Ein ungleicher Kampf
Die Serie zwischen den Portland Trail Blazers und den Oklahoma City Thunder stand von Anfang an unter einem merkwürdigen Stern. Unter normalen Umständen ist der dritte Seed in der Regel der Favorit im Vorfeld, allerdings schien es, als würden viele Experten mit einem Weiterkommen der Thunder rechnen. Nun steht es 2-0 für das Team um Damian Lillard und man muss sich fragen, wie es dazu gekommen ist. Eine nicht unwesentliche Rolle spielt einer der ältesten Spielzüge im Basketball: das Pick-and-Roll.
Die Vorzeichen der Serie
Einleitend sollte nochmals kurz geklärt werden, warum sich überhaupt so viele Beobachter der NBA sicher waren, dass man hier einen “Upset” erleben könnte. Die Trail Blazers beendeten die reguläre Saison mit amtlichen 53 Siegen und gewannen 8 der letzten 10 Spiele. Allerdings mussten sie wenige Wochen vor Beginn der Playoffs einen schmerzlichen Verlust hinnehmen. Jusuf Nurkic hatte sich im Verlauf der Saison unverzichtbar für das Team gemacht und fiel einer schweren Verletzung am Bein zum Opfer. Sein deutlich effizienteres Scoring und sein verbessertes Passing, gepaart mit seiner wichtigen Rolle in der Defense, sollten den Trail Blazers ab diesem Zeitpunkt verwehrt bleiben. Auch CJ McCollum plagte sich nahe dem Saisonende mit einer Verletzung herum und die späte Siegesserie wirkte angesichts ihrer Gegner eher wie ein Produkt des Spielplans (man spielte gegen CHI, MEM, MIN, ATL, SAC und LAL). Nach einem turbulenten letzten Spieltag landeten sie schließlich auf Platz 3 und man hörte von vielen Seiten, dass OKC sich insgeheim über diese Entwicklung sehr freute. Die Thunder gewannen letztendlich 49 Spiele und 7 ihrer letzten 10 Partien. Dennoch zeigten die mittelfristigen Trends eher nach unten, da man nach dem All Star Break nur noch knapp die Hälfte seiner Spiele gewann und Paul George sichtliche Probleme mit seiner Schulter zu bewältigen hatte. Nichtsdestotrotz war ein gewisser Optimismus vonseiten der Oklahoma-Organisation zu spüren, nicht zuletzt weil durch die Verletzung von Nurkic ein alter Bekannter ins Starting Lineup gerückt war. Enes Kanter ist bekanntermaßen in den Playoffs nicht spielbar, da er als defensive Schwachstelle gnadenlos ausgenutzt werden kann. Außerdem wähnte man sich als defensiv starkes Team am Perimeter und schien gute Matchups für die bevorstehende Serie aufbieten zu können.
Die Gesetze der Playoffs
Es wird oftmals davon gesprochen, dass in den Playoffs ein anderer Basketball gespielt wird als in der regulären Saison. Warum das so ist, dürfte allgemein bekannt sein. Ein wesentlicher Faktor ist, dass Schwächen des gegnerischen Teams meist schonungslos offenbart werden und es im Vorfeld Ziel der Trainer sein muss, die eigenen Schwächen möglichst gut zu kaschieren.
OKC hat hier eine Schwachstelle vorzuweisen, die allgemein bekannt sein dürfte: Dem Team mangelt es an zuverlässigem Shooting und man belegt hier unter allen teilnehmenden Playoff Teams den letzten Platz. Vieles ist deswegen von Paul George abhängig und in den ersten zwei Spielen der Serie wurde diese Abhängigkeit zum Problem. George traf lediglich 6 seiner 22 Versuche von hinter der Dreierlinie, allerdings erging es dem Rest des Teams nicht wesentlich besser. OKC ist als Team bei 10/61 from Downtown und strahlt somit keinerlei Gefahr vom Perimeter aus.
Russell Westbrook ist wenig überraschend wesentlicher Bestandteil dieses Problems. Er selbst nahm 10 Würfe und traf davon einen einzigen. Westbrooks Leistungen sind bisher ein Sinnbild für seine gesamte Saison und einer der Gründe, warum man bisher kein Spiel gewinnen konnte. Er bringt es auf ein Offensiv-Rating von 94 (ist damit allerdings noch besser als sein Backcourt Buddy Dennis Schröder (91)) und kommt bisher auf 21 Assists bei 10 Turnovern. Das ist insofern enttäuschend, da er eigentlich mit Lillard und Kanter zwei vermeintlich leichte Ziele im PnR gegen sich hat, allerdings konnte er daraus bisher aus zwei Gründen nur begrenzt Profit schlagen. Zum einen macht Damian Lillard seine Sache ordentlich, er ist längst nicht mehr so schlecht, wie sein Ruf es zu besagen schien, und macht vor allem eine Sache bisher recht gut: Er gibt Westbrook die Jump Shots und forciert Würfe, mit denen die Blazers Defense wohl leben kann. Und zum anderen nutzen die Thunder ihre bisher größte Waffe, nämlich eben jenes Pick-and-Roll von Westbrook und Adams, nicht annähernd so oft, wie sie das vermutlich tun sollten. Die Resultate waren bisher recht vielversprechend und nicht selten kam es dabei zu Szenen wie der Folgenden:
Enes Kanter ist eigentlich bisher genau so defensiv katastrophal wie es vor der Serie zu erwarten war. Er hatte ein recht beeindruckendes offensives Spiel 1, aber zieht hinten durchgehend den Kürzeren, wenn er gefordert ist, den Korb zu verteidigen. Er sinkt jedes Mal tief ab, wenn er ins PnR muss und ist nicht in der Lage den heranstürmenden Westbrook zu stoppen, geschweige denn Adams einfache Abschlüsse zu verwehren. Dennoch wurde er bisher nicht mit der Konsequenz attackiert, mit der man ihn hätte vom Feld spielen können. In Spiel 2 gab es davon zumindest vermehrte Ansätze, insbesondere als er sein 4. Foul aufgenommen hatte und so seine ohnehin schon bescheidene Defense nahezu ganz einstellte. Allerdings waren solche Szenen dennoch auch in dieser Phase nicht mehr so häufig der Fall:
Was uns zurück zum Shooting bringt. Durch die katastrophalen Leistungen des Thunder-Teams hilft die Portland-Defense zunehmend sorgloser von den Schützen weg. Man kommt bisher auf 15 Blocks als Team, einige davon direkt unter dem eigenen Korb. Dadurch entstehen weniger Möglichkeiten Kanter zu attackieren, obwohl man diesen Vorteil bisher vermutlich nicht ausreichend genutzt hat. Dazu machen die tragenden Säulen der Thunder-Offense bisher keinen allzu guten Job. George hat sich noch nicht von seiner Schulterverletzung erholt und bei Dennis Schröder (29 Minuten/G) ist noch ungeklärt, an welchem Ende des Feldes er mehr Schaden zufügt. In der Defense hatten bisher nahezu alle Guards der Thunder Probleme gegen Lillard und McCollum zu bestehen und auch ein Seth Curry spielt bisher eine tolle Serie. Wenn Billy Donovan allerdings weiterhin mit Schröder-Felton Lineups oder sogar Schröder-Felton-Westbrook Lineups das Feld bespielt, kann man hier fast schon von einem Wettbewerbsvorteil sprechen. Dennoch sollte man nicht schon den Abgesang starten, da bei zwei gespielten Partien noch viel Raum für Adjustments vorhanden ist.
Wenn alles klickt…
Die Blazers spielen auf der anderen Seite bisher eine tolle Serie. Lillard (30 Pts/g; 115er ORtg) sowie McCollum (29Pts /g; 113er ORtg) waren vor heimischem Publikum gut aufgelegt und konnten ihrem Team somit zu zwei wichtigen Siegen verhelfen. Gerade Lillard war bisher offensiv eine absolute Macht und konnte 9/19 Dreier einnetzen, von denen einige aus gut gemeinten 30 ft Entfernung genommen wurden. Es bleibt zu hoffen, dass mittlerweile auch bei Westbrook angekommen ist, dass Lillard zu den gefährlichsten Scharfschützen der NBA gehört, da einige dieser tiefen Versuche nahezu ohne Gegenwehr stattfanden. Lillard hat somit übrigens nur einen Wurf weniger getroffen, als das gesamte OKC-Team, aber auch als Kollektiv macht Portland bisher keine schlechte Figur ( 24/57 3FG). Ihre Offense ist etwas variabler als die der Thunder und konnte bisher mit einem ORtg von 109 den Trend der regulären Saison fortsetzen. Allerdings ist auch ihr Prunkstück das Pick-and-Roll, welches bisher aufgrund von Lillards Wurfgefahr bedeutend besser funktioniert als auf der anderen Seite. Adams kommt jedes Mal hoch an den Perimeter und es ergibt sich viel Platz in der Zone, um zu penetrieren. Überraschenderweise wurde Lillard zudem bisher recht selten gedoppelt und in den Phasen des ersten Spiels, in denen das der Fall war, konnte er sich teilweise sogar durch geschicktes Splitten des Double Teams befreien und so Überzahl für das eigene Team schaffen. Die herkömmliche Herangehensweise mit Adams, der quasi hedgt oder sogar auf Lillard switcht, hat allerdings noch schlechter funktioniert. Natürlich ist es auch wenig hilfreich, dass Westbrook recht häufig am Block hängen bleibt und Adams so weitestgehend auf sich allein gestellt ist. Die folgende Szene bietet hier ein recht anschauliches Beispiel:
Der Fairness halber muss auch erwähnt werden, dass der Block von Kanter nicht gerade zweifelsfrei legal gestellt wurde, allerdings sind viele der genannten Situationen bisher zu beobachten gewesen. Die Hoffnung der Thunder-Fans, man könne die bewährte Strategie der Pelicans aus dem letzten Jahr kopieren, welchen es gelang Lillard weitestgehend aus dem Spiel zu nehmen, scheint allerdings begraben. Eine banale aber doch nicht zu unterschätzende Tatsache lässt sich zu diesem Zeitpunkt nicht wegdiskutieren: Westbrook ist nicht Jrue Holiday und Steven Adams nicht Anthony Davis. Dass die Blazers die heraneilende Help Defense mit ihrem guten Shooting bestrafen, ist ein weiterer Grund. Hier greift ein wesentlicher Unterschied der beiden Teams. Wenn Lillard zum Korb zieht und die Thunder Defense kollabiert, ist das ein Problem. Schön zu sehen in dieser Szene:
Umgekehrt ist dieses Problem ungleich kleiner. Wenn Westbrook zum Korb zieht und den Ball wieder rauskickt, dann gibt es momentan wenig Grund zur Sorge für die Trailblazers.
Ausblick
Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Umstand im Laufe der Serie nochmals ändern wird. Außerdem ist Billy Donovan gefragt. Seine Fähigkeiten als defensiver Coach stehen jetzt auf dem Prüfstand und nach dem 0-2 Rückstand kann man sich nicht allein auf die lauten heimischen Fans verlassen. Eine mögliche Anpassung könnte ein vermehrtes Ansetzen von Paul George auf Lillard sein. Dieser wabert schließlich im Kreis der “Defensive Player of the Year”-Kandidaten und konnte seinen Impact bisher nicht konstant aufs Feld bringen. Allerdings ist unklar, inwiefern ihn seine Verletzung beeinträchtigt und es braucht wohl mehr als dieses simple Adjustment, um diese Serie zu gewinnen. Das Pick-and-Roll könnte allerdings letztendlich den Ausschlag geben, momentan jedoch liegt hier der Vorteil klar bei den Blazers.