Eine Analyse der Transaktionen mit Thunder, Knicks und Nuggets
Nachdem Waiters, Amundson und Kirk nicht im Aufgebot der Cavaliers beim Spiel in Philadelphia standen, war relativ schnell klar, dass Waiters nach wochenlangen Gerüchten das Team nun doch verlassen muss. Adrian Wojnarowski war dann wie schon so oft der erste, der die Tradepartner und involvierten Spieler enthüllte. Welche Beweggründe hatten die General Manager der einzelnen Teams und was ändert sich nun für alle Beteiligten? Wer ist der Gewinner des Trades? Wer der Verlierer? Go-to-Guys.de analysiert.
Tradeübersicht
Trade #1:
Cleveland erhält: J.R. Smith, Iman Shumpert, den Firstrounder der Thunder 2015 (Top 18 geschützt in 2015, top 15 geschützt 2016 und 2017, danach 2 Secondrounder)
New York erhält: Lou Amundson, Lance Thomas, Alex Kirk, einen Secondrounder der Cavaliers
Oklahoma City erhält: Dion Waiters
Trade #2:
Denver erhält: Den Firstrounder der Thunder, einen Firstrounder der Memphis Grizzlies sowie einen Secondrounder
Cleveland erhält: Timofey Mozgov
New York Knicks
Am einfachsten ist die Sache beim Team aus dem Big Apple. Phil Jackson wollte Geld sparen und hat das geschafft. Sportliche Aspekte spielten kaum eine Rolle. Der Vertrag von J.R. Smith, 2014/15 mit knapp 6 Millionen $ dotiert und für die nächste Saison mit einer 6,4 Millionen $ schweren Spieler-Option ausgestattet, war der hauptsächliche Grund für den Salary Dump. Smith passte nicht wirklich ins neue New Yorker System (nur 10,9 PPG und 95 ORtg diese Saison) und war deswegen für die Zukunft irrelevant geworden. Der Abgang von Iman Shumpert ist der Preis dafür, dass man Smith loswurde. Aber auch der Defensiv-Spezialist hatte wohl keine Zukunft mehr in New York gehabt, zumal sein Vertrag im Sommer ausläuft und er dann sicher etwas mehr verdienen will als die bisherigen 2,6 Millionen $. Die Knicks werden so insgesamt 8,6 Millionen $ an Gehältern los und nehmen nur die 2,75 Millionen $ von Lance Thomas, Lou Amundson und Alex Kirk auf. Alle drei werden die Knicks spätestens Ende Juni verlassen. Der Zweitrundenpick ist noch eine nette Beigabe, die Jackson gerne mitnimmt. Sportlich geht es für New York noch weiter nach unten, als die Knicks eh schon sind. Doch das wird für einen hohen Draftpick und die starke finanzielle Ersparnis gerne in Kauf genommen.
Cleveland Cavaliers
Bei den Cavaliers liegt der Fall etwas anders. Das Team um LeBron James, das in letzter Zeit die Erwartungen eher schlecht als recht erfüllen konnte, brauchte dringend eine Veränderung. Vor allem die Defense auf allen Positionen stellte ein großes Problem für Coach David Blatt dar. Dazu kommt, dass Dion Waiters mit seiner Rolle im Team unzufrieden war und zudem miese Leistungen brachte. Die Medien spekulierten deswegen schon länger über einen Trade Waiters. Nun ist das Szenario eingetreten und die Cavaliers haben dabei versucht, eine Schwachstelle zu beheben: Die Defense am Perimeter. Iman Shumpert soll dabei der Heilsbringer sein. Der Guard gilt seit seiner Rookie-Saison als guter Verteidiger, schaffte es aber bislang vor allem aufgrund von Verletzungen nie, über einen längeren Zeitraum auf einem hohen Niveau abzuliefern. Auch zurzeit ist Shumpert nicht einsatzfähig, er leidet an einer ausgekugelten Schulter. Dieses Risiko ist den Cavs der mögliche Gewinn jedoch wert. Zusätzlich tritt J.R. Smith den Weg nach Ohio an. Smith hat seine Allüren wie nächtliche Ausflüge oder das Öffnen von Schuhen seiner Gegenspieler, wenn er in Form ist, stellt er jedoch eine konstante Bedrohung für die Defense des Gegners dar, ob mit oder ohne Ball. Die Betonung liegt hier auf dem Wort „wenn“. Denn, wie schon erwähnt, in Form war Smith die letzten Monate beileibe nicht. Trotzdem kann sich auch seine Verpflichtung für die Cavs durchaus lohnen. Einzig Smiths Gehalt im nächsten Jahr macht Sorgen, allerdings kann sein dann auslaufender Vertrag ein wertvoller Tradechip werden. Der Draftpick, den Cleveland noch aus Oklahoma erhält, wurde am Mittwoch in einem weiteren Trade zusammen mit einem anderen Firstrounder nach Denver transferiert. Im Gegenzug wird Timofey Mozgov in Zukunft in Ohio die Centerposition bekleiden. Der russische Nationalspieler ist der dringend benötigte Ersatz für den langzeitverletzten Anderson Varejao. Mozgov sollte sofort starten und die in den letzten Spielen schmerzlich vermisste physische Präsenz in der Zone liefern. Im Endeffekt geben die Cavaliers einen nicht mehr gewollten Spieler ab und erhalten dafür drei Rotationsspieler, die sofort weiterhelfen.
Oklahoma City Thunder
Während man bei New York und Cleveland gemeinhin davon ausging, dass dort in nächster Zeit ein Trade passieren würde, ist die Beteiligung der Thunder eher überraschend. Dazu kommt, noch überraschender, dass Sam Presti einen Draftpick investiert und mit dem Trade die Grenze zur Luxussteuer um 2,3 Millionen $ überschreitet. Doch der Reihe nach. Zunächst einmal bekommen die Thunder Waiters quasi ohne einen anderen Spieler abzugeben. Der aus Platzgründen nach New York geschickte Lance Thomas war seit der Rückkehr der Verletzten sowieso ans letzte Ende der Ersatzbank verbannt. Waiters soll der Bank das geben, was außer Reggie Jackson dort bisher niemand bringt: Die Fähigkeit für sich und andere Würfe zu kreieren und so dem Team beim Scoring signifikant zu helfen. In der Theorie eignet sich Waiters als balldominanter Spieler für diese Rolle ziemlich gut. In der Praxis konnte er die Leistungen der Saison 13/14 diese Saison nicht wiederholen. Damals konnte er neben den Würfen aus dem Dribbling auch Spot-Up-Versuche zuverlässig verwandeln. Diese Saison dagegen war Waiters äußerst ineffizient und konnte die Erwartungen der Cavaliers bei weitem nicht erfüllen. Die Thunder hoffen darauf, dass Waiters sein Talent endlich einmal konstant aufs Parkett bringen und dem Team einen weiteren Scoring-Punch von der Bank liefern kann.
Da die Thunder keinen ihrer Rotationsspieler abgaben, wird die Ankunft von Waiters zum Teil weitreichende Folgen für die Rotation haben. Unter der Annahme, dass Waiters 20 bis 24 Minuten Spielzeit bekommen wird und auch Jackson, Morrow und Roberson neben den Stars ihre Einsatzzeiten brauchen und aufgrund ihrer Fähigkeiten auch bekommen werden, fallen Perry Jones und Jeremy Lamb fast zwangsläufig komplett aus der Rotation. Für beide könnte ihre Zeit in Oklahoma City spätestens zur Trading-Deadline beendet sein. Ebenfalls völlig offen ist seit Montag einmal mehr die Zukunft des bisherigen Sixth-Man Reggie Jackson. Dieser hatte in den letzten Wochen nicht gerade mit sehr starken Leistungen geglänzt, beansprucht aber schon seit längerem eine Starterrolle und wird zudem im Sommer Restricted Free Agent. Natürlich könnten die Thunder hier alle Angebote matchen, aber Sam Presti wird ungern bereit sein, einen achtstelligen Betrag für einen Backup auszugeben. Waiters und Jackson sind sehr ähnliche Spielertypen, beide brauchen den Ball in der Hand, um Einfluss auf das Spielgeschehen zu nehmen. Es ist fraglich, ob sie koexistieren können. Zudem ist die Defense der beiden eher unterdurchschnittlich, ebenso wie die von Anthony Morrow. Zurzeit sieht die ganze Bank noch etwas unausgegoren aus. Wahrscheinlich werden die Thunder zunächst abwarten, wie das Team mit der neuen Zusammensetzung funktioniert. Und selbst wenn es einigermaßen klappen sollte, dadurch, dass Jones und Lamb, aber auch Jackson inzwischen recht überflüssig geworden sind, scheint ein Trade der drei fast unausweichlich. Zudem muss Presti entscheiden, wie er mit der Luxussteuer umgehen möchte. Ein Jahr könnten sich die Thunder locker leisten und nächsten Sommer werden sie durch das Ende von Kendrick Perkins dickem Vertrag mit großer Sicherheit wieder unter die Grenze fallen. Insgesamt sieht es so aus, als wolle Presti jetzt wirklich etwas am Kader verändern. Der Trade für Waiters war erst der Anfang.
Denver Nuggets
Die Nuggets sind nur am zweiten Trade beteiligt und fangen an ihren Kader auszumisten. Zwei Firstrounder sind dabei ein Angebot, das eine Franchise in der Situation wie die der Nuggets nicht ablehnen kann.
Gewinner? Verlierer?
Alle vier Beteiligten hatten ihre Beweggründe an den Trades teilzunehmen. Cleveland, Denver und die Knicks haben ihre Ziele – mehr Tiefe, Geld sparen, mehr Niederlagen und Geld sparen – vollends erreicht. Besonders Cleveland sticht dabei heraus, da sie ihre Rotation wirklich deutlich verbessern konnten. Die Knicks werden in den tiefsten Niederungen der NBA bleiben und schon jetzt auf Jahlil Okafor schielen, ähnlich wie die Nuggets, die mit den Playoffs im Westen nichts zu tun haben werden. Bleibt OKC. Presti hatte eigentlich keinen spezifischen Grund für den Trade, aber er hat es geschafft, seinem Team mit wenig Risiko einen talentierten Spieler hinzuzufügen. Die Thunder können durch den Trade auch jetzt schon einen spielerischen Gewinn einfahren. Allerdings wird Presti das Angebot nicht ohne Hintergedanken angenommen haben. Ein Folgetrade wird definitiv kommen und erst dann kann man die Transaktion abschließend bewerten.