Wer gewinnt den Osten?
Es ist kein gänzlich neues Phänomen, was man im ersten und vor allem zweiten Spiel der Eastern Conference Finals beobachten konnte. Für Miami trugen die Superstars die Hauptlast, während bei den Pacers eher das Kollektiv überzeugte, in erster Linie die Starting Five, welche gerade ihr bestes tut, die Zeit zwischen dem All-Star Break und Spiel Eins vergessen zu machen.
Die Pacers: Wie in besten Zeiten?
Während die Pacers ernsthaft Gefahr gelaufen waren, gegen die Hawks oder Wizards auszuscheiden, spielt Indiana jetzt wieder auf Topniveau. Offenbar lechzten sie tatsächlich nur nach dem Rematch gegen den amtierenden Champion. Das verbesserte Spiel ist dabei auch dringend von Nöten, denn mit Leistungen wie gegen Atlanta und Washington ist gegen Miami nun einmal wenig zu holen. Interessant: Dabei scheinen die Pacers einen (wahrscheinlich unfreiwilligen) Identitätswechsel vollzogen zu haben. In den ersten beiden Spielen gegen Miami agierten sie offensiv auf einem sehr hohem Level, was ein Offensivrating von 113.5 bedeutet. Zur Erinnerung: Die L.A. Clippers stellten mit 112.1 in der regulären Saison die beste Offense, während die Pacers mit einem ORtg von 104.1 auf Platz 23 der Liga herumkrebsten. Die Pacers agieren momentan also weit über ihrem durchschnittlichen Niveau, vor allem natürlich dank des ersten Spiels.
Quelle: Matt Britt00
Mit der Defense verhält es sich ganz ähnlich. Bekanntermaßen stellte Indiana die beste Defense, gegen Miami verteidigen sie bisher mit einem DRtg von 109.4 ungefähr auf dem Niveau der New York Knicks (Platz 24). Ja, die Sample Size von zwei Spielen ist sehr klein, doch diese beiden Spiele sind von enormer Wichtigkeit. Denn trotz (oder wegen?) der offensiven Feuerkraft haben die Pacers Spiel Zwei verloren und somit ihren hart erkämpften Heimvorteil bereits wieder abgegeben.
Die Heat: Wie immer?
Miami hingegen tat das, was sie seit 2011 immer taten, wenn sie Spiel Eins verloren hatten: Spiel Zwei gewinnen. Dies war in erster, zweiter, dritter und vierter Linie Dwyane Wade und LeBron James zu verdanken, denn einer der beiden war an jedem der letzten 33 Punkte der Heat beteiligt! Die Phase begann bei 2:37 zu spielenden Minuten im dritten Viertel, als Miami 54 – 60 hinten lag und James lediglich 8 Punkte und 2 Assists auf dem persönlichen Konto stehen hatte. Am Ende gewann Miami 87 – 84, James hatte 14 Punkte und 4 Assists mehr; Wade 8 Punkte und einen Assist. Alles lief über die kongenialen Partner auf dem Flügel.

Quelle: Gabriel Li // StudioGabe
Wirklich alles? Abgesehen von zwei aufeinanderfolgenden Possessions Anfang des vierten Viertels, wo Ray Allen erst einen Layup und dann einen Dreier verwarf, waren Wade und James tatsächlich auch an jedem Fehlwurf und Ballverlust beteiligt. Mehr übernehmen geht nicht, doch warum konnten die Pacers das nicht stoppen? Weil die Heat auf beinahe jede erdenkliche Möglichkeit punkteten. Hier der Breakdown:
2:37 3rd Quarter 54-60:
– James Iso, Midrange Jumper, 2 Punkte
– James Iso, Drive & Kick auf Bosh Corner 3, 3 Punkte
– James Pick & Pop mit Bosh, Drive & Kick auf Cole Corner 3, 3 Punkte
– (James schlechter Pass auf Cole, Ballverlust)
– (James Pass auf Battier, Dreier verworfen)
12:00 4th Quarter:
– James Korbleger nach Cut, 2 Punkte
– James Pick & Pop mit Bosh, Drive & Kick auf Cole Corner 3, 3 Punkte
– (James Turnaround Dreier am Ende der Shotclock verworfen)
– (Allen Iso Drive Korbleger verlegt)
– (Allen Spotup Dreier verworfen)
– Wade Pick & Roll mit Andersen, Floater, 2 Punkte
– (Wade Ballverlust)
– Wade Postup, Kickout auf James 3, 3 Punkte
– (James Ballverlust)
– James Give & Go mit Andersen, 2 Punkte
– James Give & Go mit Wade, Foul, 2/2 Freiwürfen
– James Midrange Catch & Shoot nach Einwurf
– Wade Putback Dunk nach verlegtem Fastbreak von James
– (James Dreier verworfen)
– Wade Iso Drive, Floater, 2 Punkte
– Wade Iso Pullup Jumper, 2 Punkte
– (Wade Pass auf Bosh, Pullup Dreier verworfen)
– James Pass auf Cut Wade, Dunk, 2 Punkte
– James gefoult, 1/2 Freiwürfe
– (Wade schlechter Pass auf Allen, Ballverlust)
Neben der bereits erwähnten Vielfältigkeit und der Dominanz Wades und James’ fallen einige weitere Dinge auf. Einen Namen sucht man beinahe vergebens, nämlich den des Dritten im Bunde der „Big Three“: Chris Bosh. Zuerst ließ Spoelstra ihn zugunsten von Battier und Andersen auf der Bank, dann fiel Bosh durch Unauffälligkeit auf. Er wirkte äußerst passiv, und selbst der eine genommene Dreier wirkte erzwungen und alles andere als selbstsicher. Man hätte es kaum für möglich gehalten, doch CB4 unterbietet seine bereits unterirdische Performance der letzten Serie gegen die Pacers momentan sogar noch. Während er 2013 immerhin noch 11 PPG und 4RPG bei einem ORtg von 101 und 50% 3er bei 2.3 Versuchen pro Spiel auflegte, kommt er bisher nur auf 9 PPG, 4 RPG bei einem traurigen ORtg von 85, 11% 3er bei 4.5 Versuchen! Keine Frage, von Chris Bosh wird mehr erwartet.
Des Weiteren ließ Spoelstra ausschließlich Lineups mit eben Wade, James, Bosh sowie Norris Cole, Ray Allen, Chris Andersen und Shane Battier spielen. Die Starter Mario Chalmers und Udonis Haslem sahen keine Einsatzzeit mehr, und das mit gutem Grund. Haslem kann in seinen 29 gespielten Minuten in diesen ECF einen grandiosen +/- Wert von -28 vorweisen. Haslem kann dem Team mittlerweile einfach weder defensiv und schon gar nicht offensiv weiterhelfen. Battiers Spacing oder Andersens Präsenz hinten und Effizienz vorne sind für die Heat viel wertvoller. Das schlägt sich dann nicht zuletzt in den +/- Werten Battiers (+6) und Andersens (+28) über die beiden Spiele nieder. Auch Chalmers enttäuscht bisher auf ganzer Linie. Coles defensiver Biss, vor allem gegen Stephenson in Spiel 2, sowie seine getroffenen Eckendreier sind genug Argumente, um ihm Chalmers derzeit vorzuziehen. Über Ray Allens Wert müssen keine großen Worte mehr verloren werden. Auch wenn er in den behandelten 14:37 Minuten nur dadurch auffiel, als einziger Spieler abseits von Wade und James zu kreieren und zu werfen (und nicht zu treffen), schafft allein seine Präsenz an der Dreierlinie Platz für die Superstars. Dazu muss er nicht einmal zwingend seine Würfe treffen. Den besten Dreierschützen der Geschichte lassen die Pacers einfach ungern offen stehen.
Spiel III: Der Ausblick
Was bedeutet dies nun für Spiel Drei? Spoelstra könnte seine Starting Five abermals verändern, denn Haslem sollte maximal von der Bank kommend ein paar Minuten spielen. Das hieße, dass entweder Battier erneut startet, oder Andersen in die erste Fünf rutscht und Bosh zum nominellen PF wird. Letzteres erschwert allerdings die Rotation der Big Men, denn Andersen ist eigentlich Boshs Backup und kann natürlich auch keine Energie mehr von der Bank bringen, wenn er bereits startet. Auch Chalmers wird wohl weiterhin starten, denn das tat er in den vergangenen Jahren immer. Dies jetzt zu ändern, würde seinem Selbstvertrauen nur unnötig weiter schaden. Doch spielt er weiterhin schlecht, wird Cole früher mehr Spielzeit bekommen und auch erneut in der Crunchtime auf dem Feld stehen. Bosh muss früh besser eingebunden werden, damit er in der Crunchtime nicht erneut zu einem (schlechten) Rollenspieler verkommt und Wade und James entlasten kann, falls diese nicht wieder beide gleichzeitig die letzten 15 Minuten dominieren können.
Indiana hat hingegen ganz andere Probleme. Die Starting Five ist in Beton gegossen, denn von der Bank kommt weiterhin nicht viel. Hier wird Vogel einen Teufel tun und etwas verändern. Nein, die Pacers sollten offensiv ungefähr das Level halten, während sie defensiv definitiv einige Schippen drauflegen müssen, was in Miami nicht ganz einfach wird. Doch die Pacers haben in diesen Playoffs bereits gezeigt, dass sie auswärts gewinnen können, wenn sie es müssen. Und eins der beiden Spiele in der American Airlines Arena muss Indiana in der Tat gewinnen, denn mit einem Stand von 1-3 nach Indianapolis zurückzukehren, wäre die Vorentscheidung.