Zug zum Korb zu ermöglichen.

Bei „52“ ist es der unter dem Korb postierte Vierer, der einen Screen in den Rücken des verteidigenden Bigs (x5) stellt und somit seinem Mitspieler einen Drive ermöglicht.

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Auch gegen ratiopharm Ulm lief Bamberg dieses Play zuletzt und die Spatzen sahen nicht immer gut dagegen aus. Da die Ulmer auf das Set vorbereitet sein sollten, gäbe es bei frühzeitigem Erkennen aber durchaus eine Möglichkeit, um es zu verteidigen. Denn während sie das Blocken und Abrollen oben konsequent switchten, ließen sie den Big, der in der Folge den Block in den Rücken gestellt bekommt, relativ allein. Bei richtiger Kommunikation könnte sich der Akteur, der den Bamberger Vierer verteidigt, rechtzeitig von seinem Gegenspieler abwenden und den zum Korb ziehenden Guard begleiten. Der zurückbleibende Ulmer Big, wahrscheinlich Morgan oder Rubit, würde dann einfach den Bamberger Blocksteller übernehmen. Ohne dieses zusätzliche Switchen hätte der Guard der Brose Baskets wohl immer einen freien Zug zum Ring.

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4 Down

Dieser Spielzug könnte in der Finalserie gegen ratiopharm Ulm nochmal zusätzlich an Wichtigkeit gewinnen. Immerhin sind die Spatzen auf den großen Positionen extrem dünn besetzt, da sie meistens gerade mal mit drei Mann dort rotieren. Für die Brose Baskets wird es also die Aufgabe sein, die Bigs der Ulmer früh in Foulprobleme zu bekommen, um deren Impact direkt zu limitieren. Dabei könnte eben „4 Down“ helfen, da es die Vorteile der Bamberger auf den Big Men-Positionen aufzeigt. Es wird meist für Nicolo Melli gelaufen, der aufgrund seiner Größe und zusätzlicher Beweglichkeit die Ulmer Bigs vor enorme Probleme stellen könnte.

Das Set wird einfach eingeleitet, indem der Fünfer oben einen Ballscreen und der Small Forward einen Crossscreen für den Vierer stellt. Genauso gut kann es auch durch ein Dribble-Handoff zwischen dem Ballhandler und dem großen Spieler beginnen. Nun befindet sich der Einser aber in einem guten Winkel, um den Pass in den Post vorzunehmen.

Bamberg_4Down

Allerdings haben die Bamberger auch noch einen zweiten Ausstieg. So kann daraus auch eine Sceen-the-Screener-Action werden, die es dem Dreier dann durch einen Block des Centers ermöglicht zur Dreierlinie hochzulaufen und einen offenen Wurf zu bekommen.

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Es wird interessant zu beobachten sein, wie Ulm Plays wie diese verteidigen kann. Im letzten Saisonspiel zwischen den beiden Teams wurde sehr viel geswitcht, sodass Bamberg versuchen wird aus solchen Situationen Kapital zu schlagen. Ulm braucht mindestens so gute Rotationen und Abstimmungen wie in der Serie gegen Oldenburg, um die offensive Variabilität der Bamberger irgendwie einschränken zu können.

Fist Down

Nachdem in diesen beiden Spielzügen vor allem der Weg nach innen beziehungsweise direkt zum Korb gesucht wurde, haben die Brose Baskets natürlich auch noch viele Möglichkeiten, um ihre vielen starken Dreierschützen in Szene zu setzen. Einer davon ist Lucca Staiger, der zwar wie in München nur eine Reservistenrolle zugesprochen bekommen hat, dessen Impact aber ein komplett anderer als noch an der Isar ist. So hat Headcoach Andrea Trinchieri einige Asse im Ärmel, um auch Staiger, der über die Saison 51,1 Prozent seiner Dreier verwandelt, Wurfrhythmus zu geben.

Hier eignet sich beispielsweise „Fist Down“ gut, welches viele Spieler involviert und häufig einen freien Wurf von Downtown zur Folge hat. Die Brose Baskets starten in einer leicht veränderten HORNS-Aufstellung, bei der einer der Bigs zunächst hoch zum Ballhandler kommt, um einen Pass zu empfangen.

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Doch er gibt den Ball sofort wieder an den Einser zurück und bekommt dann einen Flarescreen des anderen Big Man gestellt. Sollte sich daraus bereits ein freier Look ergeben, könnte der Power Forward sogar direkt den Wurf nehmen.

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Da dies allerdings meist nicht der Fall ist, setzt der Fünfer sofort einen Ballscreen und setzt sich zur Seite ab.

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Auf der Seite stellt der Center dann einen dritten Block – und zwar einen Downscreen – für den in der Ecke wartenden Zweier, der dann meist einige Freiräume genießt. Wenn der Ballhandler genau den richtigen Moment wählt, kann beispielsweise Lucca Staiger um den Block herum kommen und einen offenen Wurf bekommen.

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Den Brose Baskets gelingt es mit Set-Plays wie diesen die richtige Balance zwischen Inside- und Outside-Play zu finden. Immerhin wollen sie nicht, dass sich der Gegner auf sie einstellen kann und so kreieren sie auch immer wieder Spielzüge für Staiger oder Janis Strelnieks. Somit wird die gegnerische Verteidigung gezwungen aus der Zone hervorzukommen und auch aktiv den Perimeter zu verteidigen. Natürlich ist es auch hier möglich, dass die Bamberger einen anderen Weg wählen und beispielsweise Close-Outs attackieren und damit eben unberechenbar bleiben.

X-Factors: More than „Small“ Forwards

Es fällt sicherlich nicht leicht in der Bamberger Mannschaft einen Spieler herauszuheben, beziehungsweise einen wichtigsten Spieler für eine Finalserie zu benennen. Trotzdem gibt es auch in diesem Team sogenannte „X-Factors“, also Spieler, die den kleinen Unterschied machen können und dabei vielleicht gar nicht immer auffallen. In den Finals gegen ratiopharm Ulm könnte eben das auf zwei Spieler zutreffen, die laut den alten Positionsbezeichnungen wohl als Small Forwards aufgeführt werden könnten. Sie hören auf die Namen Darius Miller und Patrick Heckmann und zählen sicher nicht zu den Spielern, die man direkt zu den besten Bambergern der Saison küren würde. Trotzdem sind ihre Einflüsse auf das Spiel so unfassbar hoch, dass sie wohl auch in der Serie um die deutsche Meisterschaft eine große Rolle spielen werden.

Miller und Heckmanns Spielzeit in der regulären Saison war – für viele sicher überraschend – sehr gleichmäßig verteilt. Der 24-Jährige Rookie Heckmann zeigte von Beginn an, dass er in dieser Liga und auch in diesem Team eine wichtige Rolle verdient hat. Ohne Furcht zieht er regelmäßig zum Korb, zudem kann er dank seines guten Wurfs und dem Attackieren von Close-Outs für Spacing sorgen. Doch was bei all diesen ausgeprägten Fähigkeiten wohl am meisten hängengeblieben sein sollte, ist sein tolles Gefühl für einen richtigen Cut. Es gibt kaum Akteure in der Liga, die ein solch gutes Auge dafür besitzen, wann das Schneiden durch die Zone oder direkt zum Korb angebracht ist. Immer wieder erwischte Heckmann seine Gegenspieler dabei, wenn sie zu viel auf den Ball achteten und bedankte sich mit zwei einfachen Zählern.

Doch auch am defensiven Ende des Feldes konnte er regelmäßig sein Können unter Beweis stellen. Mit 1,98 Meter und der entsprechenden Athletik gelang es ihm immer wieder Punkte in Korbnähe zu verhindern, genauso kann er auch mal gegen größere Spieler verteidigen. Zusätzlich ist auffällig, mit welcher Aggressivität er zu den Defensivrebounds (2,9 Rebounds pro Spiel) geht und somit seine größeren Mitspieler immer wieder bei der Arbeit unterstützt.

Über Darius Miller hingegen müssen gar nicht so viele Worte verloren werden. Der US-Amerikaner, der in seine zweite Saison bei den Bambergern spielt, ist immer noch einer der unangenehmsten Defender der Beko Basketball Bundesliga. Er kann fast jeden Spieler aus der Liga verteidigen, hat zusätzlich ein extrem gutes Timing für Steals und kämpft sich um jeden Screen. Mit Nicolo Melli hat er in dieser Spielzeit noch mehr Unterstützung bekommen und wohl den defensiv besten Frontcourt der Liga gebildet. Am anderen Ende des Courts hat Miller die Fähigkeit sowohl den Dreier zu verwandeln, als auch den Weg zum Korb zu suchen oder auch aus dem Post zu arbeiten. Mit 2,03 Meter ist er größer als die meisten Small Forwards und kann damit natürlich zusätzlich auch auf der Vier eingesetzt werden. Allerdings sind die Brose Baskets in dieser Spielzeit dort so tief besetzt, dass es nicht mehr so häufig nötig war.

In der Serie gegen Ulm, in die die Franken als eindeutiger Favorit starten, könnten eben diese beiden Spieler von Beginn an für klare Verhältnisse sorgen. Dabei könnte sich ihre Wichtigkeit vor allem auf den offensiven Part beziehen. Immerhin hat ratiopharm Ulm gezeigt, dass sie eine der besten Defenses der Liga spielen können. Dank ihrer Mobilität und den daraus folgenden schnellen Rotationen hatten es Teams wie Oldenburg oder Frankfurt extrem schwer zu punkten. Um eben diesem System zu entkommen, braucht es auch Spieler, die mit ihrem Basketball-IQ kleine Plays starten, die die Ordnung in der Ulmer Defense zerstören.

Dazu zählen vor allem die oben angesprochenen Cuts von Heckmann, die einen Gegenspieler mal auf dem falschen Fuß erwischen oder einfach die Verteidigung für einen Moment ablenken und somit dem Ballhandler mehr Platz geben.

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Genauso ist es eben auch die Fähigkeit der beiden Spieler für viel Spacing auf dem Court zu sorgen. Beide dürfen nicht außen stehen gelassen werden und sind somit indirekt auch in viele Plays involviert, in denen sie nicht erster Abnehmer sind.

In der Defense können für die beiden auch einige interessante Matchups entstehen: Trinchieri muss erst abwarten, wie seine Big Men um Leon Radosevic oder Daniel Theis mit Morgan und Rubit umgehen, allerdings hat er mit Miller immer einen Spieler in der Hinterhand, der die beiden verteidigen kann. Im letzten Aufeinandertreffen beispielsweise, als Leibenath Rubit nicht zur Verfügung hatte und deshalb groß spielte, musste Miller als Vierer teilweise Raymar Morgan verteidigen. Es war wieder mal zu erkennen, wie variabel der Ex-Pelikan ist. Er konnte Morgan problemlos vor sich halten und zwang ihn zu Turnovern.

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Somit sollte in dieser Serie neben den üblichen Verdächtigen wie Brad Wanamaker, Janis Strelnieks oder Nicolo Melli auch ein Auge auf die beiden nominellen Small Forwards der Bamberger geworfen werden. Ulm hat mit Chris Babb oder Taylor Braun durchaus Spieler, die gut verteidigen können, allerdings auch immer wieder zur Help-Defense gezwungen werden. Dadurch werden für Heckmann und Miller wahrscheinlich noch mehr Freiräume entstehen, die sie zu nutzen haben, um die Serie für die favorisierten Brose Baskets zu entscheiden.

ratiopharm Ulm

Bereits in unserer Preview zur Serie der Männer von Thorsten Leibenath gegen die EWE Baskets Oldenburg beleuchteten wir einige Plays. Allerdings war auch zu erkennen, dass Ulm zur Post-Season noch mal einige neue Kniffe anwenden wollte.

Im letzten Aufeinandertreffen mit den Bambergern versuchte Leibenath Vorteile unter den Körben zu suchen. Zwar musste Rubit in dem Spiel pausieren, allerdings war immer wieder zu erkennen, wie das Aufposten von Morgan oder Philipp Neumann gesucht wurde. Dazu verwendeten sie häufig ihr Play „5-Side“, welches wir vor der Viertelfinal-Serie bereits analysierten. Dabei wird am Ende Morgan im Post-Up gesucht, der möglicherweise Kraft bzw. Athletikvorteile gegen die Bamberger Bigs haben könnte.

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Die Brose Baskets werden aufgrund ihrer Möglichkeiten sicher auch nicht davor zurückschrecken entsprechende Post-Ups auch mal zu doppeln beziehungsweise allgemein Hilfe zu schicken. Es steht außer Frage, dass Morgan und Rubit sich derzeit in Top-Form präsentieren und ohne Foulprobleme auch den Bamberger Großen Sorgen bereiten könnten.

1 Down

Das folgenden Play war insbesondere zuletzt in der Serie gegen Frankfurt immer wieder zu sehen. Thorsten Leibenath kommentierte dies in einer Auszeit mit den Worten „Wir laufen wieder ‚One Down‘, es funktioniert.“ Das interessante an dem Play ist, dass es mit viel Bewegung verbunden ist und es zudem etliche Blöcke involviert. Dies könnte in der Bamberger Defense, die abseits des Balls und auch Dribble-Handoffs gerne switcht, für Verwirrung sorgen. Diese kurzen Situationen der Unaufmerksamkeit oder sich ergebende Lücken wollen die Spatzen natürlich sofort nutzen, um zum Korb zu kommen und Freiwürfe zu ziehen.

Das Set wird mit einem einfachen Dribble Handoff des Ballhandlers mit einem Flügelspieler eingeleitet.

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Dieser wartet dann auf den Downscreen auf der ballfernen Seite des Courts, eher er dort dann den Guard anspielt.

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Während der Guard dann sofort einen Ballscreen eines Big Man bekommt, stellt der andere ebenfalls einen Block, damit der Dreier cutten kann. Dies könnte sogar direkt zum Korb sein, allerdings wird bei „One Down“, welches Teil einer ganzen Serie ist (mit u. a. „One up“), der Weg zur Seitenlinie gewählt.

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Dort stellen der Dreier und der Fünfer nun einen doppelten Block, um einem der Spieler den freien Weg nach oben zu ermöglichen. Wenn der Pass ideal gespielt wird, kann daraus beispielsweise sofort ein offener Dreipunktwurf entstehen.

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X-Factors: The Four Factors

Dean Oliver, einer der besten Basketball-Analysten auf diesem Planeten, hat viele statistische Metriken entwickelt. Besonders interessierte ihn die Frage, welche Faktoren einen Einfluss auf den Sieg eines Teams haben. Diese vier Faktoren – Shooting (40%), Turnovers (25%), Rebounding (20%) und Free Throws (15%) – nannte er dann dementsprechend die „Four Factors“ und sortierte sie nach der oben genannten Gewichtung. Diese „Four Factors of Basketball Success“ lassen sich auch im Ulmer Team identifizieren. Dabei geht es weniger um statistischen Werte, als um die Gründe oder eben auch Spieler, die den Ulmern zu Siegen verhelfen.

Dass Per Günther oder auch die bereits mehrmals erwähnten Morgan und Rubit abliefern, ist eigentlich immer eingeplant. Doch den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage machen am Ende des Tages die vier anderen US-Amerikaner: Pierria Herny, Chris Babb, Taylor Braun und Da’Sean Butler. Mindestens einer von ihnen muss einen guten Tag haben, damit Ulm regelmäßig zu Siegen kommt. In der Finalserie gegen Bamberg müssen wohl alle vier jedes Spiel stark performen, um irgendwie eine Chance zu haben.

Insbesondere der Einfluss in der Defense von den Ulmer „Four Factors“ ist enorm. Henry und Babb verteidigen immer die besten Perimeter-Spieler der Gegner, müssen abfangen, was von schwächeren Defendern auf sie zu kommt und versuchen Passwege frühzeitig vorauszuahnen. So haben sie auch in den Playoffs klar den Unterschied gemacht und offensivstarke Teams wie Frankfurt oder Oldenburg bei wenigen Punkten gehalten. Nicht umsonst ging das Ulmer Defensivrating (Oktober bis Dezember: 112,04) seit den Verpflichtungen der beiden im November stark zurück und entwickelte sich zu einem der besten der ganzen Liga (107,07).

Auch im Switching spielen sie eine große Rolle, wo ihre defensive Variabilität genutzt werden kann, um Würfe bestmöglich zu verteidigen. Die Schnelligkeit von Henry, Babb und Braun wirkt sich zudem auch auf die Help-Defense aus. In der Serie gegen Oldenburg beispielsweise fokussierte sich Ulm darauf, Center Brian Qvale alles am Korb wegzunehmen und musste somit Würfe von weiter außen in Kauf nehmen. Durch die gute defensive Raumaufteilung und die Mobilität der drei Ulmer konnten aber ebenso diese Würfe extrem schwer gemacht werden. In den Finals benötigen die Donaustädter exakt dieselbe gute Kommunikation und Balance, um Bamberg das Leben offensiv schwer zu machen.

Im eigenen Angriff haben die vier Siegfaktoren der Ulmer auch diverse Aufgaben: Voraussetzung für alle ist der Wurf von außen, der den dominanten großen Spielern mehr Platz zum Arbeiten gibt. Insbesondere Da’Sean Butler, der meist als zweiter Big fungiert, zieht damit das Feld auseinander. Henry bewies nun zuletzt gegen Frankfurt auch noch, dass er es von Downtown kann, sodass die Bamberger es sich nicht erlauben können einen der vier frei stehen zu lassen. Chris Babb, der häufig auf einer der beiden Flügelpositionen eingesetzt wird, ist zudem noch ein weiterer Ballhandler in Leibenaths Team. Er läuft regelmäßig das Pick and Roll und kann daraus für seine Mitspieler kreieren. So kann Per Günther auch mehr off-ball arbeiten und dank seinem gefährlichen Wurf für Spacing sorgen. Zusätzlich haben die Ulmer mit Taylor Braun einen weiteren Creator in den Reihen, der auch mal in Late-Clock-Situationen den Ball in die Hand nehmen und einen Wurf kreieren kann.

Es wird somit hochinteressant zu sehen sein, welchen Einfluss diese vier Ulmer auf die Serie nehmen können. Ohne einen konstanten Impact der „Four Factors“ ist es ausgeschlossen, dass Ulm eine Chance gegen die übermächtigen Franken hat. Gleichzeitig macht es aber auch deutlich, dass viel über Günther, Morgan & Co. gesprochen wird, aber der Schlüssel zum Erfolg meist in den kleineren Faktoren liegt. In Ulm sind dies Henry, Babb, Braun und Butler.

Das Schlüssel-Matchup

An den tollen bisherigen Erfolg der Ulmer in den Playoffs hatte das Frontcourtduo, bestehend aus Augustine Rubit und Raymar Morgan, einen großen Anteil. Sowohl gegen Frankfurt als auch gegen Oldenburg agierten sie stark, indem sie die größeren Big Men wie Brian Qvale und Johannes Voigtmann durch gute Rotationen in Schach hielten. Offensiv war es ihre Variabilität und Physis, die sie zum Erfolg brachte.

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In der Statistik spiegelt sich vor allem der offensive Wert des Duos wider: Es scorte zusammen mehr Punkte als alle Frontcourttrios der anderen Halbfinalisten. Zwar werden einige Schnelligkeitsvorteile gegen die ebenfalls klein und mobil spielenden Bamberger wegfallen, dennoch sind die beiden Amerikaner ein Schlüssel zum Erfolg der Ulmer. Ein Grund ist ihre Stärke in der Zone, die es den Ulmer Schützen deutlich einfacher macht einen freien Wurf zu bekommen.

In dieser Saison kam es bislang erst zu zwei Aufeinandertreffen der beiden Finalisten. Dabei kann das erste Spiel Anfang November nicht für Beobachtungen genutzt werden, da das Ulmer Team dort noch eine deutlich andere Gestalt hatte.

Im zweiten Spiel zum Ende der Saison hin hatte das Trainerteam der Ulmer seine Kaderform endlich gefunden, obwohl es in dieser Partie auf Per Günther und Augustine Rubit verzichten musste. Daher lag der Fokus der Donaustädter in der Offensive auf Morgan. Headcoach Thorsten Leibenath nutzte ihn häufig, um das konsequente Switchen der Bamberger zu bestrafen. Dazu brachte er die Defense immer wieder in Situationen, in denen sie normalerweise immer switcht.

Hier stellt Morgan einen Ballscreen, der den Switch von Harris zum leichteren Heckmann erzwingt. Da Morgan sofort an den Zonenrand rollt, muss Heckmann auch bei ihm bleiben. Der Ball geht daraufhin in die Ecke, um den Winkel für einen Pass in den Lowpost zu erleichtern. Über die Erweiterung des Pick and Rolls erhält Morgan nun den Ball im Matchup mit Heckmann, der ihn nicht wirklich halten kann.

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In der folgenden Sequenz deutet Morgan den Block an Zisis nur an und rollt sofort zum Korb. Die Bamberger switchen auch hier und Morgan hat einen einfachen Job im Post gegen Zisis, wenn er den Ball bekommt.

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Offenbar möchte Leibenath Morgan aber nicht nur nutzen, um die Mismatches beim Switchen zu erzwingen. Es wird auch versucht seine Stärke am Zonenrand gegen große Verteidiger zu nutzen: Hier stellt Braun einen Block in der Zone für Morgan, während der Ballhandler ebenfalls einen Block gestellt bekommt. Morgan kann sich durch den Screen eine gute Position im Lowpost erarbeiten und seine Stärken im eins gegen eins ausspielen.

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Jedoch kann ein im Post starker Morgan nicht das Allheilmittel für die Ulmer sein. In der folgenden Sequenz verteidigen die Franken die Aktion für ihn fast ideal. Darius Miller verhindert durch seinen Körper, dass der Screen von Babb effektiv genutzt werden kann.

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Dennoch erhält Morgan den Ball am Block und kann die schlechte Position von Elias Harris ausnutzen, um die Mitte durch seinen Dropstep zu attackieren. Die Teamdefense und die individuelle Klasse von Nicolo Melli, der es vermeidet zu springen, können Harris’ Fehler jedoch ausbügeln und Morgan an einem Wurf hindern. Heckmann hilft exzellent beim Gegenspieler des helfenden Melli aus und Morgan verliert den Ball, da er keine Anspielstation findet.

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In der Anfangsphase der Partie konnte Morgan noch von den Switches der Bamberger profitieren und brachte seine Ulmer deutlich in Führung, jedoch stellte Andrea Trinchieri in der zweiten Halbzeit um und vermied das Switchen mit Morgans Gegenspieler. Zudem stellte er Leon Radosevic gegen ihn. Dieser erschwerte es ihm, seine Moves im Post anwenden zu können. Kombiniert mit einer extrem hohen Dreierquote der Bamberger, die das Spiel im dritten Viertel zu ihren Gunsten entschied, bildete dieses Adjustment einen Vorteil, den die Ulmer nicht mehr kontern konnten.

Um wirklich eine reelle Chance zu haben ein Spiel gegen die starken Bamberger zu gewinnen, benötigt es einen starken Butler in der Zone und genug Firepower von außen, um ein eventuelles Doppeln zu bestrafen. Da Butlers Optionen, wie in der letzten Szene recht leicht (für ein Team wie Bamberg) zu verteidigen sind, scheinen die Chancen gering.

Schlüsselthema: Spacing

Auch wenn die Spiele der beiden Teams aus der regulären Saison nur bedingt als Vergleichsgrundlage dienen, da einige Spieler gefehlt haben, waren dennoch klare Tendenzen zu erkennen, die so in der Finalserie wiedererkannt werden könnten.

Eines der größeren Themen der Finals könnte somit das Spacing werden. Wie erwähnt haben beide Teams die Möglichkeiten viel zu switchen oder zu rotieren und so ist es offensiv extrem wichtig, dass alle Spieler das Feld breit machen. Ansonsten wird es für die schon schnelle Defense noch einfacher, um Würfe zu verhindern. So war es im letzten Aufeinandertreffen sichtbar, dass ratiopharm Ulm teilweise Probleme hatte Spacing zu generieren. Sie standen zwar teilweise mit drei oder sogar vier Schützen auf dem Parkett, konnten sich aber nicht so postieren, um die Bamberger Defense ins Schwitzen zu bringen.

Mit Sequenzen wie dieser werden die Brose Baskets kaum vor Probleme gestellt. Sie können mit allen fünf Spielern die Zone komplett dicht machen und laufen trotzdem nicht Gefahr, einen Wurf von außen eingeschenkt zu bekommen. Morgans Einfluss wird dadurch komplett weggenommen und ein Drive zum Korb wird im Sande verlaufen, weil so viele Bamberger zur Stelle sind.

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Genauso gehen die Bamberger auch bei Post-Ups vor. Mit dem Wissen, dass Morgan hier die einfachen Zähler sucht, positionieren sie sich mit so vielen Spielern wie möglich in der Zone. Selbst wenn der Ulmer also an seinem Gegenspieler vorbeikäme, würden noch genug Help-Defender in der Nähe warten. Wieder ist daran das schlechte Spacing Schuld, welches es den Brose Baskets ermöglicht, die anderen Spieler aus den Augen zu lassen. Natürlich wird sich das mit Rubit nun ändern können, da er – anders als Neumann – auch weiter außen stehen kann und somit einen Big Man Richtung Perimeter bringt.

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Auf der anderen Seite gibt es nur ganz selten Situationen, in den Andrea Trinchieri seine Mannen bei schlechtem Spacing erwischt. Die Brose Baskets besetzen so gut wie immer beide Ecken und machen es damit der gegnerischen Defense enorm schwer, den Ring zu beschützen.

Als Henry hier nicht das Blocken und Abrollen sofort switcht, muss er seinen Gegenspieler ziehen lassen. Dieser hat nun drei einfache Optionen, um seinem Team Punkte einzubringen. Melli zieht zusätzlich Morgan vom Korb weg, um es für Radosevic hier noch leichter zu machen.

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Sollten sich die Ulmer dann mal dafür entscheiden, konsequent die einfachen Punkte am Korb wegzunehmen, bleiben noch die Optionen von außen: Als Daniel Theis hier den Ball erhält, stürzen sich gleich zwei Ulmer auf ihn. In der gegenüberliegenden Ecke hätten allerdings nun gleich zwei Spieler einen völlig freien Wurf.

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Der alte und immer noch geltende Spruch „Defense wins championships“ könnte sich wieder bewahrheiten, da Bamberg die zweitbeste Verteidigung der Liga stellt. Für die Offensive der Donaustädter muss es oberste Priorität sein, es dieser starken Defense nicht zu einfach zu machen. Die Schlüsselfaktoren wie das Bewegen abseits des Balls und das Schaffen des guten Spacings müssen eingehalten werden, um eine reelle Chance zu haben regelmäßig gegen dieses Team zu scoren. Dass Ulm offensiv diese Fähigkeiten hat, steht außer Frage. Doch solange Bamberg in der Zone warten und die andere Spieler nicht beachten kann, wird das Punkten alle 24 Sekunden ähnlich wie für Würzburg und Bayern eine schwere Angelegenheit.

Fazit

Wenn der Erstplatzierte gegen den Siebtplatzierten spielt, sollte die Favoriten- und die Underdog-Rolle klar verteilt sein. Trotzdem ist es offensichtlich, dass Ulm nicht der normale Siebte ist, sondern eine Mannschaft mit weit mehr Potenzial, die einfach viel zu spät angefangen hat es auszuschöpfen. Trotzdem bleibt es gegen das beste Team Deutschlands ein schwieriges Unterfangen. Es fordert über mehrere Spiele Höchstleistungen jedes Einzelnen und sowohl offensiv als auch defensiv auch des Teams. Coach Thorsten Leibenath kann durchaus auf Spieler zurückgreifen, die die Fähigkeiten haben, die Geschichte weiter zu schreiben. Ob das am Ende des Tages gelingt, liegt aber dann wohl doch ganz bei den Bambergern. Es ist #BAMORE gegen #WEAREONE. Bamberg gegen Ulm. Trinchieri gegen Leibenath. Wanamaker gegen Günther. Rot gegen orange. Skill Ball gegen Skill Ball. Oder ganz einfach: die geilste Zeit des Jahres.

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