Der Auftritt von medi Bayreuth beim expert Jakob Cup in der Analyse
Eine Woche vor Beginn der neuen Spielzeit, organisierte medi Bayreuth als Gastgeber in Form des Expert Jakob Cups eine letzte Härteprobe für jeden der vier Teilnehmer. Mit den MHP RIESEN Ludwigsburg, Dolomiti Energia Trento, brose bamberg und dem Gastgeber aus der Oberfrankenhalle deutete sich ein hochklassig besetztes Turnier an eine Standortbestimmung kur vor Saisonstart an.
Zu den Spielen
Im ersten Oberfrankenderby der neuen Spielzeit mussten sich die Gastgeber aus Bayreuth im Halbfinale des Expert Jakob Cup dem Gast und amtierenden Meister aus Bamberg mit 53:84 deutlich geschlagen geben. Einzig in den ersten zehn Minuten konnte die Mannschaft von Headcoach Raoul Korner das Spiel offen halten (20:25), bis die Bamberger zur Halbzeit ihre Führung auf 19 ausbauten und diese auch über die letzten 20 Minuten gekonnt aufrecht erhalten konnten.
Zunehmend in der zweiten Hälfte und mit einem wachsenden Punkteunterschied, wurden beide Mannschaften in den Defensivrotationen nachlässiger. Bamberg gelangen immer mehr einfache Punkte in der Zone, nachdem auf Bayreuther Seite die entsprechende Rotation verpasst wurde. Offensiv wich der Gastgeber ebenso zu häufig vom System ab und versuchte sich in zu frühen, verdeckten Würfen.
Korner betonte dabei die guten Ansätze speziell in der ersten Hälfte, die er von seinem Team sehen konnte:
„Wir hatten einige offene Chancen, sind auch an die Freiwurflinie gekommen, haben auf den Ball aufgepasst und hatten auch das Rebound-Duell auf unserer Seite – also da waren viele Sachen die durchaus positiv sind. Gegen so eine Mannschaft wie Bamberg musst du aber hochprozentig unterwegs sein und genau das waren wir nicht“
Zitat Raoul Korner, www.medi-bayreuth.de
Im Spiel um den dritten Platz gegen den italienischen Klub Dolomiti Energia Trentino entwickelte sich hingegen über die ersten 20 Minuten ein enges Spiel, ohne dass sich eines der beiden Teams über eine größere Punktedifferenz absetzen konnte. Nach der Halbzeit konnte sich medi mit einem knappen zweistelligen Vorsprung über einen längeren Zeitraum bis ins späte vierte Viertel absetzen. Kurz vor Schluss konnten die Italiener über einen Lauf das Spiel zum Ende verknappen. So “musste” Kyan Anderson den Dreier mit der Schlusssirene treffen, um sein Team abschließend mit dem verdienten 88:86-Sieg zu belohnen.
Team und Konzept
In den vergangenen Wochen der Vorbereitung auf die neue Spielzeit konnte das Team bereits Siege gegen Frankfurt, den MBC und Tübingen einfahren. Speziell im Halbfinale gegen den deutschen Meister, das letztlich recht eindeutig endete, zeigte die Bayreuther Mannschaft nichts desto trotz viele gute Ansätze und Muster in ihrem Spiel, einzig reichen gegen eine Bamberger Mannschaft gute Ansätze und eine schwache Trefferquote aus dem Feld nicht aus (Bayreuth 31% (19/59 FGs)).
Im Folgenden sollen sowohl gute Ansätze als auch Baustellen aus beiden Turnierspielen aufgezeigt werden.
Mit Raoul Korner an der Seitenlinie präsentierten die Bayreuther einige interessante Optionen in ihren Setplays. Neben dem klassischen HORNS, das in ein doppeltes Pick&Roll mündet, liefen viele Possessions mit HORNS-Set über einen Pass auf einen der beiden Big Men, die am High-Post sind. Der ballbringende Point Guard schneidet nach dem Pass zur Weakside und setzt den Block für den in der Ecke wartenden Perimeterspieler. Letzterer kann nun zwischen verschiedensten Optionen wählen: dem Curl in die Zone, der Weg zur Drei-Punkte-Linie und dem anschließenden Pick&Roll, oder das direkte schneiden in die Zone.
Wachalski, der als Big Man über eine gute Beschleunigung auf den ersten Metern verfügt, bietet sich hier als interessante Option für das Pick&Pop oder den abschließenden Flare Screen an. Neben der aufgeführten Version, das Play mit einem Flare Screen abzuschließen, deuteten sie auch vermehrt die Option an, das Play nach dem Handoff direkt in ein Pick&Roll zu überführen. Hiermit werden die Bayreuther auf jeden Fall variabel aufgestellt sein und können auf unterschiedliche Defenses reagieren.
Auch für Center Assem Marei wurden einige ihm zugedachten Set-Plays deutlich. Um dem Spieler im Post-Up die richtige Position zu verschaffen, greift Korner dabei gerne auf Weakside-Screens in der Zone zurück. Dies wird dann häufiger auch mit Flex-Action, also Blöcke für einen vorherigen Blocksteller, kombiniert.
In diesem Setplay setzt Marei zu Beginn den Screen für 2, und nutzt in der direkten Folge den Weakside-Screen von 3. In der Folge konnten so mehrmals gute Post-Up Positionen für den Ägypter herausgespielt werden.
Auffällig in beiden Spielen waren allerdings Schwierigkeiten bei Marei, den Ball im Post-Up zu dribbeln. Er dribbelte einige Male zu hoch und unsicher, sodass er den Ball verlor. Bekommt er den Ball jedoch bereits tief unter dem Korb in die Hand, strahlt er eine weitaus größere Gefahr aus. Trotz eines sehr beschränkten Repertoire an Post-Moves, weiß der Center seinen Körper und die damit verbundene Masse richtig einzusetzen, um zu Punkten zu kommen.
Weitere Sets, die extrem häufig gespielt wurden, stammen aus Korners “2”-Serie. Alle haben einen ähnlichen Aufbau, werden aber letztendlich mit anderen Ausstiegen gespielt und somit nach “2 Up”, “2 Down” oder “2 Side” unterschieden. Am Beispiel des öfter genutzten “2 Down” soll dieses Play nun erklärt werden.
Grundsätzlich erinnerte die Formation zu Beginn dabei etwas an das bekannte Play “Floppy”, auch “Single-Double” genannt, bei dem an beiden Seiten Blöcke gestellt werden und ein kleiner Spieler, der von unter dem Korb startet, wählen kann, welchen er nutzt. Daraus können extrem gute Wurfsituationen entstehen, doch es ist weitaus weniger komplex, als das, was der Bayreuther Headcoach hier laufen lässt.
Bei “2 Down” beginnt ein Guard also unter dem Korb und entscheidet sich für einen Block. Nachdem er diesen nutzt, erhält er den Ball kurz oben, ehe er ihn sofort wieder zum Ballhandler passt.
Direkt nach dem Pass, dreht der Zweier ein und sprintet entlang von zwei Screen bis auf die Weakside. In derselben Zeit bekommt auch der in der Mitte postierte Wing einen Flare Screen, sodass sich für den Ballhandler letztendlich zwei Passoptionen ergeben. Häufig wurde allerdings die rechte gewählt, sodass der Zweier nun entweder sofort abschließen, den Einser, der einen Flare Screen vom Vierer bekommt, bedienen oder sogar das Pick&Roll mit dem Fünfer laufen kann. Unglaublich viel Variabilität in einem einzigen Play, welches die Verteidigung extrem in Bewegung erhält und somit auch immer wieder Lücken reißt, in die schnelle Pässe gespielt werden können. Insbesondere Robin Amaize (als 2) wurde in diesem Set gesucht und konnte daraus dann Entscheidungen treffen.
Auch in der Defensive waren schon wiederkehrende Elemente zu erkennen, die BBL-Fans nicht gänzlich unbekannt sein sollten. Denn wie bereits in Braunschweig ließ Korner auch bei Bayreuth seine Mannschaft über zwei bestimmte Schemata pressen. Gegen Bamberg konnte zumindest eines der beiden wiederentdeckt werden.
So wurde diese Press-Defense regelmäßig nach eigenen erfolgreichen Freiwürfen zum Einsatz gebracht. Dazu bildeten vier Spieler in der Bamberger Hälfte ein Quadrat, in Raumdeckung, um möglichst viele Pässe abfangen zu können und ein schnelles Doppeln zu ermöglichen. Anschließend folgte der Wechsel in die 2-3 Zonenverteidigung. Da Bamberg zu Beginn gegen die Zone der Gastgeber schnell die richtigen Aktionen fand, währte diese Bayreuther Taktik nicht lange.
Die zweite Variante mit der Raumdeckung in Form einer Raute, die ein noch schnelleres Doppeln ermöglicht, wurde im ersten Spiel nicht zum Einsatz gebracht.

www.telekombasketball.de
Die erste Abbildung verdeutlicht das Pressen aus einer quadrat-förmigen Formation heraus, die weitaus passiver auf den ballführenden Spieler wirkt, als die unten angedeutete Presse basierend auf einer Raute. In Letzterer kann flexibel ein zweiter Spieler zum Doppeln des Aufbauspielers beordert werden.
In beiden Turnierspielen folgte auf “Viereck-Presse” anschließend eine 2-3 Zonenverteidigung. Erst im zweiten Turnierspiel gegen Trento verwendete Korner die “Cross-Presse” (letztere Abbildung) auf die eine Mann-Mann-Deckung folgte. Eine genauere Erklärung von Korners Press-Defense-Konzept, könnt ihr hier nachlesen.

www.telekombasketball.de
Ansonsten offenbarten die “Hereos of tomorrow” defensiv gegen die starke Bamberger Ballbewegung sehr viele Absprache- und Kommunikationsfehler. Ohne Bayreuth den Einsatz und den Willen absprechen zu wollen, stimmten speziell nach Bamberger Drives die Rotationen auf der Weakside nicht oder spätestens, nachdem der Lokalrivale den Ball über einige Pässe weitergeleitet hatte.
Auch am Folgetag fehlten speziell im defensiven Reboundverhalten die Absprache. Mit Assem Marei verpflichtete das Bayreuther-Management in dem 112 kg schweren und 206cm großen Inside-Spieler einen explizit gewollten Rebound-Spezialist. Neben Marei offenbarten sich hingegen individuell, aber auch speziell in der Absprache noch große Schwächen. Sowohl Wachalski und Seiferth fehlt unter dem Korb die physische Präsenz. Offensiv muss Korner diese nicht unabdingbar nutzen, doch gegen die physischen Inside-Spieler auf Seiten von Trento machte sich dies sowohl in der Rim-Protection als auch im Reboundverhalten bemerkbar.
Schwerlich lässt sich aus dem gezeigten Defensivverhalten der Bayreuther ein Schluss für die kommende Spielzeit ziehen. Kommunikationsprobleme in der Verteidigung lassen sich bei derart großen Kaderumbrüchen nicht vermeiden. Bamberg demonstrierte während des Turniers in Form einer (fast) perfekt eingespielten Mannschaft das Gegenteil, nachdem ein großer Kern über den Sommer gehalten werden konnte. Wie lange der Prozess sich in Bayreuth noch in die ersten Saisonwochen ziehen wird, bleibt unklar.
Fazit
Nach eher chaotischen letzten Jahren in Bayreuth warten die Fans darauf, dass mehr Ruhe und damit auch der Erfolg einkehrt. In der Teamzusammenstellung und in den ersten Auftritten der Pre-Season ist auf jeden Fall bereits ein Konzept zu erkennen, welches allerdings etwas Zeit benötigt, um komplett zu funktionieren. Mit Raoul Korner haben die Wagnerstädter aber einen Mann für sich gewinnen können, der klare Strukturen verlangt und vorgibt. Wie sich in der Vorbereitung gezeigt hat, heißt das, dass sich auch Chancen für die Jugendspieler bieten. Zusammen mit dem deutschen Kern aus Bastian Doreth, Andreas Seiferth und Robin Amaize, stehen die Chancen auf Erfolg im langfristigen Sinne nicht schlecht. Ob es direkt im ersten Jahr die Playoffs werden, kommt zum einen darauf an, wie schnell alle dieses Konzept verinnerlichen, aber zum anderen darauf, wie sich die Teams um Bayreuth entwickeln. Bislang gibt es mit Bamberg, Bayern, Ulm, Berlin, Ludwigsburg, Oldenburg und Würzburg vermeintlich erstmal sieben sichere Playoffteams. Im Rennen dahinter kann medi Bayreuth allerdings eine sehr gute Rolle spielen. Und alleine das könnte schon als erster Erfolg verzeichnet werden.
Das Turnier in Zahlen:
Halbfinale: medi Bayreuth, brose Bamberg, 53:84.
Bayreuth:Anderson 4, Linhart 7, Seiferth 6, Lewis 6, Wachalski 6, Amaize 1, Trieb 0, Dejworek, Brooks 9, Adler 0, Marei 14 (18 Rebounds, 5 Assists)
Bamberg: Causeur 11, Melli 11, Zisis 6, Nikolic 15, Staiger 6, Edwardsson, Kulboka 3, Strelnieks 4, Veremeenko 4, Harris 5, Miller 11, Kratzer 8
Spiel um Platz drei: medi Bayreuth, Dolomiti Energia Trento
Bayreuth: Anderson 20, Linhart 14, Marei 17, Amaize 7, Brooks 9, Lewis 8, Wachalski 8,
Seiferth 5