Die NCAA und die Diskussion um die Transfers.
Trotz des gewaltigen Wandels in der Landschaft des College Basketballs, steht uns eine der größten Veränderungen eventuell sogar noch bevor. Die Transfer-Regeln in der NCAA sind mehr als kompliziert und führen zu sehr vielen Verwirrungen bei den Verantwortlichen, Coaches, Spielern und Fans. Nun scheint es Hoffnung zu geben, dass sich dort in naher Zukunft etwas ändern könnte. Doch in welche Richtung soll es gehen? Welcher Weg ist der richtige?
Von West nach Ost
Joshua Smith kam als Freshman mit viel Hype und Talent nach Los Angeles. Unter Ben Howland sollte er die UCLA Bruins zu alten Erfolgen führen. Dies gelang allerdings nicht. Genauer gesagt war seine Zeit in Westwood ein Reinfall. Immer wieder musste der Big Man mit Übergewicht kämpfen und konnte so nie an das Potential anknüpfen, das andere in ihm sahen. In seiner Freshman-Saison erzielte er nur schwache 5.2 Punkte und 4.2 Rebound und war demnach auch kein wirklicher Faktor. Seine Sophomore Saison startete ebenfalls nicht vielversprechend und so entschied sich der 2.12 Meter große Center, die Universität zu wechseln. An der Ostküste wollte er bei den Georgetown Hoyas einen Neuanfang starten. Head Coach John Thompson III. war sich der Aufgabe zwar bewusst, freute sich aber natürlich über seinen talentierten Neuling.
Fotos: Neon Tommy & USAG-Humphreys
Grundsätzlich ist die Regelung der NCAA, dass Spieler, die während ihrer College Karriere die Universität wechseln, eine Spielzeit aussetzen müssen. In diesem Fall bekam Smith allerdings die Erlaubnis, schon zum Saisonstart gegen Oregon aufzulaufen. Im Gegensatz zu anderen wechselnden Akteuren, schrieb sich Smith bereits zum Frühlingssemester in Washington D.C. ein. Seitdem belegt er dort Kurse und trainiert mit dem Team. Obwohl nur 11 Monate zwischen seinem Wechsel und dem diesjährigen Saisonstart liegen, war dies Grund genug für die NCAA, ihm seine Spielerlaubnis zu erteilen. Trotz vieler hitziger Diskussionen, war die Freude bei Smith und den Hoyas natürlich groß. Jetzt stellt sich nur die Frage, ob Fälle wie dieser zum Normalfall werden und ob wir schon bald so etwas wie eine College Basketball Free Agency erleben könnten.
Keine Seltenheit
Jeff Goodman, ESPN Insider, hat eine Liste erstellt, auf der alle Transfers aus diesem Jahr ersichtlich sind. Ohne etwas vorwegzunehmen, die Liste ist länger als man es erwarten würde. Um die Ausmaße des Transfer-Wahnsinns darzustellen, muss man aber noch einige Beispiele mehr nennen:
Rodney Hood wird in diesem Jahr der wohl beste Big Man im Team der Duke Blue Devils sein. Das letzte Jahr setzte der Forward aus, nachdem er sich gegen einen Verbleib an der Mississipi State University entschieden hat.
Auch die Kansas Jayhawks um Andrew Wiggins bekommen Verstärkung durch einen Transfer. Tarik Black (ehemaliger Memphis Tiger) wird zusammen mit Freshman Joel Embild eine der besten Center-Kombinationen der Nation bilden.
Mike Moser galt vor ein paar Jahren noch als zukünftiger NBA Lottery Pick. Danach lief es aber alles andere als positiv für den Forward. Als Fifth Year Senior darf er wechseln ohne auszusetzen. Dies nutzte Moser, um bei den Oregon Ducks einen letzten Versuch zu starten.
Im Gegensatz dazu steht Kyle Wiltjer, der aufgrund der Talentflut die Kentucky Wildcats verließ. Nach einem Jahr Pause hat er dann ab der Saison 2014/15 noch zwei Jahre Spielerlaubnis. Der 21-Jährige galt als großes Talent, konnte dies aber unter John Calipari nie so richtig unter Beweis stellen. Bei den Gonzaga Bulldogs hofft er auf eine deutlich verbesserte Situation für ihn.
Kritik
Seit Monaten gibt es in den Medien heiße Diskussionen zu dem Thema, ob Spieler im College Basketball ein komplettes Jahr nach einem Wechsel aussetzen müssen. Im Gegensatz zu Smith wechseln Akteure auch häufig zurück in die Nähe der Heimat, um bei einem Krankheitsfall in der Familie helfen zu können. Die Unzufriedenheit an einer Uni bzw. unter einem Coach ist aber natürlich auch immer öfter vorkommendes Ereignis.
Falls die NCAA die Entscheidung für plausibel und gut begründet sieht, dürfen Student Athletes teilweise sofort wieder am Spielbetrieb teilnehmen. Dies sehen viele Coaches, und Journalisten sehr kritisch. Syracuse Head Coach Jim Boeheim sagte im ESPNU College Basketball Podcast sehr treffend, dass es doch besser für den Spieler und die Familie sei, wenn er sich zuerst auf die Familie konzentriert. Der Familie, dem Team und ihm selber sei mehr geholfen, wenn er sich getrennt auf die Familie und dann wieder auf den Basketball konzentriert.
There should be no exceptions Everybody [who transfers] should have to sit out, that includes a fifth-year player, just to make it equal. I think it’s a farce, really.
Coach K sprach sich als erster Coach maßgeblich für eine einheitliche Regelung aus. Seine Aussage heizte die Diskussion enorm an und hatte somit den gewünschten Effekt. Durch seine Erfolge bei den Blue Devils und als Coach der amerikanischen Nationalmannschaft hat sein Wort deutlich mehr Gewicht als das der meisten anderen Head Coaches.
Worst Case
Das Szenario einer Art „College Basketball Free Agency“ ist der Albtraum eines jeden Fans des Systems College Sport. Es sind gerade die Vorteile, dass am College eine gewisse Kontinuität in das Sportleben der Studenten kommt. Es geht vor allem darum, dass sich die Spieler stets verbessern und von ihren Coaches lernen. Ohne eine Regeländerung könnte der Transfer-Wahnsinn eskalieren, wobei Spieler und Unis konstant auf der Suche wären, sich die bestmögliche Situation zu schaffen, um gegen die NCAA gewappnet zu sein. Anstatt sich mit der gegenwärtigen Situation auseinanderzusetzen und zu versuchen Problem zu analysieren und zu lösen, würden viele Akteure wegrennen.
Im Endeffekt geht es für die Talente darum, sich bestmöglich zu präsentieren, um die Chancen auf das große Geschäft NBA zu wahren. Viele erkennen erst, wo diese Chancen am besten sind, wenn sie bereits an einer anderen Universität eingeschrieben sind. Dies ist aber nicht Sinn der Sache. In diesem Reifeprozess ist dies ein entscheidender Schritt in die falsche Richtung.
Für die Programme und Coaches würde neben dem normalen Recruiting Prozess noch eine weitere entscheidende Aufgabe hinzukommen. Sie müssten Jahr für Jahr dafür sorgen, dass die eigenen Spieler im Kader bleiben. Freshmen, die sofort Spielzeit bekommen möchten, aber noch nicht so weit sind, müssen besänftigt werden. Spieler im dritten und vierten Jahr, die nicht aufgrund eines talentierten Newcomers auf die Bank wollen, akzeptieren die neue Rolle nicht. All dies wären Probleme, die sofort in einem Wechsel enden könnten. Es ist nicht abzusehen, wie sehr diese Entwicklung den College Basketball überschatten würde.
Ausblick
Der Transferwahnsinn im College Basketball nimmt schon seit Jahren viel extremere Formen an. Dementsprechend kann die Entscheidung der NCAA nur eine sein: Alle Spieler müssen bei einem Wechsel ein komplettes Jahr aussetzen. Somit ist die Regel für alle einfacher nachzuvollziehen, es gibt keine Diskussionen mehr über Nachteile gegenüber anderen Teams und die Entscheidung zu Beginn der College-Karriere muss besser durchdacht werden. Dies alles sind durchaus fördernde Aspekte, welche im College Basketball nur zu einer bessere Zukunft führen würden.