Der Rebuild der Phoenix Suns - Offseasons 2012 & 2013
Die Sonne scheint in Phoenix traditionell hell und lange. Nicht nur am Himmel über der Wüste, sondern auch in Sachen Basketball. Vielen wird es wohl nicht bewusst sein, doch die Phoenix Suns gehören zu den erfolgreichsten Franchises der gesamten NBA. Nur die Lakers, Celtics und Spurs haben historisch betrachtet eine höhere Siegquote als die Sonnen. Natürlich haben sie ihren zahlreichen erfolgreichen Saisons nie die Krone aufgesetzt, erreichten also nie das ultimative Ziel Meisterschaft. Sie waren oft nah dran, in jüngerer Vergangenheit scheiterten sie drei Mal knapp am Einzug in die Finals (2005, 2006, 2010). In den Finals 1993 musste sich das Team um Charles Barkley, Kevin Johnson und Dan Majerle erst den Bulls um Jordan und Pippen geschlagen geben. In den Saisons 1988-1990 standen die Suns auch jeweils in den Conference Finals. Kurz: Die Fans im Wüstenstaat Arizona sind Erfolg von ihren Phoenix Suns gewohnt.
Doch nun ist ein neues, dunkles Zeitalter angebrochen. In jeder der vergangenen drei Saisons verpassten die Suns die Playoffs – genauso oft, wie in den vorangegangen 21 Saisons insgesamt. Seit den 80er Jahren verpassten die Suns nicht mehr in aufeinanderfolgenden Jahren die Postseason, doch nun scheint die Serie von drei Saisons erst der Anfang einer längeren Durststrecke zu sein.
From Dusk…
Der Umbruch begann, als Nash nach seinem zweiten, acht Jahre andauernden Engagement in Phoenix im Sommer 2012 das Trikot wechselte. Der Schnitt war richtig, da sich Phoenix mit dem alternden Nash, nach den stufenweisen Abgängen ihrer anderen Stars Joe Johnson (2005), Shawn Marion (2008), Shaq O’Neal (2009) und Amar’e Stoudemire (2010), in eine Sackgasse der Mittelmäßigkeit manövriert hatte. Nash war nunmehr von reinen Rollenspielern umgeben und Phoenix hatte weder den Spielraum, noch war es attraktiv genug, einen oder mehrere Co-Stars für Nash anzuheuern.
Diese Sackgasse war auch Produkt eines rigorosen Sparkurses, welchen Robert Sarver seit seinem Kauf der Franchise 2004 jahrelang fuhr und welcher das Management in ihrer Entscheidungsfreiheit immer wieder stark einschränkte. So konnten oftmals Spieler nicht geholt oder gehalten werden und – noch schlimmer – wurden Draftpicks geradezu verschenkt, aus denen sehr brauchbare Spieler wie Rajon Rondo, Luol Deng, Serge Ibaka, Marcin Gortat, Rudy Fernandez und Nate Robinson wurden, um nur einige zu nennen. Zwar wurde Sarver in der Folge etwas spendabler, sodass etwa seit 2008 die Firstrounder (Robin Lopez, Earl Clark, Markieff Morris und Kendall Marshall) behalten wurden und jetzt mit dem amnestierten Josh Childress und ausgekauften Michael Beasley Spieler bezahlt werden, die gar nicht mehr im Kader stehen. Auf den Teamerfolg schlug sich das zwar nicht nieder, aber immerhin zeigte dies, dass Sarver dem Management nun finanziell mehr Spielraum gibt.
Unabhängig von diesen Entscheidungen, konnte Phoenix ohnehin nicht ewig am mittlerweile 38-jährigen festhalten, mit dem sie zu schlecht für die Playoffs, aber zu gut für hohe Picks waren. Nash strebte derweil auf seine alten Tage nach einer weiteren Chance, noch einmal um den Titel mitzuspielen. Es war einfach an der Zeit, getrennte Wege zu gehen.
Offseason 2012
Dass Nashs Weg ausgerechnet zum Erzrivalen Los Angeles Lakers führen sollte, hinterließ dann bei vielen Fans einen sehr faden Beigeschmack. Immerhin: Im Gegenzug kamen die Erstundenpicks 2013 (Nemanja Nedovic; Trade für Archie Goodwin und Malcolm Lee) und 2015 (schwach geschützt bis 2018) sowie Zweitrundenpicks 2013 (Alex Oriakhi) und 2014 (mittlerweile über Minnesota zu Milwaukee). Da man Nash und den Lakers ihre Zusammenkunft ermöglichte, bekam man also bereits Goodwin, musste Lees garantierten Vertrag aufnehmen (den man an Washington loswurde), hat die Rechte an Oriakhi (was zu vernachlässigen ist) und bekommt auf jeden Fall noch einen weiteren Firstrounder von den Lakers, der – je nach Verlauf von LAs Rebuild nach Kobes Karriereende – durchaus ein hoher Pick werden könnte. Mehr hätte man für Nash wohl kaum bekommen können. Die Krönung wäre allenfalls gewesen, wenn die Hollywood-Drama-Truppe es am Ende nicht in die Playoffs geschafft und Phoenix einen Lotterypick bekommen hätte. Aber Karma gab ihnen schon einmal einen Vorschuss, indem Nash in Los Angeles letzte Saison bereits fast genauso viele Spiele verpasste (34), wie in seinen acht Jahren in Phoenix insgesamt (37).
Was folgte, war ein ebenso turbulenter wie richtungsweisender Sommer 2012. Zunächst wurde Restricted Free Agent Eric Gordon ein Maximalvertrag angeboten, welchen er letztendlich mit der Hoffnung unterschrieb, auch wirklich für die Suns aufzulaufen. Bevor Gordon unterschrieb (und somit die Möglichkeit des Sign-and-Trades eliminierte) und bis die Hornets mit dem Angebot gleichzogen, wurde Gordon nicht müde zu wiederholen, wie gern er in Phoenix spielen würde. Dies und die Tatsache, dass er am Ende in New Orleans verbleiben musste, ist paradoxerweise beides für die Suns positiv zu bewerten. Denn erstens gelang es den Suns, bei ihrer ersten Gelegenheit mit Capspace seit Nash 2004 direkt einen namhaften Free Agent für Phoenix zu begeistern, was den Standort in seiner Attraktivität bestätigt und den Fans so Hoffnung gab. Zweitens wäre Gordon für die Suns dennoch nicht optimal gewesen, denn vor allem im Nachhinein betrachtet macht seine Gesundheit weiter Sorgen. Ob das unter dem Medical Staff Aaron Nelsons anders gewesen wäre, ist nicht ganz unwahrscheinlich, aber spekulativ. Ob es zielführend gewesen wäre, die Einleitung des Rebuilds mit dem Signing eines teuren – wenn auch jungen und talentierten – Free Agents zu verbinden, ist ebenso fraglich. Aus heutiger Sicht sind die meisten Sunsfans wohl kaum noch traurig, dass die Hornets gleichzogen.
Im nächsten Schritt kam mit Beasley ein ewiges Talent nach Phoenix. Man ging davon aus, dass er sich im besten Fall doch noch zum All-Star entwickeln würde. Im schlechtesten Fall wäre er als Benchscorer mit $15 Mio. an garantierten Gehältern für drei Jahre überbezahlt, aber derartige Risiken gehören im Rebuild nun einmal dazu. Doch Beasley schaffte selbst das zu unterbieten. Nach seiner ersten Saison in der Wüste war er sowohl spielerisch (TS% 46.2; ORtg 87!) als auch menschlich (Unreife und weitere Drogenprobleme) derartig weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, dass man sich in diesem Sommer direkt wieder per Buyout von ihm trennte. Da Beasley dabei immerhin auf Gehalt verzichtete, ist dieser Fehler aber noch zu verschmerzen.
Außerdem wurde Goran Dragic für einen angemessenen Vertrag ($30 Mio./4 Jahre) zurück nach Phoenix geholt und Luis Scola gesichert, nachdem er von den Rockets per Amnesty Clause entlassen worden war. Scola passt zwar so gar nicht in die Altersstruktur eines im Rebuild befindlichen Teams, jedoch war schon letzten Sommer absehbar, dass Scola nach Ablauf des einjährigen Moratoriums sicher für ein paar Assets an einen Contender weiterverschifft werden können wird. Des Weiteren amnestierten die Suns ihrerseits den fleischgewordenen Fehler Josh Childress und bekamen im Tausch für Lopez (Sign-and-Trade) und den ebenfalls überflüssigen Hakim Warrick mit Wes Johnson einen weiteren ehemaligen Hoffnungsträger sowie einen (geschützten) Firstrounder der Timberwolves. Als Backup auf der Zwei wurde Shannon Brown weiterverpflichtet.
Abgesehen vom High-Risk-High-Reward Signing von Beasley machte das Frontoffice in Phoenix also Vieles richtig im Sommer 2012. Nash weg, Picks dafür bekommen. Childress weg. Lopez und Warrick weg, Pick bekommen und Johnson ausprobiert (und 2013 für schlecht befunden). Scola geholt, aus dem mittlerweile Profit geschlagen werden konnte. Dragic zurückgeholt. Versucht mit Gordon einen dicken Fisch an Land zu ziehen, diesen überzeugt, doch nicht bekommen (was im Endeffekt wohl besser war). Brown günstig gehalten. So weit, so gut.
Saison I nach Nash
Am Spielstil änderte sich in der Folge gar nicht mal all zu viel. Defensiv (DRtg 108.1; Platz 23) und beim Rebounding gehörte man weiterhin zu den schlechteren Teams der Liga. Offensiv spielte man mit ähnlich hoher Pace (93.4; Platz 9), doch die Qualität stürzte ohne Nash ins Bodenlose. Unter Regie des zweimaligen MVPs hatte Phoenix 2011-12 noch eine Top-10 Offense (ORtg 106.2), ohne ihn in der Folgesaison fielen sie auf Platz 29 im Offensivrating (101.2). Nur die Wizards, welche lange auf John Wall verzichten hatten müssen, hatten eine noch schlechtere Offense (100.2). Dass die Suns ihren Gegnern die höchste Dreierquote aller Teams (38.8%) erlaubten und gleichzeitig selbst die drittschlechteste Quote von Downtown (33.0%) hatten, fasst das Problem recht gut zusammen: Offense sowie Defense waren richtig mies.
Hierfür musste exakt zur Hälfte der Saison, nach einer Bilanz von 13-28, dann der bei Spielern und Fans beliebte Coach Alvin Gentry seinen Kopf hinhalten und trennte sich “im Einvernehmen mit dem Management” vom Team. Dass ihm unter anderem vom Management mangelnde Spielerentwicklung vorgeworfen wurde, wenn gleichzeitig Veteranen wie Scola, O’Neal und Brown verpflichtet worden waren, ergab wenig Sinn. Es wurde noch kurioser, als – entgegen der Erwartungen und Hoffnungen der Fangemeinde – nicht der langjährige Assistenztrainer und Ex-Spieler der Suns Dan Majerle eingesetzt wurde, sondern Lindsey Hunter, der zwar noch keinerlei Coachingerfahrung hatte, aber ein Freund des GMs Lance Blanks war…
Selbiger musste dann, ebenso wie Hunter, in diesem Sommer seinen Hut nehmen. Hunter hatte eine Bilanz von 12-29 eingefahren und sich auch sonst nicht weiter empfohlen. Auch Blanks’ Entscheidungen waren bestenfalls mäßig gewesen (u.a. Turkoglu, Childress, Warrick, Brown, Beasley, Scola via Free Agency und Clark, Morris, Marshall per Draft), sein größter Verdienst für die Franchise bleibt wohl der Gegenwert für Nash. Sowohl Hunter als auch Blanks waren keinesfalls Idealbesetzungen für ein Team im Wiederaufbau und wurden folgerichtig ersetzt.
Offseason 2013
Oben auf der To-Do-List stand ab Mai also die Suche nach General Manager und Head Coach. Nachfolger für den Posten des General Managers wurde Ryan McDonough, der vom Management der Boston Celtics nach Phoenix wechselte. Sein Skillset ergänzt sich besser mit dem des President of Basketball Operations Lon Babby, dessen Fachgebiet als ehemaliger Spieleragent eher die Businessseite des Geschäfts ist, der in Sachen Spielerevaluation und Teamaufbau aber Schwächen hat. Dies ist wiederum das Steckenpferd McDonoughs, der seit seiner Ankunft den radikalen Rebuild mit cleveren Deals weiter vorantrieb und vor allem auf den Aufbau über den Draft sowie Spielerevaluation über Advanced Metrics und intensives Scouting setzt.
Die Stelle des Head Coaches wurde indes mit Ex-Sunsspieler Jeff Hornacek besetzt, der in Phoenix beliebt ist und zuvor Erfahrung als Assistent in Utah sammeln durfte. Hornacek setzt auf Basics, Spielerentwicklung und auch Advanced Stats, trifft also den Zahn der Zeit, bildet so eine Symbiose mit dem Management und passt im wiederaufbauenden Phoenix wie die Faust auf’s Auge.
Im Verlauf der diesjährigen Offseason stand also weiterhin alles im Zeichen des Neuaufbaus. So gaben die Suns fünf der sechs Spieler ab, die in der Vorsaison zweistellig für sie gepunktet hatten. Wie bereits erwähnt, wurde Querkopf Beasley ausgekauft und Scola zu den Indiana Pacers verfrachtet. Im Gegenzug erhielt man einen Firstrounder 2014 (Position 1-14 geschützt), Highflyer Gerald Green sowie Sophomore Miles Plumlee. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass man Scola für Lau abgegriffen hatte. Für den dienst-ältesten Spieler in Phoenix und Fanliebling Jared Dudley bekamen die Suns in einem weiteren Trade in Form von Eric Bledsoe und Caron Butler ebenfalls ordentlichen Gegenwert. Zu ersterem im zweiten Teil des Artikels mehr, letzterer wurde kurze Zeit später per Trade in seine Heimatstadt Milwaukee geschickt, wofür Ishmael Smith und Viacheslav Kravtsov kamen. Kein Traum von einem Gegenwert, aber Butlers Vertrag war nun einmal auslaufend und der Markt entsprechend klein. Enttäuschung Wes Johnson und Ex-Star Jermaine O’Neal wurden nicht weiterverpflichtet, Hamed Haddadi wurde entlassen.
Nach Abschluss der Preseason folgte dann der absehbare Trade des Veteran-Centers Marcin Gortat, der zu den Wizards geschickt wurde. Marcin Gortat ist der Spieler, der wohl am meisten unter Nashs Abgang gelitten und folglich in alle relevanten Offensivstatistiken abgebaut hatte. In einem funktionierendem Team ist Gortat jedoch ein mehr als brauchbarer Two-Way Player (2011-12: 15PPG/10RPG/1.5BPG) und könnte für ein Playoffteam – wie es die Wizards sein wollen – Gold wert sein. Das und die Tatsache, dass Gortat gerne gewinnt und so nach der Saison mit Sicherheit woanders unterschrieben hätte, machten ihn zum Tradekandidaten #1 in Arizona.
Da Washington ihn jedoch nur „least“ und der Pole nach der Saison wieder weg sein könnte, ist der Gegenwert für Phoenix mehr als annehmbar: ein weiterer Firstrounder 2014 (Position 1-12 geschützt) sowie der Vertrag des verletzten Emeka Okafor, der ebenfalls auslaufend, aber knapp doppelt so hoch wie der Gortats ist. Desweiteren nahmen die Haupstädter die garantierten Verträge von Shannon Brown, Malcolm Lee und Kendall Marshall auf.
Dass Marshall in den Deal geworfen wurde, kam dabei für viele vielleicht etwas überraschend. Jedoch enttäuschte der 13. Pick der Suns 2012 bisher in der Liga der Besten. Am College für UNC mit 9.8 APG noch einer der besten Passer der NCAA, konnte er in seinem Rookiejahr überhaupt nicht überzeugen. Sein größtes Problem ist das Fehlen von sowohl Athletik, als auch eines sicheren Wurfes, was ihn im besten Fall zu einer Lightversion von Andre Miller macht, in der Realität bisher aber zu einem weiteren schrecklich ineffizienten Spieler im Kader der Suns. Sein Passing ist hervorragend, seine Anfälligkeit für Ballverluste jedoch nicht. Auch defensiv kann Marshall überhaupt nicht mithalten. Mit 22 ist er zwar noch nicht all zu alt, doch dass die Wizards nicht nur Brown und Lee, sondern auch ihn umgehend entließen, spricht Bände.
Die Suns brachten ihren Kader durch den Trade auf 15 Mann, schufen Spielzeit für die Rookies Len und Goodwin, bekamen einen weiteren Pick und mit Okafor einen potentiellen Tradechip, den man im schlechtesten Fall aber auch einfach auslaufen lassen kann. Im Anbetracht des Marktes für Gortat ein sehr guter Trade, denn die meisten Playoffteams haben entweder bereits einen gleichwertigen Center oder keinen ähnlichen Tradewert.
Im Prinzip wurde in der Offseason 2013 das fortgesetzt, was man im Vorsommer begonnen hatte: Man gab ältere Veteranen sowie unbrauchbare Spieler ab, um jüngere Spieler mit Entwicklungspotential zu erhalten und Spielzeit für die Talente freizuschaufeln. In Teil Zwei des Artikels werfen wir einen genaueren Blick auf die Phoenix Suns 2013-14.