Ohio State Buckeyes, Big Ten
2011/2012: 31-9; NCAA Tournament: Final Four.
Zwei Punkte fehlten am Ende zum ganz großen Wurf und der Chance, gegen das Überteam aus Kentucky rund um die Lotterypicks Anthony Davis und Michael Kidd-Gilchrist in einem Spiel um die Collegemeisterschaft anzutreten. 62:64 musste man sich im Final Four den Kansas Jayhawks geschlagen geben und am Ende anerkennen, dass man deren Frontcourt bestehend aus Thomas Robinson und Jeff Withey nicht gewachsen war. Dennoch muss diese Saison als großer Erfolg verbucht werden. Das Team von Coach Thad Matta spielte einen sehr guten Out-Off-Conference-Schedule, strauchelte dann etwas, als es nur noch gegen die Gegner der Big Ten ging, aber raufte sich dann zum richtigen Zeitpunkt wieder zusammen. Im März spielte man seinen besten Basketball und drang im NCAA Tournament als #2 Seed in das Final Four vor. Dies schaffte zuletzt das Buckeyeteam von 2006/07 mit dem Kern Greg Oden, Mike Conley Jr. und Daequan Cook.
Wer ging?
Eine Wiederholung des Erfolgs wird extrem schwierig, da die Buckeyes zwei ihrer absoluten Führungsspieler an die NBA verloren haben. Am meisten schmerzt der Abgang des All American First Teamers Jared Sullinger. Er war nicht nur Top-Scorer und bester Rebounders des Teams, sondern im System Matta auch der einzige etatmäßige Big Man mit viel Spielzeit und eine wichtige Option, wenn enge Spiele entschieden werden mussten. Um ihn, mit seiner Präsenz in der Zone, baute sich das System von Coach Matta auf, welches ihn als alleinigen Mann unter den Körben auswies und ansonsten zumeist vier Shooter um ihn herum platzierte. Dieses muss nun komplett umgestellt werden.
Auch die Lücke hinter Senior-Guard William Buford will geschlossen werden. Mit seinen 14,5 Punkten im Schnitt und seinen vier Jahren Collegeerfahrung gab auch er als Co-Kapitän dem Team sehr viel. Nur Dennis Hopson hat in seiner Karriere für „Scarlet and Grey“ mehr Punkte erzielt.
Zudem verließen die Bankspieler JD Weatherspoon und Jordan Sibert den Campus via Transfer. Beide erhoffen sich an einem anderen College mehr Spielzeit.
Wer kam?
Machen wir es hier kurz und schmerzlos: Es wurde niemand mit größerer Relevanz für das Team verpflichtet. Einziger Freshman im Team der Buckeyes wird der italienische Shooting Guard Amedeo Della Valle sein, der in Nevada zur High School ging. Dieser braucht noch mindestens ein Jahr Zeit, um sich zu einem soliden Rotationspieler zu entwickeln.
Warum kam niemand anderes? Normalerweise umwirbt Thad Matta High School Spieler aus den Staaten Ohio (Kostas Koufos, Jon Diebler, Jared Sullinger, Aaron Craft, Daequan Cook, William Buford, BJ Mullens), Indiana (Greg Oden, Mike Conley Jr., Deshaun Thomas) oder Illinois (Evan Turner, Lenzelle Smith Jr.). Diese Region der USA ist die Zone, in der er die meisten Kontakte hat. Er kennt High School Trainer und Scouts und kann durch die geografische Nähe Rekruten leicht an die Ohio State University locken. Allerdings gaben diese Regionen in diesem Jahrgang nicht viel her. Matta musste seine Heimatregion verlassen und sich anderorts umschauen. DaJuan Coleman aus dem Staat New York (Syracuse), Rodney Purvis aus North Carolina (NC State), Amile Jefferson aus Pennsylvania (Duke) und Tony Parker aus Georgia (UCLA) waren alle Top 30 Talente, die er umwarb. Nach Columbus kam allerdings keiner.
Wer blieb?
Wichtigster Rückkehrer ist Aaron Craft. Der Junior Aufbau wird auch dieses Jahr wieder den Kopf des Ohio State Teams bilden. Letztes Jahr war er hinter Spielern wie Kendall Marshall, Marquis Teague, Tyshawn Taylor oder gar Marcus Denmon nur im gehobenen Mittelfeld der Point Guards zu finden. In diesem Jahr sieht dies anders aus. Er gehört sofort zu den besten Leuten auf seiner Position. Statistisch hat Craft in seinen beiden ersten Jahren keine Bäume ausgerissen. 7,9 Punkte und 4,7 Korbvorlagen im Schnitt lesen sich hier nicht sonderlich spektakulär. Allerdings zeichnet sich Craft in erster Linie nicht durch diese Kategorien aus. Er ist zuallererst ohne Frage der beste On-Ball-Defender in der gesamten Collegewelt. Kein anderer Spieler klebt so sehr an seinem Gegenspieler, weiß diesen aus dem eigenen Rhythmus zu bringen und so Ballverluste zu forcieren. Durchschnittlich kam er auf 2,5 Steals in der letzten Spielzeit. Allerdings ist dies nicht alles. Hinzu kommen angenommene Offensivfouls durch den direkten Gegenspieler oder aber beim Stellen eines Picks durch einen gegnerischen Big Man bzw. forcierte Turnover, die Craft nur eingeleitet hat. SI-Journalist Luke Winn ist offensichtlich ein großer Fan des Aufbaus und erstellte deswegen genau dazu eine Statistik, das „Aaron Craft Turnometer“. Damit fand er heraus, dass Craft bei rund 7,5% aller gegnerischen Ballbesitze für einen Ballverlust des anderen Teams sorgt. Ein Spitzenwert! Hinzu kommt, dass Craft ein überdurchschnittlicher Rebounder ist und seit letzter Saison auch immer öfter den Weg zum Korb sucht. Er wird zu DER Führungspersönlichkeit des Teams werden.
Deshaun Thomas ist der zweite wichtige Rückkehrer. Auch der Flügelspieler geht in seine dritte Collegespielzeit und entschied sich, trotz Chancen auf einen Platz am Ende der ersten Draftrunde der NBA, für eine erneute Saison im Trikot der Buckeyes. Thomas ist ein geborener Scorer, der nichts so sehr liebt, wie das orange Leder in den Korb zu befördern. Nach einer soliden Freshmansaison entwickelte er sich als Sophomore gar zur besten Option hinter Jared Sullinger und legte 16 Punkte im Schnitt auf. In den fünf Tournamentpartien waren es gar 19 Punkte im Schnitt für den jungen Forward, der von überall auf dem Feld punkten kann. Mitteldistanz, Dreier, Post-Up, Drive, you name it. 2012/13 wird Thomas die erste Option der Buckeyes darstellen und als Vierer auflaufend einen Mismatchalptraum für viele gegnerische Verteidigungen sein.
Neben diesen beiden Stars werden höchstwahrscheinlich Lenzelle Smith Jr., Amir Williams und LaQuinton Ross starten. Smith war schon in der Spielzeit ein wichtiger Teil der Rotation. Als Starter auf der Zwei tat der Junior immer das, was das Team gerade von ihm brauchte. Dreier aus der Ecke, Steal plus Fastbreakdunk oder aber auch Drive’n’Dish waren ein ums andere mal ausschlaggebende Plays des guten Zuarbeiters. Center Amir Williams und Flügelspieler LaQuinton Ross sind zwei sehr talentierte Sophomores, die im letzten Jahr wegen Mattas starrer Rotation wenig Spielzeit sahen. Beide können sich nun nach einem Jahr Training am College beweisen. In dieselbe Kategorie fällt Combo-Guard Shannon Scott, der wie die beiden anderen auch in Recrutingrankings sehr hoch geführt wurde und nun in seiner zweiten Spielzeit mit mehr Spielzeit und Verantwortung rechnen darf. Die Rotation komplettieren Forward Sam Thompson und Big Man Evan Ravenel, der als solider Arbeiter auf Groß übrigens der einzige Senior im Kader ist.
Stärken / Schwächen
Wie schon in den letzten Jahren wird Coach Matta dafür sorgen, dass die Spieler sein Spielsystem annehmen. Dieses fußt vor allem auf einer sehr engagierten Defensivarbeit. Ohne zu foulen hinten seinen Mann zu stehen, lautet hier die Devise. In den letzten Jahren zählte man hier immer zu den effizientesten Mannschaften und dies, obwohl man den hier etwas fußlahmen Jared Sullinger verstecken musste. In diesem Jahr wird man durch die Sophomores mit mehr Spielzeit sogar noch athletischer. Offensiv verfügen wenige Teams über einen besseren Organisator auf der Point Guard-Position als Aaron Craft. Er allein wird dafür sorgen, dass richtige Entscheidungen getroffen und gute Abschlussoptionen gewählt werden. Mit Deshaun Thomas hat man neben Doug McDermott (Creighton) den vielleicht komplettesten Offensivspieler des Landes in seinen Reihen. An einem guten Tag entscheidet er Spiele allein.
Allerdings stellt sich die Frage, was nach den beiden Collegestars Craft und Thomas kommt. Ihr Supportingcast ist sehr unerfahren und die gesamte Mannschaft in der Spitze minder talentiert als zuletzt. Die komplette Buckeyes-Offensive muss wegen des Abgangs von Jared Sullinger umstrukturiert werden. Es bleibt abzuwarten, wie lang diese Transformation dauert und wie schnell sich verlässliche Punkteoptionen neben Thomas (und mit großen Abstrichen Craft) herauskristallisieren.
Ausblick
Der Erfolg aus dem Vorjahr (lies: Final Four) wird nicht wiederholt werden können. Allerdings hat man trotzdem noch zwei der besten 20 Collegespieler in seinen Reihen. Dies allein sollte dafür sorgen, dass Ohio State in der Big Ten wieder um den Titel mitspielt und national das gesamte Jahr als eines der besten zehn Basketballprogramme geführt wird.