Die möglichen Schwierigkeiten der Wolves 2013/14
“It’s a threee……Keevin Maaartin….. From Ricky!” So ähnlich sollte es ab Ende Oktober durch das Target Center hallen, wenn Kevin Martin seine Dreier nach einem Zuckerpass von Ricky Rubio versenkt. Die Euphorie über Martins Verpflichtung in der Twolves-Welt war groß, denn immerhin bekommt man nach vielen Jahren frustrierender Experimente auf dem Flügel einen Shooting Guard, der sich durch voluminöses und effizientes Scoring außerhalb der Dreier- und auch an der Freiwurflinie einen Namen gemacht hat.
Nach zwei enttäuschenden Jahren unter Kevin McHale in Houston und als Scoring-Ersatz für James Harden in OKC, kehrt Martin zu dem Coach zurück, unter welchem er bereits in zwei anderen Städten gespielt hat. Nach Sacramento und Houston kreuzen sich seine Wege auch in Minnesota mit Rick Adelman, dem es gelingen sollte, Martin nahtlos in die Offensive der Wölfe einzubauen.
Regenerierung des offensiven Spiels unter Adelman?
Nachdem Kevin Martin im letzten Jahr von Rick Adelmans Engagement in Houston eine seiner besten Spielzeiten abgeliefert hatte, fiel es ihm schwer, sich im System Kevin McHales neben all den Tradegerüchten um ihn herum zurechtzufinden. Nach einer schwächeren und weniger effizienten Spielzeit 2012 kam er 2013 im Trade für Harden nach Oklahoma City, wo er hauptsächlich dessen Scoringoutput mittragen sollte, wenn auch in einer passiveren Rolle. Während die im Jahre 2011 noch sehr hohe Usage-Rate von 29.1 bei den Thunder auf 21.0 einbrach, stieg die Rate assistierter Würfe von 60,4% auf 73,7%.
Eine besondere Stärke Martins war jahrelang neben der Range das Ziehen von Fouls. In den Jahren 2008-2011 beförderte ihn seine intelligente und kontaktsuchende Spielweise jeweils unter die Top 10 der besten Freiwurfschinder. Während er auch 2011 noch satte 8,4 mal an die Freiwurflinie ging, waren es 2012 nur noch 4,5 und 2013 gar 3,2 mal. Auch wenn dieser rapide Niedergang anhand seiner Rolle in den letzten beiden Jahren erklärt werden könnte, bleibt abzuwarten, ob Martin in dieser Hinsicht an alte Zeiten anknüpfen kann. Sollte ihm das gelingen, hätten die Timberwolves eine weitere Option, die einfache Punkte generieren und gegnerische Spieler in Foulprobleme bringen könnte. Die FTA/FGA-Wertung der letztjährigen Timberwolves von .226 war ein Top-5 Wert und neben Nikola Pekovics Präsenz unter dem gegnerischen Korb so ziemlich der einzige offensive Faktor, über den man konstant produktiv war.
Neben den Vorstellungen, wie schön das Spacing um Martin, Budinger und Love sein könnte, gab es zugleich von etlichen Seiten Bedenken über das defensive Potential dieser Mannschaft, vor allem wenn Chase Budinger neben Martin starten würde. Was ist von dem Duo Martin & Budinger defensiv zu erwarten?
Defensive Implikationen
Ein Blick auf die On/Off-Numern sowie auf die Lineups, in denen die beiden zu Houstoner Zeiten gemeinsam auf dem Feld standen, sollten uns hier eine Idee geben. Zugegeben, diese sollte vage bleiben, da die Stichprobengröße nicht besonders groß ist. Rick Adelman und vor allem Kevin McHale hatten es lieber, beiden jeweils die defensiv stärkeren Courtney Lee oder Chandler Parsons zur Seite zu stellen. Adelman fuhr in der Saison 2010/11 immerhin fast 300 Minuten mit der Kmart & Bud-Kombi.
Die Lineups der Houston Rockets, in denen Kevin Martin und Chase Budinger 2011 und 2012 am meisten zusammen Zeit auf dem Spielfeld verbrachten.
Offensive sowie defensive On/Off-Nummern Budingers und Martins
Die On/Off-Werte Martins 2012, 2011 sowie die der Jahre davor schreien einem nahezu ins Gesicht: Kevin Martin ist ein katastrophaler Verteidiger. Budingers defensiver Impact bleibt hingegen etwas mysteriös. Während er in den Jahren 2011 und 2012 laut On/Off-Zahlen in der Offensive kaum positiv oder negativ ins Gewicht fiel, verbesserte seine Präsenz auf dem Feld das Team-DRtg im Jahre 2011 um satte 3,9 Punkte. Budingers guten Defensivwerte werden jedoch in Perspektive gerückt, wenn man bedenkt, dass er hauptsächlich in Back-Up-Rotationen für einen der schlechtesten Perimeterverteidiger der Liga agierte. Demnach wurde Budingers defensiver Wert durch die katastrophe Wertung Martins stark positiv beeinflust. Diese Korrelation zeigt sich auch im Jahre 2012, indem Martins verbesserter, wenn auch immer noch völlig desolater Wert von 2012 eine starke Verschlechterung Budingers Wert mit sich zog. Dazu war Houston in beiden Jahren defensiv ein unterdurchschnittliches Team – ein weiterer Grund, Budingers Defensivpotential mit Skepsis zu betrachten.
Budinger ist defensiv eventuell kein Minus, jedoch sollte klar sein: Budingers Präsenz wird bei Weitem nicht ausreichen, um die defensiven Defizite Martins zu kaschieren. Im schlimmsten Falle könnte er diese sogar noch verschlimmern.
Es ist ermutigend, dass die Kmart & Bud-Lineups zumindest im Stande waren, gegnerische Lineups in Sachen Scoring zu übertreffen. Dies lag neben der offensiven Synergie der beiden jedoch auch an der defensiven Stärke des primären Ballhandlers Kyle Lowry (dem Rubio in diesem Aspekt ebenbürtig ist) sowie vor allem der Präsenz des Defensivspezialisten Chuck Hayes. Während die offensiven Zahlen um 3FG%, eFG% und FTA sich kaum von denen der gegnerischen Lineups unterscheiden – und da ist Hayes als offensiv gehandicapter Spieler, der das Offensivspiel etwas behindert, mitverantwortlich – war es vor allem seine defensive Präsenz, welche zweier dieser Lineup zu einem satten Plus verhalf.
Gut, es ist nicht gerade eine Überraschung: Budinger und Martin sind ein defensiv nicht ideales Flügelduo. Adelman und McHale haben in diese Flügelkombi wenig Vertrauen gesetzt. Am besten, man trennt sie also. Die Produktivität dieser Kombi zu Houstoner Zeiten deutet jedoch auch darauf hin, dass ihre Defizite durch die Addition starker Verteidiger auf der Ballhandling- sowie einer Bigposition genug kaschiert werden kann, um keine zu große Bürde zu sein.
Welche Optionen haben die Timberwolves?
Ein Blick auf die On/Off-Zahlen der Timberwolves sollte uns helfen, die Optionen gegeneinander abzuwägen:
Defensive On/Off-Zahlen des Timberwolves-Kaders der letzten 3 Jahre
Die Spieler, die neben Martin und Budinger auf dem Flügel eingesetzt werden können, sind – untersucht man die Zahlen im Kontext – allesamt langjährig unterdurchschnittliche Verteidiger. Wie bei Martin sind auch die Zahlen im Jahre 2011 des kürzlich verpflichteten Brewer durch sehr schwache Defensivspieler auf dem Perimeter erklärbar. 2011 hatten die Wolves laut dem Drtg sowie gegnerischer eFG% eine Bottom-5 Defense in der Liga. In diesem Jahr agierte Brewer am Perimeter hauptsächlich mit Luke Ridnour und Michael Beasley, die allesamt unterdurchschnittliche Verteidiger sind. Ihre Werte wurden durch den Abgleich mit den defensiv desaströsen und unerfahrenen Jonny Flynn und Wes Johnson unberechtigterweise auf ein durchschnittliches (Beasley, Ridnour) bis zu sehr gutes Niveau (Brewer) hochgeschraubt. Dieses Niveau konnte Brewer jedoch in Denver nicht halten, was vor allem 2013 enttäuscht, da Corey meistens neben den defensiv starken Andre Iguodala und Wilson Chandler stand und dennoch lediglich einen durchschnittlichen Einfluss auf die Defensive aufweist.
Corey Brewer ist in erster Linie ein wilder Energieball, dessen defensiver Ruf vor allem auf seinen unermüdlichen Einsatz zurückzuführen ist. Während seiner ersten Schicht in Minnesota hatte er gegen größere, explosivere Flügelspieler ebenso Probleme wie mit der defensiven Disziplin, die sich vor allem durch übermäßiger Zockerei äußerte. In den zwei Jahren außerhalb Minnesotas sollte er dazu gelernt haben, jedoch ist auch bei ihm fraglich, ob er aufgrund seiner körperlichen Schwäche und dem von Instinkten geleitetem Spiel wirklich als defensiver Spezalist auftreten kann. Dazu kommt, dass er offensiv stark limitiert ist und an Abenden, in der die Offensive generell nicht klickt, vielleicht keine Option für eine längere Einsatzzeit ist.
Shved wird wohl einige Minuten auf dem Flügel verbringen, jedoch ist er frischer Absolvent einer enttäuschenden Rookiseason, weswegen er als defensiv sowieso limitierter Spieler für diese Rolle nicht gebucht werden wird. Shabazz sieht als Rookie im besten Falle nur wenige Minuten.
Es muss sich hier die Frage gestellt werden, ob man sich um Kirilenko hätte mehr bemühen müssen. Als starker Verteidiger und einziger Stretch-Big, der wahrhaftig auf dem Flügel eingesetzt werden kann, wäre er eine feine Ergänzung zu Martin und Budinger. Kirilenkos On/Off-Wert war in dem Jahr vor seiner einjährigen Flucht nach Moskau bereits negativ und es wurde befürchtet, dass er aufgrund des Alters nicht mehr das facettenreiche Game hätte, welches ihn einst auszeichnete. Die Jahre vor 2011 hatte Kirilenko jedoch noch fantastische defensive On/Off-Zahlen >4,00, und er zeigte auch 2013 wieder, dass er in Sachen Einsatz und Effektivität noch auf hohem Niveau agieren kann. Als Hauptfaktor für das durchschnittliche DRating der Wolves sahnte Andrei wie üblich einige Triviapunkte ab: So war er einer von zwei Spielern, die 2013 7 Rebounds, 6 Assists, 5 Steals und 3 Blocks in einem Spiel erzielen konnten. Dies gelang ihm in 31 Minuten. Der andere Spieler war Kevin Durant – in 50 Minuten. Mehr aussagekräftig ist da schon, dass Kirilenko die Liga in Defensiven Plays per Foul anführte – vor LeBron James, Tim Duncan und Andre Iguodala. Es bleibt fraglich, ob Kirilenko ein Angebot der Timberwolves überhaupt angenommen hätte. Eine Woche vor der Neuigkeit, dass er die 1-Jahres-Mini-MLE von Brooklyn annehmen würde, schlug er anscheinend die volle MLE der Wolves ab. Hätte man ihm mehr bieten sollen? Nach dem desaströsen Dreier-Shooting der Wolves in einer Saison, in der Mannschaften den Dreier als Offensivoption immer stärker in den Fokus nahmen, sah sich Flip Saunders gezwungen, primär in diesem Bereich aufzustocken, was mit Martin getan wurde. Dass Kirilenko trotz schwacher Range ein außerordentlich effektiver Offensivspieler ist, wurde dabei als weniger Wichtig erachtet. Kirilenko, sowie Pekovic, hoben die True Shooting-% der Wolves um .007 % an – ein Top 15 Wert. Letztendlich scheint mit dem jetzigen Kaderstand Option 1 nur wenig Potential zu besitzen.
Option 2 bräuchte einen starken Backcourt- sowie einen starken Frontcourtverteidiger. Ricky Rubio ist der einzige Spieler, den man im Backcourt als starken Verteidiger ausweisen kann. Pekovic hingegen zeigte in den vielen Minuten, die er die letzten beiden Spielzeiten bekam, dass er hauptsächlich ein offensiver Spieler ist. Die 1-on-1 Defensive ist ordentlich, jedoch mangelt es ihm besonders an der Fähigkeit, über weite Strecken aufmerksam Help-D zu spielen. Ein Defensivspezialist wird er nicht werden und demnach ist er kein idealer Partner für Budinger und Martin. Sollte Dieng als 3. Big eingeplant sein, sollte von seiner defensiven Leistung in seinem Rookiejahr viel abhängen – auch dies ist nicht ideal für eine Mannschaft mit Playoffaspirationen.
Was bleibt?
Bei aktuellem Stand sollte sich sich das Minutenmanagment im Hinblick auf die Teamdefensive aufgrund des Mangels an defensivstarken Optionen im Backcourt sowie auf der Bigposition als schwierig gestalten. Die Wolves hatten in Ridnour, Barea sowie Williams einige Assets, um einen weiteren preiswerten Flügel, der sich hauptsächlich auf die Verteidigung konzentrieren kann, per Trade oder Free Agency zu sichern. Mit Martin, Love, Pekovic als primäre Offensivoptionen und Rubio als Ballverteiler wären die Timberwolves im Stande gewesen, selbst einen Spieler, der D-and-D-only ist, offensiv zu verstecken. Mit Brewer wurde für die volle Mid-Level Exception ein Spieler gewählt, der tatsächlich offensiv versteckt werden muss, jedoch leider nicht dem Ruf als defensiver Spezialist gerecht wird.
Mit der Wiederverpflichtung von Nikola Pekovic werden die Timberwolves in den zwei verbleibenden Jahren von Kevin Loves Vertrag neben einer eher limitierten Bank wenig finanzielle Flexibilität besitzen. Hier rächt sich die verschwenderische Draftpolitik der letzten Jahre, in der kein günstiges Talent zur Kaderausstattung gefunden werden konnte.
Wenn ich auch die Wolves 2013 auf dem Papier als etwas schwächer als die Wolves 2012 sehe, gibt es doch Grund für Optimismus: Kevin Love und Ricky Rubio sollten von Anfang an fit sein. Mit Kevin Martin ist endlich ein Shooting Guard mit Größe gefunden, der zumindest auf einer Seite keine Belastung ist. Und obwohl das defensive Potential um Martin, Budinger, Brewer, Love und Pekovic als gering erscheint, hat nicht jede Mannschaft in dieser Liga die Mittel, um dies auszunützen. Obwohl Flip Saunders während des Drafts keine gute Figur machte, muss man ihm zu Gute halten, dass er versucht, die Mannschaft den Bedürfnissen Rick Adelmans zusammenzustellen. Mit Love, Pek und Ricky hat Adelman bereits drei Spieler, die er von Tag Eins an gewinnbringend in sein System einbringen konnte und mit Martin (und Budinger) bekommt er weitere Spieler, die er bereits einzubinden weiß. Die jüngste Verpflichtung der Wolves, Centerveteran Ronny Turiaf, sollte zunächst hauptsächlich als Trainingspartner für Nikola Pekovic dienen, der im täglichen Eins-gegen-Eins mit Chris Johnson und Gorgiu Dieng unterfordert wäre. Turiafs Karriere war in den letzten Jahren vor allem durch mehrere Verletzungen gezeichnet, was ihm trotz starker Verteidigung jegliche Spielzeit nahm. Vor allem offensiv kam ihm jegliches Selbstvertrauen sowie Rhythmus abhanden gekommen. Die Timberwolves sollten offensiv genug Kapazitäten haben, um ihn auf dieser Seite nicht besonders zu fordern, jedoch ist auch Turiaf eine wackelige Alternative, sollte er als 3. Big in die Rotiation rutschen, wenn Dieng enttäuscht.
Minnesota war letztes Jahr defensiv leicht überdurchschnittlich, was bei der Vielzahl an Verletzungen doch bemerkenswert ist. Mit ständig wechselnden Rotationen und Spielern eine flüssige und multidimensionale Offensive aufzubauen, ist schwierig genug. Defensiv auf einem passablen Level zu agieren macht es nicht unbedingt einfacher. Auch wenn zu erwarten ist, dass die Timberwolves defensiv große Probleme haben sollten, haben Sie offensiv hohes Potential und sollten, soweit keine weitere Epidemie ausbricht, in der hart umkämpften Western Conference um die Playoffs mitspielen.
Artur Kowis ist freier Mitarbeiter bei Go-to-Guys.de und bloggt vor allem über die Minnesota Timberwolves. Sein Blog ist hier zu finden.