Lockout, Off-Court, Salary Cap / CBA

Cui bono?

Wie der ehemalige ESPN-Journalist Chris Sheridan berichtete, soll es im Rahmen der laufenden CBA-Verhandlungen seitens der Team-Besitzer Überlegungen gegeben haben, den NBA-Draft von zwei auf drei Runden zu erweitern.

Neu ist dieser Gedanke nicht: Schon 1988 waren drei Draft-Runden die Norm. In den beiden vorangegangenen Jahren gab es sieben, im Jahrzehnt davor sogar zehn Runden, in denen „Gott und die Welt“ gedraftet wurde, darunter Football- und Baseball-Spieler, Leichtathleten und sogar zwei Frauen: Denise Long (1969, annulliert) und Lusia Harris (1977).

Im Grunde wurde gedraftet, bis niemand mehr übrig blieb, der es wert war, gedraftet zu werden. Deshalb finden sich in den hinteren Runden jener Jahre auch nur wenige Spieler, die dann tatsächlich den Sprung in die NBA schafften. Es war also naheliegend und vernünftig, den Draft übersichtlicher zu gestalten und die Zahl der Runden zu reduzieren: 1989 wurde das Zwei-Runden-System eingeführt, das noch heute besteht.

Zeiten ändern sich

Die Globalisierung des Basketballs und das allgemein gestiegene Niveau in dieser Sportart haben jedoch dazu geführt, dass die Anzahl der draft-werten Spieler die Zahl der im Draft verfügbaren Plätze Jahr für Jahr deutlich übersteigt. Tatsächlich besteht zwischen den in Runde 2 gezogenen Akteuren und vielen ihrer nichtgewählten Kollegen kaum ein Leistungs- bzw. Talent-Unterschied.

Die Zahl der Draft-Runden wiederaufzustocken, ist also durchaus sinnvoll. Selbst bei drei Runden würden in starken Jahren wahrscheinlich noch Spieler leer ausgehen und nicht gezogen werden. Dennoch ist die NBA-Spielervereinigung (NBPA) alles andere als begeistert von der Idee und versucht ihr Bestes, den Status Quo beizubehalten, ihn höchstens zu modifizieren. Die Frage ist: Wer würde von einer solchen Änderung profitieren?

Draft und Verträge: die Hintergründe

Das Besondere am Draft-System ist, dass es sich dabei um eine Rechtevergabe handelt: Rechte für die Teams, Pflichten für die Spieler, die in der Regel nur bei der Franchise unterschreiben dürfen, von der sie gezogen wurden. In der NBA ist daran zudem noch ein gestaffeltes Gehaltssystem gekoppelt: So erhält der 1. Pick des Drafts das Doppelte dessen, was der 8. Pick einstreicht, und mit jedem Platz wird der Abstand größer, also auch der Rookie preiswerter – wieder Vorteil Teams, Nachteil Spieler.

Für Zweitrunden-Picks gelten gesonderte Regeln: Sie erhalten zumeist zum NBA-Minimum Zwei-Jahres-Verträge, die nicht oder nur teilweise garantiert sind, also problemlos gekündigt werden können. Das ist abermals zum Vorteil der Teams, die sich nicht kostspielig und langfristig an Rookies binden müssen, denen für die NBA womöglich das sportliche Können fehlt.

Nun gibt es durchaus Spieler, die sich den Umstand, in Runde 2 gewählt worden zu sein, mit starken Leistungen zunutzemachen und nach Ablauf ihres zweijährigen Rookie-Vertrags schneller an die sprichwörtlichen Fleischtöpfe gelangen, als dies einem Erstrundenpick möglich ist – Gilbert Arenas, der bereits nach seiner 2. Profi-Saison einen 6-Jahres-Vertrag über 65 Mio. US-Dollar mit den Washington Wizards unterschrieb, ist ein bekanntes Beispiel.

Trotzdem ist es meist nicht erstrebenswert, in der 2. Runde gewählt zu werden: Vergleichsweise wenig Geld und kaum Vertragssicherheit machen dieses Schicksal für manche zur schlechtesten Lösung überhaupt. Es gibt sogar Spieler, die mithilfe ihrer Agenten die NBA-Teams darauf drängen, gar nicht gedraftet zu werden, da sie dann ihren Arbeitgeber selbst wählen und ihr Gehalt frei verhandeln können. So sicherte Šarūnas Jasikevičius sich 2005 einen mit 12 Mio. US-Dollar dotierten Drei-Jahres-Vertrag, wodurch er als ungedrafteter Spieler mehr verdiente als Nummer-1-Pick Andrew Bogut (3,6 Mio.).

Was würde die 3. Runde verändern?

Durch den Draft zu fallen, ist also beileibe nicht das Ende aller NBA-Hoffnungen. Es gibt jedes Jahr Spieler, die zwar nicht gedraftet werden, jedoch umgehend Einladungen zu Trainingscamps und sogar Vertragsangebote erhalten, aus denen sie sich dann das für sie Interessanteste heraussuchen. In dieser Situation liegt relativ viel Macht bei dem ungedrafteten Profi, um den mehrere Teams konkurrieren, was wiederum seinen Vertragspreis in die Höhe treibt. An diesem Punkt setzt der Gedanke einer 3. Draft-Runde an.

Diese würde weitere 30 Rookies an bestimmte Teams zu vorbestimmten Konditionen binden, wovon abermals die Franchises, aber nicht die Spieler profitieren würden. Bei insgesamt 90 gewählten Rookies würde sich zudem auch wieder die Frage stellen, ob außerhalb des Drafts noch frei verfügbares Talent zu haben ist. Dementsprechend schwer würden es auch ungedraftete Spieler haben, sich einen Platz in einem NBA-Kader zu erkämpfen, denn gedraftete Spieler besitzen in der Regel einen Vertrauensbonus bei den Team-Verantwortlichen, z.B. weil sie intensiver gescoutet worden sind.

In diesem Licht besehen, wird vielleicht verständlich, weshalb die Team-Besitzer eine 3. Draft-Runde vorgeschlagen haben, die NBPA sich jedoch gegen dieses Vorhaben sträubt: Das aktuelle System legt die Teamwahl und die freie Gehaltsverhandlung in die Hände ungedrafteter, aber NBA-tauglicher Rookies wie Ben Wallace, Darrell Armstrong und Wesley Matthews, die ihr (finanzielles) Schicksal als Basketballprofi vom ersten Tag an selbst bestimmen können.

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