medi Bayreuth

PlayOff Breakdown – medi Bayreuth

Neuer Anlauf zum Angriff auf das Halbfinale!

Neuer Anlauf zum Angriff auf das Halbfinale!

Mit teils durchwachsenen Leistungen in der Rückrunde in die PlayOffs

Medi Bayreuth, der zweite oberfränkische Vertreter in den Playoffs neben Bamberg, hat keine einfache Rückrunde hinter sich. Man bekam den Eindruck, dass nach der Qualifikation zum Top 4 des Easycredit BBL Pokalwochenendes und der Niederlage gegen ALBA Berlin im Halbfinale etwas die Luft raus war bei den Wagnerstädtern. Spielten die Bayreuther zuvor nicht nur einen qualitativ hochwertigen Basketball, sondern auch noch eine mehr als solide Hinrunde hinsichtlich der Beständigkeit ihrer Auftritte. Auch im europäischen Wettbewerb mussten die Spieler von Coach Raoul Korner am Ende die Segel streichen, obwohl sie noch im Viertelfinale das Hinspiel gegen den ebenfalls deutschen Vertreter MHP Riesen Ludwigsburg in gegnerischer Halle gewannen. Es war also etwas der Wurm in den Spielen von medi Bayreuth. 

Embed from Getty Images

In der Endphase der Saison konnte man aber wieder einige Siege in Serie einfahren, auch wenn es dabei großteils gegen Gegner aus den unteren bzw. mittleren Regionen der Tabelle ging. Am vorletzten Spieltag traf man einmal mehr auf das Team aus Ludwigsburg und verlor in eigener Halle. Und auch am letzten Spieltag unterlag man relativ klar im fränkischen Derby gegen s.Oliver Würzburg, die noch auf den Einzug in die Playoffs hofften und dementsprechend engagiert zu Werke gingen in der Partie.

Insgesamt betrachtet kann die bisherige Saison von medi Bayreuth aber sicherlich als gut bezeichnet werden. Man präsentierte sich nicht nur in der heimischen Liga, sondern auch auf europäischen Parkett in der FIBA Champions League phasenweise in sehr guter Verfassung. Nachdem Bayreuth im letzten Jahr bereits im Viertelfinale gegen den späteren Vizemeister aus Oldenburg gescheitert ist und dabei bis ins Spiel 5 der Serie gelangte, möchte man in dieser Saison sicherlich den einen Schritt weitergehen und das Halbfinale anvisieren und erreichen. Doch ist die Mannschaft des sympathischen Österreichers Raoul Korner bereit dazu?

Check – Up*

Bei den Statistiken siedelt sich das Team von medi Bayreuth, sowohl offensiv, wie defensiv eher um den Mittelwert, der sich aus allen BBL Teams ergibt, an. Die Werte sprechen hierbei folgende Zahlen

Hierbei reihen sie sich unter den Playoff Teams teils eher am unteren Ende ein. Interessant ist jedoch, wenn man sich die gängigen Statistiken betrachtet, dass Bayreuth fast immer im oberen Drittel zu finden ist, einzig bei der Freiwurfquote und den Blocks pro Partie (lediglich 1,7 BPG) fallen sie hier ab und gehören, rein statistisch gesehen, zu den schlechteren Teams der Liga. Das Team von Raoul Korner schafft es aber nach ALBA Berlin und die nicht für die Playoffs qualifizierten Ulmer mit den wenigstens Fouls der Liga aus zu kommen. Gerade mit Blick auf die Kadersituation, die im folgenden noch etwas näher betrachtet wird, kann dies noch von entscheidender Bedeutung für Bayreuth werden.

Zur Vollständigkeit gibt es natürlich noch an dieser Stelle die Wurfquoten aufgelistet:

  • 2P Percentage: 54,7%
  • 3P Percentage: 37,6%
  • FG Percentage: 48,4%
  • FT Percentage: 74,5%

*Stand zum 30. Spieltag der Hauptrunde

Kader & Verletzungen

Alle wichtigen Statistiken der Spieler von Alba Berlin findet man hier und dann nur noch auf Statistiken wechseln.

Die Bayreuther besitzen im Vergleich zu anderen Teams einen sehr schlanken Kader, der zwar bis zur Position 10 sehr gleich- und auch hochwertig besetzt ist, der aber gleichzeitig gewisse Risiken mit sich bringt. So steht Coach Raoul Korner vor einer großen Aufgabe: Im Spiel der Bayreuther gegen ratiopharm Ulm verletzte sich der US-Amerikaner De’Mon Brooks am Knie. Die Untersuchungen ergaben zwar ein leichtes Aufatmen, da es sich nicht um einen Kreuzbandriss handelt, jedoch ist es bislang fraglich, ob und wann Brooks nochmal in dieser Saison eingreifen kann. Eventuell stellt sich der spätere Einstieg in die Playoffs am 10. Mai aufgrund der Teilnahme von Ludwigsburg im Champions League Final 4 in Athen als Glück heraus und der US-Amerikaner wird bis dahin wieder fit. In den letzten Spielen rückte hierfür  allerdings der Veteran Steve Wachalski in die Starting 5 Aufstellung von Bayreuth nach. Auf den restlichen Kader kann aber Coach Korner in den Playoffs wohl ohne größere Sorgen zurückgreifen.

Scorertalent Gabe York als X-Faktor im Offensivspiel der Wagnerstädter?

Gleich zu Beginn muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass Coach Korner in der Offseason wieder einen guten Job bei der Zusammenstellung seines Teams geleistet hat. Mit Trey Lewis und Kyle Anderson verließen zwei Schlüsselspieler das Team im Sommer. Mit James Robinson und Gabe York konnten die Bayreuther hier zwei gute Griffe tätigen, da sich die beiden US-Amerikaner nicht nur leistungstechnisch sehr gut ergänzen, sondern auch stimmig in ihren jeweiligen Spielweisen. 

Obwohl Robinson mit seinen erst 24 Jahren eine große Aufgabe hat, die Geschicke eines Bundesliga Playoff Teams zu lenken, erfüllt er dies bislang mit einer abgeklärten Routine. Auffällig ist hierbei, dass der Spielmacher der Bayreuther mit fast 10 Punkten pro Partie mit zu den Punktelieferanten im Team zählt, er es dabei aber versteht, das Spiel zu kontrollieren. Er findet hierbei eine gute Kombination aus eigenem Scoring und Involvierung seiner Mitspieler, in dem er nicht nur ein gutes Auge aufweist, sondern auch das Tempo im Bayreuther Spiel sehr geschickt dosiert. Mit seinen 1,91m gehört er sicherlich nicht zu den größten PGs der Liga, doch ist seine Körperstatur mit 90kg durchaus so robust und zudem athletisch, dass er sich gut auch am gegnerischen Brett durchsetzen kann. In manchen MatchUps lässt Coach Korner ihn auch gezielt das Mismatch gegen körperlich unterlegene Guards suchen und seinen eigenen Spieler aufposten. 

Mit Gabe York besitzt er hier einen Spieler an seiner Seite, der zu den talentierteren Offensivspielern der Liga zählen dürfte. Dabei zeichnet sich vor allem sein Dreipunktewurf mitverantwortlich, wo er zwar mit lediglich 35,7% eine eher überschaubare Quote für einen Shooter aufzuweisen hat, hier aber auch gleich eine seiner Schwächen erwähnt werden muss: Die Wurfauswahl des Kaliforniers ist zeitweise etwas abenteuerlich und vor allem auch unnötig. Hier sucht er dann doch zu häufig den eigenen Abschluss in Situationen, die sicherlich noch andere, wahrscheinlich auch bessere Lösungen am Ende parat hätten. Mit fast 7 Wurfversuchen pro Partie jenseits der 3er Linie zählt er zudem zu den schussfreudigsten Spielern der Liga und wird hierbei nur vom Göttinger Brion Rush und dem Ulmer Neuzugang während der Saison Katin Reinhardt überboten. Ein anderer Aspekt dürfte bei York sicherlich noch der Ausbau seines Drives zum Korb sein: Er besitzt eine gewisse Grundschnelligkeit, dazu eine durchaus mehr als solide Athletik, integriert diese Fähigkeiten aber leider noch zu selten in seinem Spiel im Trikot der Bayreuther. Hier liegt zu gewissen Teilen auch der X-Faktor für Bayreuth. Nach der ungewissen Verletzungsdauer von De’Mon Brooks wird der Fokus in der Offensive noch mehr auf ihm liegen als es bislang schon der Fall gewesen ist.

Zwei weitere sehr wichtige Bestandteile im Team von Raoul Korner sind zum einen Nate Linhart, der für Bayreuth die Allroundfähigkeiten im Team wahrnimmt. Fast jedes Playoff Team besitzt solch einen Typus Spieler (Berlin – Sikma, München – Redding, Bamberg – Hackett), der mittlerweile für erfolgreiche Teams unabdingbar geworden ist. Linhart fällt nicht unbedingt durch sein Scoring auf, sondern vielmehr dadurch, dass er dem Team eine Struktur vermittelt, in dem er zu jeder Zeit, sowohl offensiv, wie auch defensiv ruhig und abgeklärt wirkt. In Anbetracht, dass außer York und Robinson, mit Brooks, Amaize und Marei weitere eher jüngere Spieler im Kader stehen, ein sehr bedeutender Part im Konzept von Coach Korner. Er kann durchaus in die Kategorie Point Forward eingestuft werden, da er im Bayreuther Spiel oftmals neben Robsinson und Doreth als ballbringender Spieler eingesetzt werden kann. Seine größte Stärke stellt aber sicherlich sein gutes Auge für die Mitspieler dar. Hierbei agiert Linhart oft aus dem Pick & Roll heraus, welche durch zeitlich gut abgestimmte Blöcke von Marei, Seiferth und Brooks eine noch größere Gefährlichkeit ausstrahlen. 

An diesem Punkt kann man auf die beiden Langen bei Bayreuth offensiv eingehen. Marei ist mit seinen 25 Jahren ein junger Center, der zeitweise noch etwas ungestüm wirken mag, aber schon über viele verschiedene Varianten in seinem Offensivspiel verfügt. Er ist ein Arbeiter am gegnerischen Brett und zählt damit folgerichtig zu den stärksten Offensivreboundern der Liga. Für Bayreuth heißt das so manche zweite Chance im Abschluss, wenn Marei nicht gleich selbst den Ball mit einem Tip-In in den gegnerischen Korb befördert.

Ein weiterer Pluspunkt für die Wagnerstädter dürfte auch auf den deutschen Positionen liegen. Mit Seiferth, Wachalski und Amaize haben sie drei Spieler, die für Entlastung ihrer ausländischen Mitspieler sorgen können. Seiferth legt mit seinen fast 64% Wurfquote am Brett eine mehr als solide Zahl in dieser Saison auf und mit Wachalskis sicherem 3-Punktwurf und der Athletik und Schnelligkeit von Robin Amaize verfügt Bayreuth auch auf den heimischen Positionen über viel Variabilität im Offensivspiel.

Defensiv mit Potenzial nach oben

Auf der eigenen Seite des Parketts kann man Bayreuth sicherlich nicht zu den defensiv talentierteren Teams zählen. Da gibt es Playoff Konkurrenten, die nicht nur als Team, sondern auch individuell ein größeres Talent besitzen. Das spiegelt sich auch in den Zahlen etwas wieder. Mit der bereits im Check-Up genannten Zahl von 111,25 im Defensive Rating liegt einzig Oldenburg als Playoff Verein noch hinter den Oberfranken und weist somit einen schlechteren Wert auf. Bayreuths Mannschaftsstruktur ist sicherlich einen Tick mehr auf einen offensiven Aspekt hin ausgerichtet, wobei das Team doch manchen guten Verteidiger in seinen Reihen weiß.

Mit De’Mon Brook fällt einer dieser besseren Verteidiger nun verletzungsbedingt auf unbestimmte Zeit aus. Brooks als athletischer und wendiger Power Forward wird dem Team im Playoffkampf womöglich schmerzlich fehlen, da er mit seiner Beinarbeit und Physis gegen ebenfalls bewegliche BigMen durchaus kein schlechtes MatchUp darstellt. Sein Vertreter ist der bereits 35-jährige Steve Wachalski: Dieser ist in seiner Karriere nicht unbedingt als hervorragender Verteidiger bekannt geworden, so dass gerade auf der Position 4 die gegnerischen Teams die Schwachstelle im Team von Coach Korner erkennen und nutzen könnten. 

Geht man weiter auf die Position 5 haben wir mit Marei einen für seine Statur beweglichen Center, der außerdem mit viel Energie spielt, und dabei auch noch gut reboundet, der aber die Defense nicht wird komplett auffangen können, da er aufgrund seines jungen Alters noch phasenweise eine gewisse defensive Abgeklärtheit vermissen lässt und gegen abgezockte Gegner ab und an auf variantenreiche Finten reagiert und hereinfällt.

Embed from Getty Images

Mit Nate Linhart, der offensiv schon als Allzweckwerkzeug beschrieben wurde, haben die Bayreuther auch defensiv einen guten Fang gemacht. Dazu kommt mit Bastian Doreth auf der Guard Position ein Spieler dazu, der für seine Bissigkeit bekannt ist, dem es aber auch gerade gegen athletische Spieler nicht immer ganz einfach hat. Seine Partner auf der Position in Person von Robinson und York liefern zwar aus physischer Sicht viele Grundlagen, die für einen guten Verteidiger nötig sind, können es aber nicht immer komplett umsetzen. 

Hinzu kommt, dass die Bayreuther manchmal auch geistig nicht immer ganz auf der Höhe agieren. So passierte es im Spiel gegen ALBA Berlin, dass man im dritten Viertel an beiden Enden des Feldes quasi auseinanderbrach und Berlin mehr oder weniger wehrlos den Sieg überließ. Raoul Korner sprach im Interview nach der Partie bei Telekomsport von einer “Mentalität zum Kotzen”. Hier darf man jedoch anmerken, dass die klaren Worte vom Trainer doch Wirkung zeigten, Bayreuth verteidigte zuletzt wieder engagierte und intensiver, was sich auch in den gegnerischen Wurfquoten wiederspiegelt, die im Vergleich zu den restlichen Teams der Liga durchaus sehr niedrig gehalten werden konnten.

Das Glück muss auf Bayreuther Seite sein

Bayreuths Saison darf man bislang, trotz mancher Durchhänger in der Rückrunde, durchaus als erfolgreich bezeichnen. Europäisch ist man bis ins Viertelfinale der Champions League vorgedrungen. Das Top 4 des BBL-Pokals wurde erreicht und man gelangte relativ sicher in die Playoffs. Mit dem zur Verfügung stehenden Etat hat Raoul Korner eine Mannschaft geformt, die jedem Team in Deutschland in einer Partie gefährlich werden kann. Aber hier kommt der Punkt: In einem Spiel. Die Frage, ob Bayreuth es schafft auch über eine Serie bestehen zu können, dürfte sicherlich angebracht sein. Vor allem in dem Wissen, dass mit De’Mon Brooks ein wichtiger Bestandteil der Frontcourtrotation mit seiner Knieverletzung wegfallen könnte, wird es Bayreuth schwer haben, die hohe Intensität einer Playoffserie defensiv meistern zu können. Viele Teams sind gerade dort auch hervorragend besetzt, so dass bei den Oberfranken schon einiges zusammen kommen muss, vielleicht auch das Quäntchen Glück auf ihrer Seite zu haben, dass es für einen Halbfinaleinzug reichen wird. Auf der anderen Seite haben sie gerade auch mit ihrem Trainer einen ausgewiesenen akribischen Fachmann an der Seite stehen, dem zuzutrauen ist aus dem Ausfall eine noch enger zusammen geschworene Einheit zu formen, die vielleicht nochmal über sich hinauswachen kann und an ihre tollen Leistungen in der Hinrunde anknüpft. 

  • 5
  •  
  •  
  •  
  •  

Schreibe einen Kommentar