Denver Nuggets, Los Angeles Lakers, Orlando Magic, Philadelphia 76ers

It’s all Dwight now?

Das Leiden hat für einige ein Ende. Dwight Howard wird einen neuen Arbeitsplatz einnehmen und in der kommenden Saison für die Los Angeles Lakers auflaufen. Für einige Fans erfüllt sich ein Traum, für andere hat das Grauen erst begonnen. Der Trade verändert das Bild der NBA nachhaltig – auch weil er so unausgeglichen wirkt wie schon lange kein Trade mehr.

Die Orlando Magic haben sich nun doch endlich entschieden, das Kapitel um ihren Franchise-Center zu schließen und neu zu beginnen. Dabei wurde ein Deal konstruiert, der im Kern die Magic und die Lakers umfasst, aber noch weitere Teams benötigte, um alle zufrieden zu stellen. Das Gerüst des Deals ist relativ simpel: Man tauscht den besten gegen den zweitbesten Center ein.  Dwight Howard gegen Andrew Bynum würde wenige überraschte Gesichter hervorzaubern, weil Bynum schon immer der beste verfügbare Spieler war, der je in Howard-Gerüchten gehandelt wurde. Natürlich besitzt er im Gesamtpaket nicht die Klasse Howards, hat aber in der letzten Saison bewiesen, dass er eine sehr stressige NBA-Saison gesund überstehen und für sein Team eine Säule sein kann. Garniert man Bynum noch mit ein paar Picks, würde dies für die Magic reichen, um gleichzeitig einen Franchise-Player zurückzuerhalten und das Drama um Dwight Howard zu beenden. Doch irgendetwas ging schief, denn Andrew Bynum sollte nicht in Orlando landen.

Unterschiede zwischen Theorie und Praxis

Wieso die Magic nicht einfach diesen relativ simplen Eins-zu-Eins-Tausch vornahmen, ist schwer zu verstehen. Vielleicht lag es daran, dass Bynum sagte, dass er nicht bei den Magic verlängern will. Yahoo-Schreiber Adrian Wojnarowski hatte im Juli noch vermeldet, dass Bynum 2013 nur bei den Mavericks, Rockets oder Cavaliers verlängen wollen würde, wenn er keine Extension bei den Lakers unterschrieben würde. Wollten die Magic hier verhindern, dass man von Dwightmare direkt in die Bynumbness stolpert? Schließlich würde sich das Szenario kaum verändern: Man hätte einen Starting Center, den wichtigsten Baustein der Franchise, der aber seine Treue zur Franchise nicht bekundet, sondern lieber woanders spielen wollen würde.

Sollte dies so eingetroffen sein, suchten beide Franchises nach einer dritten, die Andrew Bynum gefallen und gleichzeitig Tradematerial für die Magic liefern würde. Die Suche begann und stoppte wahrscheinlich bei den Houston Rockets, die händeringend nach einem Center suchten und in der letzten Saison schon gerne für Pau Gasol getradet hätten. Wieso es hier nicht zu einem Deal kam, ist ebenfalls spekulativ. Letztlich waren die Philadelphia 76ers ein bereitwilliger Abnehmer und wollten dafür auch ihren besten Spieler im Roster – Andre Iguodala – auf- bzw. abgeben. Also nehmen die Magic Andre Iguodala für Dwight Howard auf, der noch zwei Jahre Vertrag hat, und man könnte von den Sixers sicherlich noch weitere Rollenspieler erhalten, um das Paket abzurunden. Nikola Vucevic als Center wäre ein interessantes Puzzleteil, dazu noch Rookie Moe Harkless. Nur leider trifft auch dies nicht ein.
Stattdessen geht Iguodala nach Denver, ein viertes Team, das involviert wird, und Denver liefert mit Arron Afflalo und Al Harrington dann den Tradewert für Dwight Howard. Die Magic haben also auf Bynum verzichtet, haben dann Andre Iguodala abgelehnt und nehmen Arron Afflalo, Al Harrington, Moe Harkless und Nikola Vucevic als Trademasse an. Aus sportlicher Sicht ist dies katastrophal. Aber Sport ist nicht alles in der NBA. Haarsträubend ist jedoch, dass die Magic aus finanzieller Sicht nur Jason Richardson los werden, während man in der Offseason Jameer Nelson schon verlängert hat, und auf den Verträgen von Hedo Turkoglu und Glen Davis sitzen bleibt.

Teamerhält im Trade
Los Angeles LakersDwight Howard, Chris Duhon, Earl Clark
Philadelphia 76ersAndrew Bynum, Jason Richardson
Denver NuggetsAndre Iguodala
Orlando MagicArron Afflalo, Al Harrington, Nikola Vucevic, Moe Harkless, Christian Eyenga, Josh McRoberts, drei Firstrounder, 1 Secondrounder

Drei Gewinner

Die Geschichte um die anderen beteiligten Franchises ist eine kurze – und für die Fans der Franchises eine schöne. Die Lakers erhalten den besten Spieler in dem Trade, der positionsgetreu die Aufgaben von Andrew Bynum übernehmen wird – jedoch auf einem konstanteren Level und in der Defense mit dem größtmöglichen Impact in der NBA. Die Philadelphia 76ers erhalten den zweitbesten Spieler in diesem Trade und geben dafür mit Iguodala ihren besten Spieler ab. Andrew Bynum hat jedoch den größeren Impact, dazu bietet der Kader der Sixers ideale Voraussetzungen für den zweitbesten Center der Liga. Die Denver Nuggets erhalten mit Andre Iguodala den drittbesten Spieler im Trade und geben lediglich Rollenspieler ab. Alle Franchises gewinnen in diesem Tauschgeschäft. Alle verbessern sich sportlich um eine Stufe, keiner geht ein großes finanzielles Risiko ein, weil man zudem auch seine finanzielle Situation nicht verändert. Im Prinzip erhält jede Franchise einfach für denselben Preis einen besseren Spieler. Mehr braucht man zu den drei Franchises auch nicht sagen. Dass diese drei Teams in dem Deal beteiligt sind, ist ein No-Brainer, den keine einzige Franchise in der NBA hätte liegen lassen.

Stellt sich also die entscheidende Frage: Wieso macht eine Franchise wie Orlando dann diesen Deal? Dabei sind gleich mehrere Fragen offen:

Frage 1: Wieso für diesen sportlichen Gegenwert?

Die Magic haben sich offensichtlich dafür entschieden, diesen Trade aus sportlicher Sicht durchzuführen, um einen vollständigen Neustart durchzuführen. Dafür ist es in der NBA nötig, so schlecht wie möglich aufgestellt zu sein. Das mag nun ein nur fadenscheiniges Argument sein, aber es bleibt als einziges valide – alles andere wird als nicht möglich ausgeschlossen. Die Orlando Magic hätten Andrew Bynum oder Andre Iguodala aufnehmen können und im Osten eventuell direkt um die Playoffs kämpfen können. Für die Fans ist dies wahrscheinlich verlockend – für die Magic wohl eher nicht. General Manager Rob Hennigan hat bei den Oklahoma City Thunder gelernt und hat erlebt, wie man seine besten Spielern in Trades aufgibt (damals verließen Ray Allen und Rashard Lewis Seattle, um Platz für Kevin Durant und Jeff Green zu machen), um durch die Draft wieder zu erstarken. Hierbei helfen Arron Afflalo und Al Harrington sicherlich mehr als Andrew Bynum oder Andre Iguodala. Dieses Team soll und wird verlieren – am besten die meisten Spiele in der NBA. Das ist der Weg, den Rob Hennigan kennen und schätzen gelernt hat. Dass dieser Weg der einfachste (man findet immer einen Abnehmer für einen guten Spieler, wenn man nichts zurückbekommen will) und zugleich schwerste (man benötigt Glück in der Lottery und Glück bei den Picks, die man tätigt – und dies in mehreren Jahren hintereinander) ist, sollte jedoch bedacht werden. Dwight Howard hätte 29 andere Franchises genommen, vor allem bei dem Gegenwert, den die Magic haben wollten.
Das Team zu verschlechtern ist eines der einfachsten Sachen, die man als General Manager  bewerkstelligen kann. Die Trades völlig ohne Talente oder Picks abzuwickeln, ist schlichtweg nicht hinzunehmen. Daran ändern auch Moe Harkless oder Nikola Vucevic nichts, die keine Bausteine für eine Franchise sind. Die mitgeschickten Picks der drei anderen Teams sind ein Treppenwitz. Alle Picks sind geschützt, die Sixers haben einen First Rounder 2015, die Lakers gar erst für 2017 mit in den Deal eingebaut. Das sind nur der Definition nach Picks. Überdurchschnittliche NBA-Spieler erhält man damit keinesfalls.

Frage 2: Warum sind die Houston Rockets oder Brooklyn Nets nicht involviert?

General Manager Daryl Morey hatte den Kader der Rockets völlig auf einen Blockbustertrade ausgerichtet, der ihm Dwight Howard oder zumindest Andrew Bynum bringen sollte. Dazu hatte er eine Reihe von Rookieverträgen angehäuft, um einen Abnehmer zu finden, der Talent gegen Superstar tauscht. Die einfache Antwort auf die Frage ist: Morey darf bis zum 26. August keinen Rookie traden. Nach dem Signing des Rookievertrages muss Morey 30 Tage warten, ehe er Royce White, Terrence Jones, Donatas Motiejunas oder Jeremy Lamb traden könnte. Gut, dann hätte man einfach drei Wochen warten und die Rockets einbinden können.
Wieso dies nicht geschah, ist schwer nachzuvollziehen. Vielleicht sahen die Magic in keinem Talent einen Star. Diese Ansicht ist legitim. Wenn man also in dieser Saison mindestens 85% Salary ausfüllen muss und keinem Talent den Sprung zum Star in der Liga zutraut, kann man auch einfach die teureren Afflalo und Harrington aufnehmen – klingt verquer, ist es wahrscheinlich auch.

Genauso verquer ist es, dass das Angebot der Nets im Juli nicht angenommen wurde. Man hatte ein Paket von Brook Lopez, Kris Humphries und MarShon Brooks, garniert mit Picks, auf dem Tisch. Vertraute man Lopez nicht, der im letzten Jahr fast ausschließlich verletzt war? Hielt man nichts von Brooks, der ein noch ineffizienter Shooter ist? Oder wollte man einfach keinen weiteren Superkonkurrenten im Osten aufbauen, nachdem man schon mit den Miami Heat einen scheinbar übermächtigen Gegner hat? Hoffentlich war es ein Mix aus allem, ansonsten ist es nicht zu erklären, wieso man nicht auf das Paket der Nets setzte.

Letztlich könnte man nur spekulieren, wieso man keine Top 20-Talente retour haben wollte. Vielleicht lag es gar nicht an den Talenten, sondern am Tradezeitfenster?

Frage 3: Wieso zu diesem Zeitpunkt?

Dwight Howard-Tradegerüchte gibt es nun seit Jahren. Wieso entscheidet sich das Front Office zu genau diesem Zeitpunkt für diesen Trade, der weder sportlich noch finanziell hilft? Grundsätzlich ist der Tradezeitpunkt nicht ungeschickt. Man steht am Anfang der Saison, die Offseason dauert noch Monate an und man hat Planungssicherheit. Das bedeutet für die Magic beispielsweise, dass man ab dem ersten Spiel versucht, so wenige Siege einzufahren. Durch den Trade sichert man sich dies, indem man von den Spielern 100%-Leistung verlangen kann, aber dies aufgrund des fehlenden Talentlevels nicht für einen Sieg reicht.

Dies ist vor allem besser als das Schicksal der Charlotte Bobcats: Diese hatten ihre besten Spieler (Stephen Jackson und Gerald Wallace) mitten in der Saison getradet. Die Trades erfolgten nach dem ersten Playoffeinzug der Franchise. Das Team spielte im Folgejahr also wieder um den Einzug der besten acht Teams im Osten. Kurz vor der Trading Deadline erkannten die Bobcats, dass dieses Team nirgendwohin führt und sprengte es. Die Folge? Die Bobcats wurden Zehnter im Osten, konnten nur an neunter Stelle ziehen und waren in der Folge das schlechteste Team der NBA. Die Magic umgehen das Übergangsjahr und beginnen direkt wieder bei Null. Das ist aus Sicht einer Team-Building-Strategie richtig. Zudem erlauben die schlechten Picks, die man im Trade erhielt, auch keine andere Vorgehensweise. Man benötigt händeringend einen neuen Spieler, um den man aufbauen kann, der das Potenzial hat, einmal ein Top 20-Spieler in der NBA werden kann, aber noch nicht so weit ist. Würde man Iguodala oder Bynum aufnehmen, würden beide unbedingt gewinnen wollen. Beide sind auch schon so weit entwickelt, dass sie für Siege sorgen würden. Die Magic benötigen – wie Oklahoma City – zwei oder drei richtig schlechte Jahre, um jemals wieder über die erste Runde der Playoffs hinauszukommen. Von daher ist der Zeitpunkt des Trades schon nachzuvollziehen – jedenfalls unter folgenden Voraussetzungen:  Man war sich sicher, dass Andrew Bynum keinesfalls bei den Magic verlängert. Man war sich sicher, dass das Paket der Rockets zwar mehr Talent beinhaltet, aber kein einziger Spieler würde sich zu einem Star entwickeln. Man war sich sicher, dass man den kompletten und harten Rebuildweg gehen will.

Dazu sollte man auch sehen, mit wem man tradet. Das Tradefenster für diese Konstellation war sicherlich nicht ewig offen. Oft wird gesagt, dass man bis zur Trading Deadline Zeit hätte, um irgendeinen besseren Deal hinzubekommen. Würden die Lakers beispielsweise im Februar noch am Verhandlungstisch sitzen? Was für die Magic in Bezug auf die Ausrichtung der Saison gilt, das gilt ebenso für die Lakers. Diese müssten im Februar Howard irgendwie innerhalb der Saison integrieren, das könnte dem alten Team um Bryant, Nash und Gasol ein wertvolles Jahr ihres Schaffens kosten. Zudem stand eine Verlängerung mit Andrew Bynum an, auf den man hätte setzen müssen. Es kann gut sein, dass General Manager Kupchak eine Deadline gesetzt hat – und auch dies wäre verständlich. Die Lakers müssen sich aufgrund der Akquisition von Steve Nash schon neu finden, ein weiteres Mal innerhalb einer Saison schmälert die Titelchancen bedenklich. Ohne den „Building-Block“ Andrew Bynum wäre dieser Trade aber nicht durchführbar gewesen. Deshalb ist der Zeitpunkt nicht so ungeeignet, wie er scheint.

Fazit

Der Trade bleibt einfach aus Sicht der Magic unverständlich. Egal, wie man es dreht und wendet. Wer auf Andrew Bynum und Andre Iguodala verzichtet, um zu tanken – um dann einen Spieler wie Bynum und Iguodala möglicherweise zu ziehen –, ist klarer Verlierer des Trades. Die Magic werden den Tarde damit begründen, dass sie für Howard 5 Erstrundenpicks erhielten (die drei Picks der Nuggets, Lakers und Sixers, sowie Nikola Vucevic und Moe Harkless), dazu noch einen Second Rounder der Warriors. Dies retuschiert aber nicht die Farce, die man hier als Franchise abgibt. Dem normalen Fan wird man den Weg der Franchise keinesfalls verkaufen können, nicht wenn man nicht zumindest den zweitbesten Spieler im trade zurückerhält – oder ein Supertalent. Die Los Angeles Lakers spielen nun definitiv wieder um Kobes sechsten Ring, die Sixers könnten wieder die zweite Playoffrunde im Osten erreichen, die Nuggets kämpfen um Homecourt-Advantage in der ersten Playoffrunde. Den Magic bleibt nur die Erkenntnis, dass sie den Schrecken Dwight Howard losgeworden sind. Dennoch muss das bekannte Sprichwort modifiziert werden: Erst ein Ende mit Schrecken, dann ein Schrecken ohne Ende. Und das darf ruhig auf den Basketball der Magic 2012/2013 bezogen werden.

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